„Hand aufs Herz“: Wie sich ein Bündnis in Hessen gegen die AfD wehrt
Am Samstag, 9. September startet die AfD mit einer zentralen Auftaktveranstaltung in den hessischen Landtagswahlkampf. Erwartet werden in der Kreisstadt Gelnhausen auch die beiden Bundesvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. Doch für die beiden dürfte es kein ruhiger Nachmittag werden. Denn angekündigt hat sich auch ein lokales Protestbündnis. Der Verein „Hand aufs Herz“ hat gemeinsam mit dem DGB Hessen-Thüringen und der IG Metall Hanau-Fulda ein „Fest für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt“ organisiert, das um 14.30 Uhr vor der Sport- und Kulturhalle im Gelnhäuser Stadtteil Meerholz beginnen soll.
„Ein kleiner Hessentag“
Geplant sind Live-Musik, Kleinkunst und Redebeiträge der beteiligten Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Kirchen und Politikvor der Halle, in der die AfD ab 15 Uhr ihre Veranstaltung abhalten will. „Das wird ein kleiner Hessentag“, sagt Alex Schopbach, Vorsitzender von „Hand aufs Herz“ und spielt damit auf die zehntägige Veranstaltung an, die in jedem Jahr in einer anderen hessischen Stadt ausgetragen wird. Ins Leben gerufen wurde der Hessentag einst vom damaligen SPD-Ministerpräsidenten Georg-August Zinn, um die Integration von mehr als einer Million Vertriebener nach dem Zweiten Weltkrieg zu erleichtern.
Zinn prägte damals auch den Satz: „Hesse ist, wer Hesse sein will.“ Ein Satz, der offensichtlich nicht zur in weiten Teilen rechtsextremen AfD passt, die in Hessen laut Umfragen aktuell bei 16 Prozent steht. Seine persönliche Motivation, sich gegen rechtsextreme Gruppen und speziell die AfD zu engagieren, erklärt Schopbach, der selbst auch SPD-Mitglied ist, so: „Meine Großeltern waren sozialdemokratisch aktiv und haben mir erzählt, wie es damals zu Beginn des Dritten Reiches losging. Das hat mich sehr geprägt und für dieses Thema sensibilisiert.“
Parallelen zu den 20er-Jahren
Seit der Gründung der AfD vor zehn Jahren habe er Stück für Stück festgestellt, dass sich das wiederhole, was ihm seine Großeltern schilderten. „Wir haben es bei der AfD mit einem Phänomen zu tun, hinter dem die sogenannte Neue Rechte steht, die einen Masterplan umsetzt, den Goebbels und seine Leute in den 20er-Jahren vorexerziert haben“, warnt Schopbach. Es sei der AfD gelungen, rechtskonservative und rechtsextreme Kräfte geschlossen hinter sich zu vereinen. Dadurch sei sie nun im Bundestag und in fast allen Landtagen vertreten.
„Auch wenn sich die AfD in weiten Teilen gerade hier im ländlichen Raum sehr bieder geriert, ist es eine rechtsextreme, antidemokratische und auch in weiten Teilen faschistische Partei“, meint Schopbach. Während der Corona-Pandemie hat er vor zwei Jahren gemeinsam mit einer Freundin den Verein „Hand aufs Herz“ ins Leben gerufen. Auch als Reaktion darauf, dass Querdenker*innen regelmäßig Kundgebungen veranstalteten und viele Häuser in Gelnhausen mit Hakenkreuzen beschmiert wurden.
AfD im ländlichen Bereich aktiv
Inzwischen hat der parteiübergreifende Verein mehr als 80 Mitglieder, von Linke- bis zu CDU-Mitgliedern, wie Schopbach erklärt. Im Vorfeld der Landtagswahl hat „Hand aufs Herz“ in den vergangenen Wochen schon mehrfach für Gegenkundgebungen zu AfD-Veranstaltungen im östlichen Main-Kinzig-Kreis mobilisiert. So kamen beispielsweise in Biebergemünd 350 Teilnehmer*innen zu einer Gegenkundgebung.
Warum die AfD gerade dort aktiv ist, erklärt Schopbach so: „Wir haben bei uns im Main-Kinzig-Kreis Kommunen, in denen die AfD in einzelnen Ortsteilen Wahlergebnisse bis zu 30 Prozent eingefahren hat. Zugleich wurden in diesen Kommunen in den letzten Monaten Schulturnhallen belegt, um die Geflüchteten speziell auch aus der Ukraine erst mal unterzubekommen. Dadurch wurde das politische und soziale Klima rauer. Das hat es der AfD einfacher gemacht, einen Fuß in die Tür zu bekommen.“
Für die Veranstaltung am Samstag in Gelnhausen rechnet Schopbach mit ungefähr 800 Teilnehmer*innen. Mehr als 30 Stände seien angemeldet worden. „Alle mobilisieren“, zeigt sich Schopbach bezüglich der Teilnehmer*innenzahl deshalb optimistisch.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo