Gewitzte Jusos machen AfD und Co im Netz lächerlich
Kommen Ihnen Begriffe wie „Antifa-Geldausgabe“, „Antifaministerium“ oder „Gewerkschaft antifaschistischer Berufsdemonstranten“ komisch vor, irgendwie? Dann liegen Sie genau richtig. Allesamt sind frei erfunden, Ergebnis einer gewitzten Aktion der Jusos Sachsen-Anhalt. Sie reagierten damit auf die seit Ende 2014 durch das Internet geisternden Gerüchte über „bezahlte Demonstranten“ des „Antifa e.V.“ und trafen damit beim politischen Gegner offenbar einen Nerv.
Die Antifa, fürs Demonstrieren bezahlt
„Entstanden ist die Idee im Februar 2015. Damals haben wir an mehreren unserer Infostände in Halle Plakate mit der Aufschrift „Antifa-Geldausgabe“ platziert“, erinnert sich Kai Dethloff, Vorsitzender der Jusos Magdeburg. Anlass für die Präsenz der Jusos in Halle war eine Demonstration der „Patriotischen Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes“. Da die offensichtlich an die aus Dresden stammende „Pegida“ angelehnte Gruppe vor allem Anhänger aus der rechten und der Querfront-Szene anzieht, sorgten die Plakate für einigen Wirbel. „Das ist der Beweis, die Antifa bekommt Geld fürs Demonstrieren“ hätten viele gesagt, erinnert sich Dethloff an die Reaktion auf die Schilder. Der politische Gegner meinte allen Ernstes, in den von Hand gemalten Schildern eine Bestätigung seiner kruden Thesen gefunden zu haben.
Tatsächlich kursieren Gerüchte, wonach „linke Demonstranten“ für ihre Teilnahme an Versammlungen bezahlt würden, seit langem durch das Netz, allen voran durch die sozialen Netzwerke. „Von 48 Bussen ist da die Rede, die ständig und bundesweit in Bewegung seien, um die Berufsdemonstranten des Antifa e.V. durch die Gegend zu karren“, erklärt Kai Dethloff. Diese Gerüchte nahmen er und seine Mitstreiter in Halle gehörig auf die Schippe.
Der „alliierte Kontrollrat“ empfiehlt: Demo-Sold erhöhen
Und sie gingen noch weiter. Nachdem die Schilder in Halle bereits für ordentlich Wirbel gesorgt hatten, platzierten die Jusos den Antrag „Demo-Sold erhöhen – Demokratie stärken“ im Antragsbuch des Juso-Bundeskongresses. Dieser fand im November 2015 in Bremen statt. Auf Seite 91 heißt es: „Um der zunehmenden Belastung entgegen zu wirken und um dem Gesetz des freien Marktes nach Angebot und Nachfrage angemessen Folge zu leisten, fordern wir eine Erhöhung des „Demo-Sold“ auf 45 Euro pro Stunde um auch weiterhin eine permanente Bereitstellung von 48 Bussen mit willigen Berufsdemonstranten zu garantieren.“ In der Begründung des Antrags zitierten die Jusos dann auch noch den „alliierten Kontrollrat“, der „die besagte Lohnerhöhung für akkreditierte DemonstrantInnen“ empfohlen hatte.
Eine leicht zu enttarnende Parodie? Nicht für die AfD. Tatsächlich nahm der Kreisverband Frankfurt/Main den vermeintlichen Antrag zum Anlass, auf Facebook einen Post unter dem Titel „Bezahlte linke Randale“ zu veröffentlichen. Als Beweis diente ein Zitat aus dem Antrag der Jusos für den Bundeskongress. Auch der Kreisverband Prignitz (Brandenburg) griff den Antrag auf, postete auf Facebook einen Auszug daraus und forderte seine Anhänger dazu auf: „Kann das mal jemand abklären. Es steht wirklich im Antragsbuch der Jusos vom Bundeskongress 27.11. – 29.11. 2015 in Bremen“.
AfD fällt auf Fake-Antrag herein
Die Jusos Sachsen-Anhalt wiederum konnten ihr Glück kaum fassen, sicherten die wenig später spurlos von den AfD-Seiten veschwundenen Beiträge und erreichten damit nach eigenen Angaben rund 10.000 Personen. „Wir betrachten die ganze Aktion als gelungenes soziologisches Experiment“, erklärt dazu Kai Dethloff. Der Versuch, möglichst viele der gängigen Klischees und Gerüchte gegenüber Gegendemonstranten bei Aufmärschen von Pegida und Co aufs Korn zu nehmen, sei offenbar gelungen.
Einen Wermutstropfen habe die ganze Sache aber dennoch, so Kai Dethloff. Dass der Antrag auf dem Bundeskongress gar nicht erst besprochen wurde, das wurmt ihn und seine Mitstreiter immer noch. Fehlte es in Bremen etwa am nötigen Humor?