Eschede: Wie ein Bündnis gegen einen Nazi-Bauernhof kämpft
Der Versuch, die NPD zu verbieten, scheiterte im Jahr 2017. Die Partei habe laut dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nicht das Potenzial, die Demokratie in Deutschland zu beseitigen. Die Rechtsextremist*innen sind dadurch aber nicht weniger gefährlich, wie sich beispielsweise im niedersächsischen Eschede zeigt. Dort betreibt die NPD auf einem ehemaligen Bauernhof seit Anfang 2019 ein Schulungszentrum.
Spagat zwischen Kirche und CDU
Marlon Gollnisch hat daher im selben Jahr das Bündnis gegen Rechtsextremismus in Eschede gegründet. Inzwischen hat es circa 60 Mitglieder, von denen knapp die Hälfte regelmäßig aktiv ist. Im konservativ geprägten Landkreis Celle ist das nicht immer einfach. Zum einen besteht im Bündnis selbst die Schwierigkeit, den Spagat von eher links eingestellten Organisationen, der evangelischen Kirche und politischen Gruppierungen wie der CDU oder den noch konservativeren Bürgern für Eschede hinzubekommen. Zum anderen gibt es Vorurteile innerhalb der Bevölkerung.
Gollnisch ist zurzeit als Bürgermeisterkandidat der SPD für die Wahl am 12. September an den Haustüren innerhalb der Gemeinde unterwegs. „Auf dich habe ich schon gewartet. Du bist doch derjenige, der uns die Antifa immer in den Ort holt“, sagte ein Bürger zu ihm. Der NPD-Landesvorsitzende, der ebenfalls als Bürgermeister kandidiert, versuche sich dagegen als „netter Nachbar von nebenan“ zu inszenieren.
„Antifaschismus gehört zur DNA der SPD“
Die Wahrnehmung des Bündnisses innerhalb der Bevölkerung habe sich allerdings inzwischen gewandelt, sagt Gollnisch. Dazu beigetragen haben mehrere Veranstaltungen mit renommierten Künstlern. Auch prominente SPD-Politiker wie die Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann unterstützten die Aktivitäten. Mit Innenminister Boris Pistorius (SPD) ist Gollnisch als Vorsitzender des Bündnisses in regelmäßigem Austausch. Dass bei ihm antifaschistisches und sozialdemokratisches Engagement miteinander einhergehe, sei kein Zufall, sagt der ursprünglich aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Verwaltungsangestellte: „Das gehört zur DNA der SPD.“
An Innenminister Pistorius übergab die Initiative im Juli auch eine Petition mit fast 41.000 Unterschriften, in der die Schließung des Hofes gefordert wird. Mehr ein symbolischer Akt, aber dennoch ein deutliches Zeichen der Bürger*innen in Eschede und Umgebung gegen das Schulungszentrum der NPD. „Die NPD hat mehrere Grundstücke im Kreis Lüchow-Dannenberg geerbt und konnte diese erfolgreich verkaufen. Dadurch ist sie finanziell sehr gut aufgestellt und das Zentrum wird massiv ausgebaut“, berichtet Gollnisch. Rechtlich sei es schwer, gegen diee rechtsextreme Partei und ihr Wirken anzukommen, wie auch der niedersächsische Verfassungsschutzpräsident Bernhard Witthaut, mit dem Gollnisch in regelmäßigem Austausch ist, kürzlich in einem Interview bestätigte.
Nächster Protest am 25. September
Gollnisch zog 2015 mit seiner Familie nach Eschede, auf der Suche nach einem Häuschen auf dem Land mit Garten und guter Anbindung. „Ein Arbeitskollege meiner Frau sagte damals: Was, ins braune Eschede wollt ihr ziehen? Das war uns bis dahin gar nicht bewusst“, sagt Gollnisch. Der ehemalige Bauernhof liegt vom Ort abgelegen hinter einem Waldstück und ist nur über einen Schotterweg erreichbar. Deswegen sei es oftmals gar nicht direkt ersichtlich, wenn dort Veranstaltungen über die Bühne gingen. Zuletzt fand Mitte August der NPD-Landesparteitag mit nach Polizeiangaben 30 Teilnehmern unbemerkt statt.
Am 25. September planten die Rechtsextremist*innen auf dem Hof eine Veranstaltung, um das heidnische Fest der Tag-und-Nacht-Gleiche zu zelebrieren. Auch dagegen organisiert das Bündnis gegen Rechtsextremismus Protest. Denn einen Tag später ist Bundestagswahl, bei der neben der NPD auch die ebenfalls rechtsextreme Partei „III. Weg“ antritt, die gleichermaßen auf dem Hof zugange sein soll.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo