SPD-Wahlsieg im Osten: Gewinne von der Küste bis in die Lausitz
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Am Ende war es ein „Herzschlagfinale“, wie Erik von Malottki noch am Sonntagabend sagte. Dabei war sein prominenter Konkurrent Philipp Amthor schon früh weit abgeschlagen: Schon nach Auszählung von rund der Hälfte der ausgezählten Wahlkreise lag der CDU-Mann weit hinten.
Doch das echte Duell lieferte sich der Sozialdemokrat mit dem AfD-Konkurrenten. Lag Enrico Komning zunächst noch vorne, schmolz der Vorsprung im Laufe des Abends dahin. „Wir robben uns ran“, sagte ein hoffnungsvoller Erik von Malottki während der Auszählung dem „vorwärts“. Und dann konnte er in der Wahlnacht noch jubeln: mit 0,3 Prozentpunkten Vorsprung (24,8) holte er das Direktmandat im Nordosten der Republik und sorgte so zusammen mit den anderen fünf SPD-Direktkandidat*innen in Mecklenburg-Vorpommern dafür, dass alle Wahlkreise auf der Landkarte „rot“ eingefärbt werden konnten.
Direktmandate: Mecklenburg-Vorpommern wird knallrot
Dabei war der Wahlkreis „Mecklenburgische Seenplatte – Vorpommern-Greifswald II“ bei vergangenen Wahlen stets fest in der Hand der CDU gewesen, 2017 gewannen die Konservativen sogar im gesamten Bundesland alle Direktmandate. Amthor hatte 2017 noch acht Prozentpunkte vorn gelegen. Jetzt kann er sich glücklich schätzen, dass er als Spitzenkandidat seiner Partei in dem Bundesland auf Platz eins der Liste steht und auf dem Weg noch in den Bundestag einziehen darf.
Ganz anders von Malottki: Der Sozialdemokrat startete als kleinerer Konkurrent, arbeitete sich intensiv im Wahlkampf an den Korruptions-Vorwürfen und dem fragwürdigen Lobbyismus von Amthor ab, punktete auch in Gesprächen mit den Bürger*innen und einer Transparenz-Offensive. Statt Großspenden einzusammeln, bat er um Kleinstspenden zur Finanzierung seines Wahlkampfes, unterzeichnete eine Selbstverpflichtung zur Offenlegung seiner Nebeneinkünfte und Beteiligungen als künftiger Bundestagsabgeordneter. Wer sich zu der Aktion „#unbestechlich“ bekennt, verpflichtet sich außerdem auch dazu, auf bezahlte Lobbytätigkeiten zu verzichten.
Brandenburg: Alle Wahlkreise gehen an SPD
Dazu hat sich auch Maja Wallstein bekannt, die am Wahlabend ebenfalls mit einem AfD-Mann um das Direktmandat kämpfte. Im Wahlkreis Cottbus-Spree-Neiße in Brandenburg setzte sie sich am Ende ebenfalls gegen den rechten Gegner Daniel Münschke durch, mit 27,6 zu 25,7 Prozent allerdings etwas deutlicher als ihr Parteikollege aus dem Nordosten. Im Wahlkampf setzte Wallstein auf Bürgernähe, wanderte durch ihren Wahlkreis, sprach mit unzähligen Menschen direkt über Wünsche und Sorgen. Ihr zentrales Anliegen: Die Region „enkeltauglich machen“, also vor allem für die künftigen Generationen eine Perspektive in der Lausitz zu entwickeln.
Ebenso wie Mecklenburg-Vorpommern schafften es auch die zehn Sozialdemokrat*innen in Brandenburg, alle Direktmandate zu gewinnen. Deutschlands Nordosten wird damit nach der Bundestagswal knallrot – in Medienberichten ist am Tag nach der Wahl bereits die Rede davon, dass die CDU im Osten die Wahl verloren hat – und die SPD gewonnen. 2017 holte die CDU im Osten allgemein mehr Mandate, nun musste sie vor allem herbe Verluste gegenüber der SPD hinnehmen, verlor aber auch Stimmen an die AfD, vor allem im Süden Ostdeutschlands. Es gab allerdings auch dort SPD-Sieger: In Sachsen-Anhalt Karamba Diaby, Franziska Kersten, Martin Kröber, Martin Kröber und Herbert Wollmann, in Thüringen Carsten Schneider sowie Holger Becker und natürlich Frank Ullrich. Selbst in Sachsen holte Detlef Müller ein Direktmandat, in Chemnitz.
Zweitstimme: In ganz Ostdeutschland deutliches Plus
Was für die Direktmandate gilt, gilt auch für die Zweitstimmen bei der Bundestagswahl – also die Stimmen für die Listen der Parteien: Die Sozialdemokrat*innen holten insgesamt in Ostdeutschland mehr Stimmen als vor vier Jahren, im Nordosten gingen in manchen Wahlkreisen fast jede dritte Stimme an die SPD, im Südosten im Schnitt rund zwanzig Prozent. Selbst zweistellige Gewinne im Vergleich zu 2017 waren selbst dort keine Seltenheit, wo die AfD die meisten Stimmen holte – beispielsweise im Vogtlandkreis, in Zwickau oder Gera.
Wie deutlich insgesamt der Wahlsieg der SPD in Ostdeutschland in diesem Jahr war, zeigen die Zahlen im Vergleich: Die Partei holte 24,1 Prozent der Zweitstimmen im Osten (26,4 Prozent waren es im Westen) und lag damit sieben Prozent vor der zweitstärksten Kraft, der CDU. 2017 waren es nur 13,9 Prozent für die SPD, während die CDU damals auf 27,6 Prozent kam. Damit verdoppelt die SPD ihren Stimmenanteil nahezu, was sich auch in Bundestagsmandaten niederschlägt: 41 Abgeordnete stellt die Landesgruppe Ost nun in der SPD-Bundestagsfraktion, 2017 waren es noch 21.