Inland

SPD-Spitze will gegen Rassismus im Alltag vorgehen

Zusammenhalt organisieren, gegen rechten Terror vorgehen, Integrationsarbeit auf Dauer finanzieren – der SPD-Parteivorstand hat im Vorfeld des Koalitionsausschusses Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und für demokratische Vielfalt in der Gesellschaft diskutiert.
von Benedikt Dittrich · 2. März 2020
placeholder

Die SPD-Spitze fordert als Reaktion auf die jüngsten rechtsextremen Angriffe in Halle und Hanau konkrete Maßnahmen, damit Migrant*innen in Deutschland wieder ohne Angst und Rassismus leben können. Dafür forderte der Parteivorstand am Montag einen „Dreiklang“ von Integrationsarbeit, politischer Bildung und innerer Sicherheit.

Es könne nicht sein, so die stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Serpil Midyatli, dass Migrant*innen immer wieder zum Spielball der Politik würden, nach dem Motto: „Gegen Migranten, das geht irgendwie immer.“ Der Rassismus, dem Menschen mit tagtäglich ausgesetzt seien, „ist für uns als Sozialdemokrat*innen inakzeptabel“. Auf diesen Rassismus brauche es Antworten. Antworten, die auch in der Gesellschaft ankommen.

Deswegen fordert der SPD-Vorstand mit Blick auf den Koalitionsausschuss eine Reihe von Maßnahmen – angefangen bei der Erarbeitung eines Teilhabe- und Integrationsgesetz bis hin zu einer Überarbeitung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). „Hier muss sehr viel mehr passieren“, so die Parteivize weiter. Es gehe darum, gemeinsam neue Wege zu entwickeln: „Ob zum Beispiel ein Antirassismusbeauftragter jemand sein kann, der ein klares Signal senden kann, dass wir Rassismus in keiner Form in diesem Land dulden werden.“ Außerdem solle die Vielfalt in der Gesellschaft künftig besser abgebildet werden. In Polizei, Justiz und Verwaltung sei diese nicht repräsentiert. Die SPD wolle mit der Unterscheidung zwischen „die und wir" Schluss machen, so Midyatli, „es wird Zeit“.

Langfristige Finanzierung der Integrationsarbeit

Darüber hinaus will die SPD die Finanzierung der Integrationsarbeit langfristig anlegen. Denn die Integration sei, so die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken, eine Aufgabe der Gesellschaft – und obendrein eine langfristige: „Die Aufgabe ist klar und wird auch in den nächsten Jahren nicht erledigt sein.“ Gerade in Kommunen sollen Projekte dauerhaft gefördert werden, „damit überall ein Bewusstsein darüber entsteht, dass Rassismus in unserer Welt existiert und dass wir ihn nicht haben wollen.“ Das schließt laut Esken nicht nur Integrationskurse ein, sondern auch Projekte zur Demokratieförderung und allgemein politische Bildung um den demokratischen Zusammenhalt in Deutschland zu fördern.

Rund ein Viertel der in Deutschland lebenden Menschen haben eine Einwanderungsgeschichte. Diese 25 Prozent würden sich Sorgen machen, ob sie in Deutschland noch sicher seien. „Das ist eine Entwicklung die mir sehr viel Sorgen bereitet“, gab Esken zu. Darauf müsse die Politik Antworten geben. „Da geht es auch ganz klar um die Antwort des Rechtsstaats.“ Die rechtsextremen Gefährder*innen müssten den Ermittlungsdruck der Behörden zu spüren bekommen.

Deswegen sprach Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius anknüpfend daran von einem „Dreiklang“, der auch das Thema innere Sicherheit umfasst. Egal in welcher Generation die Menschen nach Deutschland gekommen seien oder schon immer hier lebten: „Für alle gilt das gleiche: Sie müssen ankommen, sie müssen zusammenleben in einer Gesellschaft.“ Um diesen Zusammenhalt zu fördern müsse die Integrationsarbeit gestärkt werden und das Sicherheitsgefühl.

Sicherheitsgefühl für alle wiederherstellen

Denn trotz niedriger Kriminalität und guter wirtschaftlicher Situation fühlten sich Menschen unsicher, fühlten sich fremd, würden ihre Frustration auf andere projizieren. „Der politische Nährboden, der das begünstigt, kommt seit einigen Jahren von Rechtsaußen, von der AfD, von den Rechtspopulisten.“ Deswegen sei es wichtig, vor Ort und im Netz dagegen vorzugehen, so Pistorius. „Kein Mensch, egal welchen Glaubens, darf hier mit Angst durchs Leben laufen, weil wir seine Sicherheit nicht mehr gewährleisten können. „Der Hass entsteht in den Wohnungen, in den Häusern, an den Küchentischen, in den Vereinen. Aber im Netz findet er eine explosionsartige Vervielfältigung innerhalb kürzester Zeit in Echokammern.“ Das führe zu der Annahme, dass dieser Hass die Mehrheitsmeinung sei, erläutert der niedersächsische Innenminister, „und das verleitet die gewalttätigen Extremist*innen zu der Annahme, sie müssten jetzt etwas tun weil die anderen nur reden.“

Das solle natürlich nicht dazu führen, dass Bürgerrechte eingeschränkt werden, ergänzte Esken. „Der Feind der Demokratie sitzt in unseren Parlamenten, sie heißt Alternative für Deutschland. Und sie ist eine Alternative für gar nichts.“ Dafür müsse die AfD inhaltlich gestellt werden, aber auch die Demokratie gefördert werden, verweist Esken auf das Programm „Demokratie Leben“ und die Forderungen zu einem Demokratiefördergesetz. „Das ist ein wichtiger Baustein um all diese Projekte stetig und dauerhaft zu finanzieren.“

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare