Inland

Warum die SPD die Vermögensteuer wieder einführen will

Mit einem Steuersatz von einem Prozent sollen künftig Super-Reiche in Deutschland zur Kasse gebeten werden – so will es die SPD. Zehn Milliarden Euro könnten so in die Länderkassen fließen. Die Union lehnt eine Vermögensteuer strikt ab.
von Vera Rosigkeit · 26. August 2019

Immer wieder wurde sie diskutiert: Seitdem die Vermögenssteuer 1996 vom Bundesverfassungsgericht ausgesetzt und seit 1997 nicht mehr erhoben wurde. Nun hat das SPD-Präsidium am Montag beschlossen, die Vermögensbesteuerung wieder einzuführen. Die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland sei Ausdruck einer Schieflage und deshalb ein Gerechtigkeitsthema für die SPD, sagt ihr Interims-Vorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbel.

Ungleichheit wächst

Bereits der Weltreport der Ungleichheit stellte 2017 fest, dass Deutschland mit Bezug auf die Einkommen der obersten zehn Prozent so ungleich wie vor 100 Jahren sei. „Auf Basis von Einkommenssteuerdaten können wir belegen, dass sie heute 40 Prozent des Gesamteinkommens vor Steuern aller Deutschen auf sich vereinen. Das ist exakt der Wert von 1913“, erklärte Charlotte Bartels dazu in einem Interview mit dem vorwärts. Bartels, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, gehört zum Team des „Weltreports der Ungleichheit“, einer Forschergruppe um den französischen Wirtschaftswissenschaftler und Autor Thomas Piketty.

2019 sieht es mit der Ungleichheit der verfügbaren Haushaltseinkommen nicht besser aus: Etwa 45 Familien besitzen so viel Vermögen wie 50 Prozent der Bundesbürger, betont Schäfer-Gümbel. Selbst in der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise habe es erhebliche Gewinner gegeben. Da eine gerechtere Besteuerung mit Hilfe der Erbschaftssteuer an der Union scheiterte, habe man sich nun für die Wiederbelebung der Vermögesteuer entschieden, fügt er hinzu.

Ein Prozent auf hohe Vermögen

Nach den Plänen der SPD sollen künftig sehr hohe Vermögen mit einem Anteil von einem Prozent besteuert werden. Er könne sich auch 1,5 Prozent für Super-Reiche vorstellen, erklärt Schäfer-Gümbel mit Verweis auf ein Konzept des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB. Dabei will die Partei laut Beschluss mit hohen Freigrenzen arbeiten, um dem Problem zu entgehen, dass „Omas kleines Häusschen“ besteuert werde, so der kommissarische SPD-Chef. Wichtig sei aber auch eine Verschonungsregel für Betriebe, damit diese in Krisenzeiten nicht in die Schieflage geraten. Schäfer-Gümbel versichert zudem, dass eine internationale Wettbewerbsfähigkeit ebenso wenig gefährdet sei wie Arbeitsplätze.

Stattdessen kalkuliere man mit Einnahmen von zehn Milliarden Euro bei einem bürokratischen Verwaltungsaufwand von rund 800 Millionen Euro. Das Geld werde dringend für Investitionen in den Ländern benötigt. Da der Aufbau Ost lange nicht beendet sei, spreche vieles für eine Vermögensbesteuerung, erklärt er weiter. Denn über den Länderfinanzausgleich käme diese Ländersteuer besonders den ostdeutschen Bundesländern zugute. Von besonderer Bedeutung sei der SPD zudem die Bewertung von Vermögen. Denn neben der Frage des Verhältnisses von Aufwand und Ertrag gehe es bei der Wiederbelebung vor allem um ihre Verfassungsmäßigkeit, so Schäfer-Gümbel.

Der Parteitag entscheidet

Man wolle sicherstellen, dass alle Vermögensgegenstände bei der Ermittlung einbezogen werden, heißt es in dem Beschluss des Präsidiums. Damit greift die Partei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf, das 1995 empfahl, Immobilien höher zu bewerten, um so der Besteuerung der übrigen Kapitalvermögen anzupassen.

Dass der Koalitionspartner aus CDU/CSU die Pläne ablehnt, spielt für Schäfer-Gümbel keine Rolle. Es handele sich bei der Weiderbelebung um eine Grundsatzentscheidung innerhalb der SPD, die seit 15 Jahren „muntere Debatten“ darüber führe, wie man der zunehmenden Ungleichheit in Deutschland am besten entgegentreten könne, sagt er.

Deshalb kommt der heutige Präsidiumsbeschluss nicht überraschend. In der SPD wurde zuletzt auf dem Bundesparteitag 2017 über die Vermögenssteuer diskutiert. Damals entschied der Parteitag, die Steuer nicht ins Wahlprogramm zu nehmen, aber eine Arbeitsgruppe zu beauftragen, die die Machbarkeit einer Wiedererhebung prüfen sollte.

Der Beschluss sei Gegenstand der SPD-Vorstandsklausur Ende September, erklärt Schäfer-Gümbel den weiteren Weg, um dann auf dem Parteitag im Dezember als Beschlussvorlage vorgelegt zu werden.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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