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Warum Start-up-Gründerin Verena Hubertz in den Bundestag will

Nach dem Studium gründete Verena Hubertz mit einer Freundin das sehr erfolgreiche Internet-Start-up „kitchen stories“. Nun will die Triererin als SPD-Abgeordnete neue Ideen in den Bundestag bringen – etwa einen „Zukunftsfonds 2.0“ für die Rente.
von Kai Doering · 28. Mai 2021
„In einem Start-up muss man Menschen von einer Idee begeistern. Das ist in der Politik auch so.“ Unternehmerin Verena Hubertz will für die SPD in den Bundestag.
„In einem Start-up muss man Menschen von einer Idee begeistern. Das ist in der Politik auch so.“ Unternehmerin Verena Hubertz will für die SPD in den Bundestag.

Mit einem „Coq au vin“ fing alles an. Das französische Geflügelgericht war das erste, das Verena Hubertz und ihre Studien-Freundin Mengting Gao gemeinsam kochten und dabei jeden einzelnen Zubereitungsschritt mit Fotos und kurzen Videos dokumentierten. Das war 2013. Die „Kitchen Stories“ (zu deutsch „Küchen-Geschichten“) waren geboren. Dass daraus ein paar Jahre später eine App werden würde, die weltweit mehr als 17 Millionen Nutzerinnen und Nutzer auf ihrem Smartphone haben, ahnten Hubertz und Gao damals natürlich nicht.

Gegen das Schubladen-Denken

Der Anfang war nämlich alles andere als einfach, Investoren zu finden, sehr schwer. „Zwei Mädels und eine Koch-App? Das brauchen wir nicht“, hätten sie mehr als ein Mal gehört, erzählt Verena Hubertz. Also mussten Mengting Gao und sie 25.000 Euro zusammenkratzen, um die Rezepte-App in Eigenregie an den Start zu bringen. „Das Geld kam von Freunden und unseren Familien“, erzählt Hubertz. „Danach haben wir uns 14 Tage in ein Ferienhaus in Brandenburg zurückgezogen und die ersten Videos produziert.“ 2014 gingen die „Kitchen Stories“ online. Was dann kam, klingt wie eine Geschichte aus dem amerikanischen Silicon Valley: 2017 stieg eine Tochterfirma von Bosch bei dem Start-up ein, mit einem zweistelligen Millionenbetrag. Mittlerweile besteht das Team aus 60 Personen.

Auf Verena Hubertz müssen sie nun allerdings verzichten. Die 33-Jährige stieg Ende vorigen Jahres aus. Ihr neues Ziel ist das Bundestagsmandat im Wahlkreis 203. Er umfasst die Stadt Trier und den Landkreis Trier-Saarburg. Aus Berlin ist Hubertz wieder in ihre Heimatstadt zurückgezogen.

„In einem Start-up muss man Menschen von einer Idee begeistern. Das ist in der Politik auch so“, sagt Hubertz. Von der Start-up-Szene könne sich die Politik einiges abschauen, es werde noch zu viel in Schubladen gedacht. „Das sollten wir ändern und lieber projekt- und ressortübergreifend denken“, sagt die studierte Betriebswirtin. „Die Arbeitswelt und die Jobs der Zukunft werden anders aussehen als heute. Als Gründerin und Unternehmerin bringe ich da viele Erfahrungen mit, die ich für gute Gesetze im Bundestag nutzen möchte.“ Darauf bereitet sich Verena Hubertz akribisch vor. Ende März hat sie eine Praktikumswoche bei dem Bundestagsabgeordneten Thomas Hitschler absolviert, ihn in Ausschüsse begleitet und den einen oder anderen SPD-Spitzenpolitiker getroffen. „Ich wollte den Betrieb, für den ich kandidiere, vorher kennenlernen“, sagt die 33-Jährige. „Das ist schon ein krasser Apparat.“

Innovative Ideen für die Rente

Den Sommer über sollen noch weitere Praktika hinzukommen, dann allerdings eher handfest in ihrem Wahlkreis. So will Hubertz in einer Kita arbeiten und in einer Pflegeeinrichtung mit anpacken. „Ich möchte verstehen, was den Alltag der Menschen ausmacht, die dort arbeiten.“ Einen ganz entscheidenden Einblick hat sie während ihres Studiums bekommen. Da arbeitete sie bei „Burger King“ für sechs Euro in der Stunde. „Für mich war das eher ein Zuverdienst, aber mein Kollege musste damit seine Familie ernähren“, erinnert sich Verena Hubertz.

Als der damalige Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier im Wahlkampf 2009 nach Trier kam und in einer Rede vor der Porta Nigra einen Mindestlohn angekündigte, sprach er Hubertz damit aus der Seele. „Viele fragen mich ja, warum ich als Unternehmerin gerade in die SPD eingetreten bin. Ich finde, der Mindestlohn erklärt das ganz gut.“

Eine Idee, die Hubertz zurzeit sehr bewegt ist der „Zukunftsfonds 2.0“. Sie hat ihn zusammen mit Stefan Marcelo Bösl entwickelt, der auch ihre Wahlkampfkampagne leitet. Es handelt sich dabei um einen gemeinwohlorientierten Staatsfonds nach dem Vorbild skandinavischer Länder. „Wir investieren mit dem Zukunftsfonds 2.0 in die Unternehmen der Zukunft und sichern mit der Rendite die Rente“, erklärt Verena Hubertz die Idee.

Nachfolgerin von Katarina Barley

Die SPD in Trier hat sie von sich und ihren Ideen bereits überzeugt. Nach einem parteiinternen Auswahlverfahren im vergangenen Jahr, wurde Verena Hubertz am 1. Mai mit 92 Prozent offiziell als Bundestagskandidatin nominiert. Mit dabei waren auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Hubertz‘ Vorgängerin im Wahlkreis. Die ist inzwischen stellvertretende Präsidentin des Europaparlaments: Katarina Barley.

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Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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