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Demokratiefördergesetz: Scharfe Kritik der SPD an Blockade der Union

Am Mittwoch wollte die Bundesregierung die Eckpunkte für ein Gesetz zur Stärkung der Demokratie beschließen. Doch die Bundestagsfraktion von CDU und CSU hat das gestoppt. „Wir können nicht Hanau, Halle und Chemnitz beklagen und beim Demokratiefördergesetz kneifen“, kritisiert die SPD.
von Kai Doering · 31. März 2021
Aus Hanau nichts gelernt? Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU blockiert das Demokratiefördergesetz. Die SPD kritisiert das scharf.
Aus Hanau nichts gelernt? Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU blockiert das Demokratiefördergesetz. Die SPD kritisiert das scharf.

Eigentlich war längst alles klar. Ende November vergangenen Jahres hatte sich der Kabinettsausschuss der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus auf einen 89 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog verständigt. Mit diesem sollen Rassismus und Rechtsextremismus bekämpft und die Demokratie gefördert werden sollen. Teil davon war auch ein „Gesetz zur Stärkung und Förderung der wehrhaften Demokratie“.

Rückkehr der Extremismusklausel

Dessen Eckpunkte wollte die Bundesregierung am Mittwoch eigentlich beraten, doch die Bundestagsfraktion von CDU und CSU stellte sich quer. Sie fordert, dass das Gesetz eine Klausel enthält, mit der Initiativen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren und vom Bund gefördert werden wollen, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Die im Eckpunktepapier vorgesehene Formulierung reicht den Abgeordneten nicht aus.

Das lässt Erinnerungen an 2011 wach werden: Vor zehn Jahren hatte die damalige CDU-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder die sogenannte Extremismusklausel eingeführt. Diese hatte alle Initiativen gegen Rechtextremismus unter eine Art Generalverdacht gestellt, linksextrem zu sein. Schröders Nachfolgerin Manuela Schwesig (SPD) und der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatten die Extremismusklausel deshalb 2014 wieder abgeschafft.

Die Leidtragenden sind die Engagierten

Als „enttäuschend“ bezeichnete die aktuelle SPD-Bundesfamilienministerin Franziska Giffey die Blockade der Unionsfraktion. „Wir können nicht einerseits Hanau, Halle und Chemnitz beklagen und andererseits beim notwendigen und längst überfälligen Demokratiefördergesetz kneifen“, sagte sie. „Die Leidtragenden sind die vielen Engagierten in ganz Deutschland, die sich Tag für Tag für unsere Demokratie und gegen jede Form von Extremismus einsetzen“, sagte sie. Das geplante Gesetz soll gerade deren Arbeit auf ein dauerhaftes finanzielles Fundament stellen. „Eine Förderung von Modellprojekt zu Modellprojekt, so wie es im Moment mit unserem Bundesprogramm ‚Demokratie leben‘ erfolgt, kann nicht die einzige Antworte auf eine dauerhafte Aufgabe sein“, so Giffey.

Deutliche Kritik kam auch von Giffeys Kabinettskollegen Olaf Scholz und Heiko Maas. „Das Demokratiefördergesetz zu blockieren, schadet all jenen, die sich Tag für Tag häufig ehrenamtlich für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus engagieren. Die Blockade schadet uns als Gesellschaft“, schrieb Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Scholz auf Twitter. Und Heiko Maas twitterte:

Großes Unverständnis für die Entscheidung der Abgeordneten von CDU und CSU äußerte auch der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese. „Es ist ärgerlich und für uns Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion zunehmend unbegreiflich, dass die Union so wichtige gesetzliche Vorhaben wie das Wehrhafte-Demokratie-Gesetz und das Streichen des Begriffs „Rasse“ aus dem Grundgesetz blockiert“, sagte Wiese dem „vorwärts“. Beide Gesetzesvorhaben seien „wichtige Pfeiler im Kampf gegen rechtsextreme Umtriebe und für die Stärkung der demokratischen Kräfte“.

Bald ist es zu spät

Mit ihrer Blockadehaltung stelle sich die Unionsfraktion nicht nur gegen ihre eigene Regierung. „Sie lässt es auch zunehmend an Glaubwürdigkeit fehlen, wenn es darum geht, Rechtsextremismus und Rassismus mit starken Mitteln den Boden zu entziehen.“ Noch könne die CDU/CSU-Fraktion aber die Notbremse ziehen. Wenn es die Union mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus ernst meine, „muss sie die beiden Gesetze spätestens nach Ostern mit uns im Kabinett beschließen“, so Wiese. „Danach ist es zu spät.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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