Soziale Ungleichheit

Studie: Warum die Kinderarmut in Deutschland zugenommen hat

Jonas Jordan01. August 2019
Arme Kinder werden in Deutschland laut einer Studie des Paritätischen Gesamtverbands immer mehr abgehängt.
Arme Kinder werden in Deutschland laut einer Studie des Paritätischen Gesamtverbands immer mehr abgehängt.
Die soziale Ungleichheit zwischen armen und reichen Familien in Deutschland nimmt zu. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Paritätischen Gesamtverbands, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Der Verband fordert daher die Einführung einer Kindergrundsicherung.

In einer Studie hat der Paritätische Gesamtverband untersucht, wie viel Geld Familien mit Kindern zur Verfügung steht und was sie für physische und soziale Beteiligung ihrer Kinder ausgeben können. Demnach ging die Schere zwischen den Haushaltseinkommen der ärmsten und denen der reichsten Familien im Zehn-Jahres-Vergleich weiter auseinander. „Das Gefühl, nicht dazu zu gehören, augegrenzt zu sein und abseits stehen zu müssen, ist das Lebensgefühl armer Kinder in Deutschland“, kommentierte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Nur 364 Euro pro Monat

Egal, ob Spielzeug, Zoobesuch, Vereinsmitgliedschaft oder andere Freizeitaktivitäten – das dafür notwendige Geld fehlt bei ärmeren Familien häufig, moniert der Verband. Den ärmsten zehn Prozent der Paarhaushalte in Deutschland mit einem Kind stehen lediglich 364 Euro pro Monat für ihr Kind zur Verfügung. Bei den reichsten zehn Prozent ist es mit etwa 1.200 Euro fast viermal so viel Geld. „Ein gleichberechtigtes Aufwachsen ist für die Kinder in den einkommensarmen Haushalten nicht möglich. Die wachsende Schere zwischen Arm und Reich manifestiert sich am Ende im sozialen Ausschluss der Kinder“, so der Mit-Autor der Studie Andreas Aust von der Paritätischen Forschungsstelle.

Insgesamt schauten sich die Forscher Daten des Statistischen Bundesamts von 2003 bis 2013 aus rund 6,8 Millionen Haushalten an, in denen etwa 13,8 Millionen Kinder leben. Neuere Daten sind noch nicht ausgewertet. Allerdings sei insbesondere zwischen 2013 und 2016 die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander gegangen, erwiderte Ulrich Schneider auf die Kritik, wonach die der Studie zugrunde liegenden Daten eventuell veraltet sein könnten.

Im Schnitt 130 Euro Schulden pro Monat

Zudem kritisierte der Verband die „eklatante Einkommensspreizung“. Denn während den oberen zehn Prozent im Schnitt 8.642 Euro zur Verfügung standen, waren es im unteren Bereich gerade noch 1.550 Euro, denen jedoch monatliche Konsumausgaben von 1.685 Euro gegenüber standen. Entsprechend verschuldeten sich einkommensschwache Familien durchschnittlich mit 135 Euro im Monat. 

„Arme Familien hatten real weniger Geld als noch zehn Jahre zuvor zur Verfügung, um ihren Kindern mehr als das physisch Notwendige zu finanzieren“, kritisierte Schneider. Dies sei vor allem zu Lasten der Ausgaben für die sozialen Grundbedarfe der Teilhabe gegangen. „Arme Kinder sind in Deutschland, was ihre soziale Teilhabe anbelangt, in der Regel chancenlos“, sagte Schneider. Bei derart auseinanderklaffenden Einkommen besäßen sie nicht die Möglichkeit, „am ganz normalen Leben der Mitte“ teilzunehmen.

Forderung nach Kindergrundsicherung

Als Konsequenz aus den Ergebnissen der Studie fordert der Paritätische Gesamtverband die Einführung einer einkommens- und bedarfsorientierten Kindergrundsicherung in Höhe von mehr als 600 Euro pro Kind. Die Summe soll sich verringern, je mehr die Eltern verdienen. Eine solche Lösung bezeichnete Schneider als „einfaches, solidarisches und gerechtes System“. Gleichzeitig sieht er auf politischer Ebene bei SPD, Grünen und Linken Schnittmengen, was diese Forderung anbelangt. 

weiterführender Artikel

Kommentare

Ursachenbenennung tabu ?

Die schizoide Trennung der real immer weiter zunehmenden Familienarmut von der untrennbar dazugehörenden "Kinderarmut" nimmt langsam abstruse Ausmaße an.
Hat sich der ganze Chor der "Kinderarmut"-Propagandasänger auch schon überlegt, wie viel mehr man normalerweise maulen müßte, ginge es tatsächlich um Familien und Kinder ?

Eine gewisse Partei möchte aktuell mit einer "CO2-Abgabe" per Zwangssteuer den Familien und Kindern die Lebenshaltungskosten drastisch erhöhen - und das in allen Bereichen die "CO2"=Energie benötigen also Unterkunft, Nahrung, Wasser, Lebensmittel, Kleidung, etc.

Auf die Idee, Familien und Kindern - allen Menschen - einfach nicht mehr so viel ´wegzunehmen, also alle unsinnigen weil wirkungslosen (EEG und dergleichen) bzw. alle nur dem Vorteil weniger dienenden Steuern, Abgaben, "Beiträge" (GEZ), Gebühren und Subventionen (Kerosin) , "Sozial"abgaben drastisch zu senken oder abzuschaffen kommt man im Bundestag natürlich nicht.

Da müßte man sich zum Beispiel bei den Kapitaleignern ("Gesundheits"unwesen z.B.) unbeliebt machen die eine Verzinsung ihrer Gelder unter Minimalwerten nicht akzeptieren wollen.

Mehr Mut zum ganzheitlichen Umlenken statt wirres Klein/Klein !

Die einfachste Möglichkeit gegen Kinderarmut ist die massive Anhebung des Mindestlohnes unter gleichz. Streichung von Sozialabgaben für die unteren Lohngruppen, sowie kostenloser ÖPNV zumindest für Kinder. Für die immer noch abgehängten ländlichen Räume zusätzlich innovative Beförderungssystem unter Nutzung auch der digitalen Möglichkeiten (Rufbus, Mitnahme-App, Wiederbelebung alter Bahn- und Buslinien etc.)! Es gibt keine Alternative zu Lenkungsabgaben zwecks Klima - und Umweltschutz ! Diese bieten, bei Rückerstattung dieser Einnahmen unter Bevorzugung unterer Lohngruppen und der Grundeinkommenbezieher, für diese und alle anderen, die Möglichkeit durch Klima- und umweltfreundl. Lebensstil weiteres Geld einzusparen ! Also WIN/WIN !
Das unselige HartzIV sollte alsbald durch ein bedingungsarmes, kaum restriktives Grundeinkommen abgelöst werden, dass Hinzuverdienst belohnt. Langzeitarbeitslosigkeit sollte einladend, durch einen neu zu installierenden Projektarbeitsmarkt, begegnet werden, der gemeinnüzige Arbeit mit inteliigent organisierten Projekten kombiniert. In solch. Projekten kann auch Integration und Inklusion niedrigschwellig gelebt werden unt. pädagogischer Begleitung !

Für "kleine Leute" ist "klein-Klein" wichtiger als Großwort

Es ist doch gerade die Unzahl an Nadelstichen im verkorksten System, die die Pseudo-"Lenkung" bei stetiger Belastung der immer Gleichen als sadistische Lachnummer entlarvt.
Die "Rückerstattung" ist im gesamten aktuellen "Konzept" rein statisch definiert. Feste 80 Euro für jeden Betroffenen für alle Ewigkeit während die CO2-Steuer jährlich höher gedreht wird.
Die "Lenkungsabgabe" lenkt bestenfalls immer mehr Geld aus den ärmsten Taschen heraus. Nun stellt sich dazu die Frage was der bürokratische Irrsinn dann an zusätzlichen Verwerfungen anrichtet wenn allen Ernstes jeder Betroffene bei einer weiteren Bürostelle zum X-ten Mal sein monatliches Einkommen nachweisen muß.
Wie werden Menschen "gelenkt" die eh schon alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben und gezwungen sind mit dem eigenen KFz zur Arbeit zu fahren ?
Der ganze "Umwelt"Abgabenmurks ist und bleibt reiner schöngeredeter Diebstahl wenn die "Lenkung" schon am Anschlag ist.

Die Illusion, das man immer weiter "sparen" kann wenn nur alles teuer genug wird ist tödlich falsch.
Bei physikalischen Gesetzen gibt es keinen "Deal" 1 Liter Waasser kocht nicht deshalb "sparsamer" weil der Strompreis sich dem Goldpreis nähert.

Wieso tabu?

Die Ursache wird doch eindeutig benannt:
"Den ärmsten zehn Prozent der Paarhaushalte in Deutschland mit einem Kind stehen lediglich 364 Euro pro Monat für ihr Kind zur Verfügung."
Zweifelsfrei ist damit der, von der SPD seit 2005 verordnete und im Weiteren seit Jahren von SPD-Ministern ermittelte, durchschnittliche Hartz-Regelsatz für Kinder gemeint.

Im Jahr 2014 gefestigt von unserer obersten Richterschaft:
BVerfG 1 BvL 10/12 ;RN 75
"a) Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (..)."

Das arme Kinder nicht armen Familien angehören würden ist dem Artikel nicht zu entnehmen, im Gegenteil wird dieser Umstand thematisiert:
„Arme Familien hatten real weniger Geld als noch zehn Jahre zuvor zur Verfügung, um ihren Kindern mehr als das physisch Notwendige zu finanzieren“

Schlimm ,dass Kinder im Sanktionsfall der Eltern in Sippenhaft genommen werden.
Wäre mit Kindergrundsicherung aber auch so

Adjektive !

das "gute" Kitagesetzt, das "tolle" Familiengesetz, das ..... adjektiv, adjektiv....gesetz. Was vor Monaten noch als DIE SPD Leistung in der Groko gefeiert wurde erweist sich jetzt als mehr als unzureichend ?
Bis zu 400€ Kitagebühren in Brandenburg, da soll der Woidke die Giffei ruhig in den Arm nehmen (https://www.vorwaerts.de/artikel/familienfest-spd-brandenburg-haben-jute...). Also mein Nettoeinkommen ist etwas mehr als das doppelte diese Betrages.
Wo ist denn der angemessene Mindestlohn ? Gleiche Besteuerung von Kapitalerträgen und Arbeit ? Internetkonzernsteuern ?............ Also Baustellen für sozialdemokratische Politik gibt es genug.
Politiker*, die meinen sie machen eine richtige Wirtschaftspolitik wenn sie von der INSM oder den Bertelsmänner gelobt werden brauchen wir dabei allerdings nicht !

Adjektive !

Diese Adjektive allein vermögen es leider nicht, diese Gesetze so zu verfassen und zu verabschieden, dass sie tasächlich wirksam sind. Auf die Inhalte kommt es an, und diese werden trotz aller guten Absichten vom Koalitionspartner so hingebogen, dass außer dem Namen nur noch wenig übrig bleibt, wie z.B. auch die Mietpreisbremse, die von den früheren Justizminister*innen der SPD zwar mehrfach initiiert, aber dann von den Konservativen stets mehr oder weniger zu einer leeren Hülse deformiert wurden.

Und diejenigen, die von diesen Gesetzen betroffen sind, merken dies natürlich und zweifeln weiter an der Glaubwürdigkeit, die auch durch Adjektive nicht wieder hergestellt werden kann.