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USA: „Es gibt ein Machtvakuum in der republikanischen Partei.“

Der Umgang der Republikaner mit dem Sturm auf das Kapitol am Mittwoch wirft auch ein Licht auf den Zustand der Partei. Knut Dethlefsen von der Friedrich-Ebert-Stiftung sagt einen Machtkampf voraus – mit offenem Ausgang.
von Kai Doering · 8. Januar 2021
Hinterlassenschaften nach dem Sturm aufs Kapitol in Washington: Die Ereignisse werden die republikanische Partei noch lange verfolgen.
Hinterlassenschaften nach dem Sturm aufs Kapitol in Washington: Die Ereignisse werden die republikanische Partei noch lange verfolgen.

Wie stark hat der Sturm auf das Kapitol am Mittwoch die amerikanische Demokratie erschüttert?

Die Vorgänge am Mittwoch waren ganz klar ein Anschlag auf die amerikanische Demokratie, aber die Republik hält. Die Demokratie hat bewiesen, dass sie wehrhaft ist. Die zeitweise Besetzung des Kapitols und die Störung des politischen Prozesses sind dennoch besorgniserregend. Es zeigt auch, dass die Geister, die Donald Trump gerufen hat, nicht mit ihm verschwinden werden. Ein Teil der amerikanischen Bevölkerung lehnt die demokratischen Prozesse schlichtweg ab und ist bereit, gewalttätig gegen sie vorzugehen. Das wird ein Erbe Donald Trumps und eine Aufgabe für seinen Nachfolger Joe Biden sein.

Die Hälfte der republikanischen Mitglieder des Abgeordnetenhauses hat auch nach der Besetzung ihren Einspruch gegen das Ergebnis der Präsidentschaftswahl aufrechterhalten. Wie bewerten Sie das?

Diese Abgeordneten respektieren weder die Verfassung, noch die demokratischen Prozesse in den USA, sondern verraten sie. Sie tragen die Mär von der gefälschten Präsidentschaftswahl, die Donald Trump in die Welt gesetzt hat, mit und verbreiten sie weiter. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Abstimmung vom Dienstag als Abstimmung der Schande in die amerikanische Geschichte eingehen wird. Als Motiv für das Verhalten gibt es eigentlich nur eine Erklärung: Anbiedern an die radikale Basis der Trump-Unterstützer, um politisches Kapital für die eigene Karriere zu schlagen.

Während sich Abgeordnete wie Ted Cruz klar hinter Donald Trump gestellt haben, hat der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell dazu aufgerufen, den Wahlsieg Bidens anzuerkennen. Was sagt das über die Partei aus?

Zunächst sollten wir nicht vergessen, dass McConnells Verhalten die Ereignisse vom 6. Januar mit möglich gemacht hat. Er selbst hat wochenlang gewartet, bevor er Biden zum Wahlsieg gratulierte. Gleichzeitig gibt es ein Machtvakuum in der republikanischen Partei. Teile der Republikaner, die bisher Donald Trump unterstützt haben, setzen sich sukzessive von ihm ab. Wir können deshalb nicht davon ausgehen, dass in der Partei die Trump-Unterstützer, die es ja weiterhin gibt, künftig automatisch das Sagen haben werden. Der Einfluss Donald Trumps auf die Republikaner hat seit seiner Wahlniederlage stetig abgenommen. Es wird einen Machtkampf geben und wer danach die Führung übernimmt, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen. Die Ereignisse vom Mittwoch werden die republikanische Partei aber noch lange verfolgen.

Wohin wird sich die Partei entwickeln?

Das lässt sich noch nicht eindeutig sagen. Diejenigen, die sich auch am Mittwoch noch klar hinter Donald Trump gestellt haben, haben verloren. Ich glaube deshalb auch nicht, dass sich der Trumpismus durchsetzen wird, sondern erwarte eine Gegenbewegung. Dennoch werden die Republikaner eine klar rechte Partei bleiben. Ich gehe auch nicht davon aus, dass sie sich wieder einen wird, sondern Arrangements zwischen den Flügeln die Partei zusammenhalten werden. Die gewaltbereite Polarisierung des Landes kann damit hoffentlich aber entschärft werden.

Wie kann es gelingen, die Geister, die Trump gerufen hat, wie Sie sagen, wieder zurück in die Flasche zu schicken?

Da würde ich unterscheiden. Den rechtsradikalen Teil der Trump-Anhänger muss man politisch bekämpfen, aber auch mit polizeilichen Maßnahmen. Leider hat Donald Trump das FBI, das dafür zuständig ist, während seiner gesamten Amtszeit geschwächt. Hier wird Joe Biden gegensteuern müssen, damit das FBI den Gefahren des Rechtsextremismus und des Rechtsterrorismus auch begegnen kann. Noch entscheidender wird aber sein, die Probleme, die in den USA herrschen, anzugehen und die diversen Gerechtigkeitslücken, die unter Donald Trump größer geworden sind, zu schließen. Mit der parlamentarischen Mehrheit sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus hat Joe Biden politisch alle Mittel dafür in der Hand. Er wird die Menschen davon überzeugen müssen, dass es einen Unterschied macht, wer im Weißen Haus sitzt und ein Präsident reale Probleme lösen kann. Das wird die Menschen, die sich zurzeit politisch nicht repräsentiert fühlen, hoffentlich überzeugen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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