Meinung

Svenja Schulze: Endlich loslegen beim Klimaschutz!

Umweltministerin Svenja Schulze verfolgt ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz. In einem Gastbeitrag erklärt sie, wie Verkehr, Industrie und Landwirtschaft durch verbindliche gesetzliche Regelungen zum Abbau von CO2-Emissionen bewegt werden können.
von Svenja Schulze · 31. Mai 2019
Große Koalitionen müssen große Aufgaben anpacken, fordert Umweltministerin Svenja Schulze.
Große Koalitionen müssen große Aufgaben anpacken, fordert Umweltministerin Svenja Schulze.

Gewissheiten verändern sich, unser Leben verändert sich. Alle spüren das, und die meisten sind zur Veränderung bereit. Sie fordern von den Regierenden: Legt endlich los! Am deutlichsten wird das in der Umweltpolitik – beim Klimaschutz, beim Artenschutz, beim Plastikmüll. Die Bilder vom Dürresommer sind in unseren Köpfen. Das Sterben der Bienen ist ein Synonym für schwindende Biodiversität. Die eingeschweißte Gurke ist das Symbol für den Verpackungsirrsinn, der Gang in den Supermarkt entwickelt sich zum täglichen Ärgernis. Kopfschüttelnd fragt nicht nur die junge Generation: Wann löst Ihr endlich die Bremsen? Das ist eine zentrale Botschaft der Europawahl.

Klimaschutz als Fortschrittstreiber für die Industrie

Zugleich fühlen viele: Die notwendigen Veränderungen betreffen mein Leben. Zusammen mit der Digitalisierung könnte mein Job in Frage gestellt werden. Ganze Branchen suchen nach neuen Geschäftsmodellen, wie zum Beispiel die Autoindustrie. Werden jetzt gut bezahlte Jobs gegen schlecht bezahlte ausgetauscht? Oder Familien auf dem Land fürchten, dass sie in ihrer Mobilität eingeschränkt und damit noch weiter abgehängt werden. Kurzum, in das Denken an die Zukunft mischen sich Ungeduld, Veränderungsbereitschaft und –Sorge. Davon profitieren nicht zuletzt Rechtspopulisten.

Das Gegenrezept heißt für mich Handeln und Erklären. Denn mit dem Klima, mit der Natur und mit den Tieren – also mit unserer Lebensgrundlage – kann man nicht verhandeln. Das unverzichtbare Instrument ist ein dauerhaft verbindliches Klimaschutzgesetz, weil es festlegt, wo Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und Gebäude ihre Beiträge zum Abbau von Treibhausgasemissionen liefern. Große Teile der Wirtschaft warten darauf, dass hier endlich Planungssicherheit herrscht. Auch sie wollen loslegen und neue Geschäftsmodelle entwickeln. Sie wissen, Klimaschutz ist ein Fortschrittstreiber für die Industrie.

Reformallianz für umweltfreundliche Agrarpolitik

Dazu gehört, dass das klimaschädliche CO2 teurer wird. Führen wir in Deutschland einen CO2-Preis ein, aber so, dass der Staat die Einnahmen an seine Bürgerinnen und Bürger zurück gibt. Dass sie einen Anreiz bekommen, auf erneuerbare Energien oder auf klimafreundliche Verkehrsmittel umzusteigen. Das ist sozial gerechte Klimapolitik. Denn ohne Gerechtigkeit gibt es keine Mehrheiten. Beim Kohleausstieg bis spätestens 2038 machen wir es vor: Wir sorgen für ein vernünftiges Tempo im Klimaschutz und beschreiten einen verlässlichen, sozial- und energiepolitisch verantwortlichen Pfad. Parallel unterstützt der Staat den Strukturwandel in den Revieren.

Gleiches gilt für die Artenvielfalt. Machen wir unsere Landwirte zu Nahrungsproduzenten UND Artenschützern. Der Schlüssel dazu liegt in Brüssel, der Wille muss von uns kommen: Die Bundesregierung sollte mit der neuen Kommission eine Reformallianz bilden für eine umweltfreundlichere Agrarpolitik.

Große Aufgaben anpacken

Oder: Integrieren wir den Umweltschutz in die Algorithmen, damit die Digitalisierung uns allen bei einer nachhaltigeren Lebensweise hilft. Ich plädiere beispielsweise für ein Recht auf Reparatur. Die Hersteller sind in die Verantwortung zu nehmen, dass nichts für den Müll produziert wird, sondern alles in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen kann. Auch so entstehen neue Arbeitsplätze. Zukunftsfähige Arbeitsplätze. Diese gilt es durch gute Tarifverträge abzusichern. Sozial- und Umweltpolitik ergänzen sich.

Kurzum: Die Lösungen liegen auf dem Tisch. Die Instrumente sind da. Die Erwartungen der Bevölkerung an sozial gerechte Entscheidungen sind klar formuliert. Umwelt- und Klimaschutz ist eine der zentralen Gestaltungsaufgabe der Regierung. Es ist ihr Auftrag, diese Hebel zur Zukunft endlich umzulegen. Endlich Sicherheit über den Weg zu schaffen. Darin – und nur darin – liegt ihre Berechtigung. Große Koalitionen müssen große Aufgaben anpacken. Als Umweltministerin habe ich vorgelegt.

Autor*in
Svenja Schulze
Svenja Schulze

ist Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

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