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Die AfD und der Fall Gedeon: Das Problem heißt Antisemitismus

Zerbricht die AfD am Fall Wolfgang Gedeon? Aktuell scheint es für die Medien keine wichtigere Frage zu geben. Dabei müsste der Fokus den eigentlichen Ursachen der aktuellen Krise der AfD gelten. Ein Kommentar:
von Robert Kiesel · 6. Juli 2016
Wie umgehen mit der AfD?
Wie umgehen mit der AfD?

Kommt Ihnen das Zitat „Wie der Islam der äußere Feind, so waren die talmudischen Ghetto-Juden der innere Feind des christlichen Abendlands“ bekannt vor? Kennen Sie die Bezeichnung der „Holocaust-Ideologie als Zivilreligion des Westens“? Wissen Sie, wer den mehrfach wegen Holocaust-Leugnung verurteilten Horst Mahler einen „Dissidenten“ nennt, dessen Verhaftung Ausdruck der „Repression gegenüber politisch Andersdenkenden“ ist?

AfD: Größte Krise seit Trennung von Lucke

Sollten Sie alle drei Fragen mit Nein beantworten müssen, so ist das ein treffender Beleg dafür, wie oberflächlich die Diskussion über Antisemitismus in den Reihen der AfD aktuell verläuft. Alle drei Zitate stammen von Wolfgang Gedeon. Jenem Mann, der seit Bekanntgabe der am Dienstag vollzogenen Spaltung der AfD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg die Schlagzeilen beherrscht und seine Partei in ihre größte Krise seit der Trennung von AfD-Gründer Bernd Lucke stürzt.

Genau darin jedoch liegt das Problem: Weil der Fall Gedeon den Bundesvorstand der AfD in zwei Lager spaltet, spricht kaum noch jemand über den eigentlichen Kern der Auseinandersetzung. Der liegt nämlich in den zitierten Passagen aus Gedeons bereits im Jahr 2012 veröffentlichtem Buch „Der grüne Kommunismus und die Diktatur der Minderheiten“. Oder konkreter: Es geht um den Antisemitismus innerhalb der AfD, der in der aktuellen Berichterstattung über die innerparteilichen Lagerkämpfe beinahe vollkommen in den Hintergrund gerät.

Viele Beispiele für Antisemitismus in der AfD

Das ist vor allem deshalb ärgerlich, weil sich durch Anhänger und Mitglieder der AfD verbreitete judenfeindliche Äußerungen oder Symboliken regelmäßig wiederholen. Beispiele lassen sich viele finden, auf nahezu allen Ebenen der Partei, in der älteren genau wie der jüngeren Vergangenheit.

Diese zu recherchieren und zu benennen ist Aufgabe all jener, die sich einer ernsthaften und vor allem inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD verschrieben haben. Geschieht das, ist die Eskalation AfD-interner Konflikte, wie aktuell zu beobachten, nur eine Frage der Zeit. Es sind die Ursachen, die zählen. Das Problem heißt Antisemitismus!

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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