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Morddrohungen gegen SPD-Vertreter häufen sich

Beleidigungen, Bedrohungen, Angriffe: Wo Argumente fehlen, lassen oft anonym auftretende Täter Gewalt sprechen. Attacken gegen Vertreter der SPD nehmen zu. Auch vor Morddrohungen schrecken die Täter nicht zurück.
von Robert Kiesel · 16. März 2016
SPD im Fadenkreuz
SPD im Fadenkreuz

„Finden unsere Forderungen trotzdem kein Gehör so werden wir mit Erschießungen von Kommunalpolitikern weiter machen.“ Klarer hätten die sich selbst als „Christen“ bezeichnenden Absender eines an mehrere Lokalpolitiker in Hessen verschickten Briefes nicht werden können. „Hört auf damit euch so stark für Muslime in Neu-Isenburg zu engagieren“, forderten sie und machten klar: „Achtung dies ist eine Warnung“ (alle Fehler im Original).

Morddrohungen gegen SPD-Politiker

Mit Dieter Zimmer, Bürgermeister der zehn Kilometer südlich von Frankfurt am Main gelegenen Stadt Dreieich, galt die Morddrohung einmal mehr einem Vertreter der SPD. Gegenüber vorwärts.de bestätigte Zimmer den Eingang des Schreibens, wollte sich inhaltlich jedoch nicht dazu äußern. Anderen Medien hatte er erklärt, an seiner Politik nichts ändern zu wollen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Morddrohungen an Vertreter der SPD gerichtet werden. Bereits im Juli des vergangenen Jahres berichtete vorwärts.de über die Dortmunder Genossin Dorothea Moesch, die von anonymen Anufern mit dem Tode bedroht wurde. Zuletzt traf es mit Philipp da Cunha einen SPD-Nachwuchspolitiker aus Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern), dem bislang unbekannte Täter den Briefkasten gesprengt und den Schriftzug „Volksverräter“ an die Fassade seines Hauses gesprüht hatten.

Fingierte Todesanzeige per Mail

Mit Morddrohungen hat auch Rüdiger Löster Erfahrungen machen müssen. Löster, der Geschäftsführer der Nürnberger SPD ist und zusätzlich das Online-Portal Endstation Rechts Bayern betreut, hatte Anfang November 2015 eine fingierte Todesanzeige in seinem Mail-Postfach zu liegen. „Feinde der Bewegung werden nicht bestattet, sie werden eingeäschert! Nationalsozialismus jetzt!!!“, war in der an den „Zecken Journalist“ gerichteten Morddrohung zu lesen. Eine ähnliche Aktion gegen Journalisten in Dortmund hatte bereits im Februar 2015 für Schlagzeilen gesorgt.

Wer hinter der Drohung steckt, darüber will Löster besser nicht spekulieren. Sicher ist aber, dass er und die SPD Rechtsextremen in der Region ein Dorn im Auge sind. Darauf deutet neben der Morddrohung die Anmeldung einer Demonstration hin, mit der sich aktuell die Genossen der SPD in Nürnberg konfrontiert sehen. Am Samstag wollen direkt vor ihrer Zentrale, dem Karl-Bröger-Haus im Zentrum Nürnbergs, Anhänger der Neonazi-Partei „Die Rechte“ für ein Verbot der „volksfeindlichen SPD“, den Grünen und „linken Gewerkschaften“ demonstrieren. „Nürnberg hat weder Platz für antideutsche Organisationen, noch für Parteien, welche den Geschlechtsverkehr mit Kindern legalisieren wollen!“, heißt in dem Aufruf zu der Veranstaltung. Mit Karl Richter und Sigrid Schüßler sind zudem zwei prominente Vertreter der rechtsextremen Szene als Redner angekündigt.

Provokation bleibt nicht unbeantwortet

„Ziel dieser Demonstration ist die blanke Provokation“, erklärt Löster. Der Fall passe zur Strategie der Rechtsextremen, Veranstaltungen gezielt an Orten mit historischem Bezug zum Nationalsozialismus abzuhalten, um in der Öffentlichkeit und beim politischen Gegner maximale Aufmerksamkeit hervorzurufen. Zur Erinnerung: Am 9. März 1933 wurde das Karl-Bröger-Haus von Truppen der SA unter Führung des „Frankenführers“ Julius Streicher gestürmt und besetzt. Ort und zeitliche Nähe können Zufall sein, klar. Vieles spricht aber dafür, dass sie bewusst ausgewählt wurden.

Immerhin, wohl auch wegen der symbolischen Bedeutung wird sich den Rechtsextremen am Samstag eine übergroßen Mehrheit von Gegendemonstranten in den Weg stellen. „Wir rechnen mit 500 Teilnehmern und werden versuchen, einen Schutzwall um unser Haus zu errichten“, erklärt Löster. Seit Tagen laufe gemeinsam mit anderen Bündnissen die im Wortsinn „überparteiliche“ Mobilisierung für die Gegenproteste. Gegen die Provokation der Rechtsextremen ziehen die Demokraten verschiedener Lager und Parteien an einem Strang.

Bunt schlägt braun

Den Rechtsextremen wiederum scheint die fehlende Anschlussfähigkeit ihrer Forderung selbst bewusst zu sein. Laut Löster haben sie die Versammlung für zehn Teilnehmer angemeldet. In der bunten Masse Gegendemonstranten dürften die braunen Kameraden demnach im wahrsten Sinne des Wortes untergehen.

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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