Wahlkampfabschluss in Bremen: Wenn Bovi singt und Klingbeil rockt
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Die SPD hat wahrhaft musikalisches Führungspersonal: Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte greift gerne zur Gitarre und singt von Soul über Rock bis Punk selbst. Und der Parteivorsitzende Lars Klingbeil macht eine überaus coole Figur als Rhythmusgitarrist beim Klassiker „Stand by me“. Da überlässt Bundeskanzler Olaf Scholz beiden lieber die Bühne und zieht sich bescheiden, aber mit einem überaus zufriedenen Gesichtsausdruck an den Bühnenrand neben Bremens SPD-Vorsitzenden Reinhold Wetjen zurück.
Klare Ansage an Störer*innen
So groovy war das große Finale des Bremer SPD-Bürgerschaftswahlkampfs auf dem altehrwürdigen Marktplatz am Freitag. Vor rund 1.200 Zuhörer*innen unterstützten der Bundeskanzler, der SPD-Chef und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil Bovenschulte, von den meisten liebevoll „Bovi“ genannt, als sozialdemokratischen Spitzenkandidaten. Dass der aktuelle Bürgermeister dieses Amt auch in den kommenden vier Jahren behalten möchte, daran ließ dieser keinen Zweifel. Die Zuhörer*innen quittierten das am Ende von Bovenschultes gut halbstündiger Rede mit stehendem Applaus.
Zwar hatten sich unter die Gäste am Rande Klimaaktivst*innen sowie etwas weiter entfernt laute Menschen aus der rechten Szene gemischt, die erfolglos versuchten, die Redner*innen mit der NS-Parole „Volksverräter“ zu stören und insbesondere Scholz als „Kriegstreiber“ titulierten. Doch davon ließen sich weder der Bundeskanzler noch Klingbeil noch Bovenschulte irritieren. Stephan Weil allerdings machte eine klare Ansage: „Hier in Bremen ist kein einziger Kriegstreiber.“ Die Leute sollten Ihre Rufe besser an den russischen Präsidenten Putin richten.
Bovenschulte will „Achse der Nordländer“ schmieden
Wie wichtig die Zusammenarbeit insbesondere mit den Niedersachsen sei, betonte Andreas Bovenschulte in seiner Rede. Jetzt gelte es, „eine Achse der Nordländer zu schmieden“. Es biete sich „die historische Chance“, den industriellen Wandel für mehr Klimaschutz anzuschieben und zu vollenden. Der Norden sei aufgrund seiner Nähe zum Meer dazu in der Lage. „Wind ist der Rohstoff des Nordens“, hatte Weil zuvor seine Verbundenheit mit seinem Bremer Amtskollegen demonstriert. Dass dieser ein Sozialdemokrat ist, der Wirtschaft und Gesellschaft zusammen denkt, wurde ebenfalls deutlich.
Bovenschulte erinnerte noch einmal daran, dass die Bremer Wirtschaft im Jahr 2022 im Vergleich aller Bundesländer mit 5,1 Prozent am stärksten gewachsen war. Zudem seien in den vergangenen drei Jahren rund 5.500 neue Arbeitsplätze im Zwei-Städte-Staat entstanden. Dies sei der guten Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft zu verdanken. Auf dieser Basis soll es für den Bürgermeister weitergehen: Wirtschaft und Politik im engen Schulterschluss ganz im Sinne von Wilhelm Kaisen, Bremens erstem Bürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg.
Unterstützung für klimaneutralen Stahl
Auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis lasse sich ein „solidarisches und soziales Gemeinwesen“ realisieren, für das die SPD stehe – aber die Sozialdemokratie baue eben auch keine Luftschlösser. Bovenschulte: „Wir sagen, was umsetzbar und was finanzierbar ist. Wir machen realistische Politik.“ Dazu zählte der Bremer Bürgermeister auch die Unterstützung der Bremer Stahlwerke bei der Transformation zur Produktion von sogenanntem klimaneutralem grünem Stahl. Die dafür notwendigen 300 Millionen Euro öffentlicher Investitionen, die die CDU ablehnt, seien wichtig, weil daran direkt und indirekt rund 10.000 Arbeitsplätze hingen.
Das alles, freute sich Bovenschulte, mache Bremen mit großer Unterstützung Berlins. Und in Richtung Scholz gerichtet sagte der Bürgermeister: „Ich freue mich, dass ein Hanseat im Bundeskanzleramt sitzt.“ Dieser wiederum hob hervor, wie wichtig die Stadtstaaten seien. Bremen sei weltoffen und werde von einer weltoffenen Partei regiert. Das sei angesichts der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie und nun den Krieg in der Ukraine umso wichtiger. Scholz rief alle Bürger zum gesellschaftlichen Zusammenhalt auf und sich daran zu beteiligen. Er zeigte sich mit Blick auf Bremen und Bremerhaven optimistisch: „Dieses Land und diese beiden Städte haben eine gute Zukunft.“ Das gelte auch für Europa.
SPD-Chef Klingbeil schließlich ging auf die Wärmewende ein. Sie müsse kommen, aber eben auch mit vernünftigen Übergangsfristen. „Die Kosten dürfen nicht bei den Mietern hängenbleiben“, rief der Parteichef den Bremer*innen zu. Für die Zukunft sei denn auch eine kluge Politik für eine starke Industrie mit neuen Technologien und Innovation notwendig.