Frankfurter Buchmesse: Wie rechte Verlage ihre Bücher präsentieren
Michael Gottschalk/photothek.net
Dass der neurechte Verlag „Antaois“ dieses Jahr einen Stand auf der Frankfurter Buchmesse betreibt, sorgt für Proteste. Sogar die Buchmesse-Leitung hat schon dagegen demonstriert. Dabei ist der Verlag nicht der einzige aus der rechten Szene, der in Frankfurt sein Sortiment bewirbt. Wer die einschlägigen Angebote unter den mehr als 7000 Ausstellern finden will, für den gibt es ein Flugblatt vom „Antaois“-Verlag: einen „Wegweiser durch unsere Szene“. Zeit für einen Rundgang am rechten Rand der Bücherwelt.
Die „linken Weiber“ auf der Buchmesse
Ausgangspunkt ist der Stand von „Antaois“. Ordentlich und aufgeräumt präsentiert sich der kleine Verlag aus Sachsen-Anhalt. An einem Tisch sitzt der Chef, seine Frau plaudert im Stehen mit einem Besucher über die AfD. Daneben schieben sich zwei junge Männer am Büchertisch vorbei. Sie gehören offenbar zum Team. Strenger Seitenscheitel, Polohemd, Sportschuhe, Tattoos. Die Stimmung ist entspannt. Vielleicht liegt es am Rotwein und dem klaren Schnaps, den die jungen Leute schon am frühen Nachmittag trinken.
Plötzlich stößt eine ältere Mitarbeiterin mit Brille und Strickjacke einen Seufzer aus. „Schon wieder“ habe sie gerade einen „Fuck AfD“-Aufkleber von der Außenwand des Stands abkratzen müssen, stöhnt sie. Die beiden jungen Männer feixen: Da habe sich wohl jemand mutig „in Todesgefahr“ an ihren Stand gewagt, scherzt einer. Der andere jammert über die „linken Weiber“ auf der Buchmesse: „Richtig biestig sind die“, schimpft er und verzieht das Gesicht.
„Vom ersten Weltkrieg bis heute“
Solche Aussagen passen zum antifeministischen Verlagsprogramm. Da gibt es etwa den Titel „Der Weg der Männer“, ein verschwurbeltes Büchlein „gegen Gender-Trend und gegen jede Verweichlichung“. Ein anderes Buch wartet mit vermeintlichen Weisheiten wie dieser auf: Jede Frau, die lieber mit dem „Milchmann“ durchbrenne anstatt sich um ihre Kinder zu kümmern, sei als Mutter einfach nicht geeignet. Es ist aber auch zum Jammern mit den Frauen heutzutage, scheinen die neuen Rechten oft zu denken.
Nächste Station: der „Ares“ Verlag aus Graz. Auf den ersten Blick mutet das Angebot harmlos an. Das Mutterunternehmen, der Leopold Stocker Verlag, bietet Titel wie „Basteln und Werken mit Oma und Opa“ an. Wenn sich die Großeltern nach dem Spielen mit den Enkeln aber nach ein bisschen Kriegsromantik sehnen, dann sind sie beim Ares-Verlag genau richtig – mit Titeln wie „Panzer: Vom Ersten Weltkrieg bis heute“ oder „Höhe- und Wendepunkte deutscher Militärgeschichte“. Auch im Programm: „Jüdischer Bolschewismus: Mythos und Realität.“
Verfassungsgegner wollen mit am Tisch sitzen
Neu im Ares-Sortiment ist das Buch „Wir Weicheier“. Untertitel: „Warum wir uns nicht mehr wehren können und was dagegen zu tun ist.“ Das Layout scheint mit Microsoft Word entworfen zu sein – mit der Version, die einst gratis bei „Windows 98“ mitgeliefert wurde. Beworben wird das Buch mit Sätzen wie diesem: „Gerade der weibliche Teil der Gesellschaft – und zwar auch Frauen, die Armeedienst leisten – trägt das seinige zur Schwächung der Streitkräfte bei.“ Da ist sie wieder: die Angst der rechten Männer vor den Frauen.
Vorbei am Stand der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF) geht es weiter zum österreichischen „Karolinger Verlag“, der wie die „JF“ ausgerechnet zwischen den linken Verlagen auf der Buchmesse platziert ist. Ein trauriges Bild gibt der Stand ab. Kein einziger Besucher steht vor den Regalen. Ein Mitarbeiter sitzt gekrümmt auf einer Bank und starrt ins Leere. Er biete seine Bücher heute zu „sehr günstigen Konditionen“ an, sagt er. Bücher wie den weinroten Aphorismenband mit dem Kupferstich auf dem Cover, in dem Sätze wie diese stehen: „Es gibt keinen Pluralismus, wo der Verfassungsgegner nicht mit am Tisch sitzt“ oder „Abtreibungskliniken sind die Kathedralen des Feminismus“.
Rechtem Verlag werden die Bücher geklaut
Noch trostloser geht es beim rechten „Manuscriptum“-Verlag zu, der auch ein Buch von AfD-Mann Alexander Gauland anbietet. Nur eine Hand voll Bücher sind am Stand ausgestellt, daneben eine aufgerissene Packung Kaffee, ansonsten sind die Regale leer. Ein Mitarbeiter im Freischärler-Look – dünner Oberlippenbart, braune Baskenmütze – kniet vor einer Kiste. Um ihn herum Männer in dunklen Sakkos. Nervös schauen sie um sich, mustern die vorbeilaufenden Messebesucher. Auf die Frage, ob sie ihr Sortiment gerade einpacken, antwortet der Mützenträger: „Nein, unser Stand wurde verwüstet.“ Unbekannte haben offenbar in der Nacht die Bücher geklaut – und dem rechten Verlag damit immerhin mal einen echten Grund zum Jammern gegeben.
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.