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Pallas kritisiert „tröpfchenweise Informationspolitik“ im Fall Freital

Im Zuge der Ermittlungen gegen die „Gruppe Freital“ kommen immer neue Details ans Licht. Im Interview kritisiert SPD-Innenexperte Albrecht Pallas, davon meist erst durch die Presse zu erfahren.
von Robert Kiesel · 27. Dezember 2016
Proteste in Freital
Proteste in Freital

Herr Pallas, mittlerweile stehen zwei Polizeibeamte aus Sachsen im Verdacht, Dienstgeheimnisse an die „Gruppe Freital“ verraten zu haben. Die Information streute Justizminister Sebastian Gemkow eher beiläufig. Ein symptomatischer Vorgang?

Tatsächlich habe auch ich vom Verdacht des Geheimnisverrats erst durch die Presseberichterstattung Kenntnis bekommen. Das Vorgehen des Justizministers passt zur tröpfchenweisen Informationspolitik in Sachen Freital. Es gehört zur Unklarheit der Lage, dass ich nicht einschätzen kann, was davon gezielte Tröpfchen sind und was an unterschiedlichen Faktoren innerhalb der Behörden liegt. Das ist im Einzelnen tatsächlich undurchsichtig.

Bekannt wurde ebenfalls, dass ein Polizeibeamter, der seit einem Jahr im Verdacht des Geheimnisverrats steht, erst kürzlich vom Dienst suspendiert wurde. Verstehen Sie das?

Die Frage ist nicht beantwortet und einer der Punkte, die wir in den kommenden Ausschüssen besprechen müssen. Dass es ein Jahr dauert von der ersten Vernehmung bis zur Suspendierung des Beamten, ist im Moment nicht plausibel zu erklären.

Spekuliert wird darüber, ob der sächsische Verfassungsschutz Pläne der „Gruppe Freital“ kannte und zumindest den letzten ihrer Anschläge hätte verhindern können. Was wissen Sie darüber?

Meiner Kenntnis nach gibt es im Augenblick keine wirklichen Anhaltspunkte dafür, dass die Sicherheitsbehörden davon wussten oder es hätten wissen müssen. Allerdings steht die berechtigte Frage im Raum, ob sie alle ihnen zur Verfügung stehenden Quellen tatsächlich bestmöglich ausgeschöpft haben. Das kann ich im Moment nicht beurteilen, weil wir abhängig sind von den Informationen, die wir von der Staatsregierung bekommen.

Die Opposition kritisiert die Informationspolitik der zuständigen Ministerien zur „Gruppe Freital“ als „Salamitaktik“. Ein treffender Begriff?

Ich habe mit dem Begriff „Salamitaktik“ kein Problem. Ich sehe das Problem aber eher in der Reaktion auf Fehlern, die in den Behörden passieren. Es wird zu oft abgewartet und nicht offensiv mit eigenen Fehlern umgegangen. Diese Zurückhaltung verstärkt das überregional entstandene Bild von Sachsen und den sogenannten ‚sächsischen Verhältnissen’.

Wie optimistisch sind Sie, dass der Generalbundesanwalt den Komplex „Gruppe Freital“ aufklären wird?

Sehr optimistisch. Ich gehe davon aus, dass wir in der schon bald startenden Hauptverhandlung Teilaspekte des Komplexes tiefer beleuchten werden können. Parlamentarisch wichtiger ist aus meiner Sicht aber das Hinterfragen und Nachvollziehen der Ermittlungs- und Verfahrenswege in Sachsen. Diesen Fragen werden wir uns in den kommenden Ausschusssitzungen Mitte Januar widmen. 

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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