Meinung

Zeitenwende: Warum die SPD mehr auf Nachhaltigkeit setzen sollte

Die SPD richtet ihre Außen- und Sicherheitspolitik neu aus. Ein Leitfaden könnten dabei die 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen sein. Die bisherigen Vorschläge der Partei reichen dafür aber nicht aus.
von Timo Vogler · 25. Mai 2023
Bei der Neuausrichtung ihrer Außen- und Sicherheitspolitik sollte sich die SPD an den Nachhaltigkeitszielen der UNO (hier bildlich dargestellt) orientieren, meint Timo Vogler.
Bei der Neuausrichtung ihrer Außen- und Sicherheitspolitik sollte sich die SPD an den Nachhaltigkeitszielen der UNO (hier bildlich dargestellt) orientieren, meint Timo Vogler.

Das Papier der Kommission Internationale Politik (KIP) der SPD verspricht „sozialdemokratische Antworten auf eine Welt im Umbruch“. Aus nachhaltigkeitspolitischer Perspektive ist das eine willkommene Ankündigung zur richtigen Zeit. Das Papier trifft in diesem Jahr in die Halbzeit der 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedeten Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Diese globale Nachhaltigkeitsagenda weist mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) den Weg der notwendigen sozial-ökologische Transformation unserer Welt.

Weit entfernt davon, die SDGs zu erfüllen

Zur Halbzeit der Agenda 2030 fehlt es auf diesem Weg jedoch an Fortschritten. Selbst ohne die wirtschaftlichen Folgen der Covid-Pandemie und den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wären wir noch immer weit davon entfernt, die für 2030 gesetzten Ziele zu erreichen. Die Agenda 2030 formuliert deutlich die Alternativen, vor der die Welt steht:

„Wir können die erste Generation sein, der es gelingt, Armut zu beseitigen, und gleichzeitig vielleicht die letzte Generation, die noch die Chance hat, unseren Planeten zu retten.“

Die Dramatik hinter diesem Satz ist seit 2015 nicht geringer geworden. Armuts-, Hunger-, Biodiversitäts- und Klimakrise stellen die Art unseres Lebens und Wirtschaftens, einschließlich einer massiv ungleichen Wohlstandsverteilung, fundamental in Frage. Mehr Umbruch geht nicht. Aber hält das KIP-Papier vor diesem Hintergrund das Versprechen, sozialdemokratische Antworten zu formulieren?

Es fehlt der rote Faden

Nachhaltigkeitspolitisch ist das Bild gemischt. Klimakrise, Ungleichheit und „globale Großkrisen“ werden als Ausgangsbedingungen erkannt. Die Bekämpfung sozialer, ökonomischer und ökologischer Konfliktursachen benennt das Papier als Ziel sozialdemokratischer Außenpolitik – letztlich ein sicherheitspolitisches Framing für den systemischen Zusammenhang der Nachhaltigkeitsziele. Die Agenda 2030 soll zentrale Orientierung für eine „nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung“, die 17 SDGs Gradmesser für bi- und multilaterale Zusammenarbeit sein.

Nachhaltigkeitspolitisch am Thema vorbei geht dagegen das Europa-Kapitel, wo die „sozial-ökologische Transformation“ rein industriepolitisch als Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit gedacht wird. Nachhaltigkeitspolitisch hätte es zumindest der Erkenntnis bedurft, dass Europa ein eigenes Interesse am weltweiten Gelingen der Nachhaltigkeitstransformation hat. Wettbewerb ist kein Selbstzweck.

Im Ergebnis fehlt dem KIP-Papier der nachhaltigkeitspolitische rote Faden. Es benennt globale Krisen und beschreibt Partnerschaften und Instrumente, die sozialdemokratische Politik nutzen kann. Doch um dem Anspruch auf eine internationale Führungsrolle zu untermauern, braucht es mehr als einen realistischen Blick auf globale Verhältnisse. Es braucht auch ein klares Bild, mit welcher Vision wir Sozialdemokrat*innen internationale Politik gestalten wollen – und welche Zukunft möglich ist, wenn diese Politik Erfolg hat.

Ein Angebot für ein solches Bild, bietet die Agenda 2030: „Wir können die erste Generation sein, der es gelingt, Armut zu beseitigen.“ Wäre das nicht eine sozialdemokratische Antwort auf eine Welt im Umbruch?

node:vw-infobox

0 Kommentare
Noch keine Kommentare