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SPD: „Die Raffkes der Union bestätigen jedes Vorurteil über korrupte Politiker“

Für die SPD zeigt die Masken-Affäre ein „tiefgreifendes strukturelles Problem“ der Union, so Matthias Bartke, der SPD-Sprecher für die Geschäftsordnung des Bundestages. Der Aufklärungswille von CDU/CSU halte sich sehr in Grenzen. Die Union müsse sich bei den Transparenzregeln bewegen.
von Lars Haferkamp · 18. März 2021
Fordert mehr Aufklärungswillen von der Union in der Masken-Affäre: Matthias Bartke, Sprecher der AG Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion
Fordert mehr Aufklärungswillen von der Union in der Masken-Affäre: Matthias Bartke, Sprecher der AG Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion

Die Masken-Affäre der Union hält die Politik weiterhin in Atem. Wie schätzen Sie den Schaden ein, den diese Affäre für das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Politiker*innen bedeutet?

Der Schaden ist immens. Die Raffkes der Union bestätigen jedes Vorurteil über korrupte Politiker. Man muss aber deutlich machen, dass es eben Raffkes der Union sind, und nicht von anderen Parteien. Ich glaube, CDU und CSU haben hier ein tiefgreifendes strukturelles Problem. Und ich fürchte, da kommen auch noch mehr Enthüllungen.

Nachdem die SPD einen „10-Punkte-Plan“ für mehr Transparenz vorgelegt hat, ist die CDU mit einem „10-Punkte-Programm“ nachgezogen. Eine schlechte Kopie der sozialdemokratischen Vorschläge oder ein Schritt auf die SPD zu?

Beides. Es macht deutlich, wie groß der Druck ist, unter dem die Union steht. So haben wir über 20 Jahre gebraucht, um das Delikt der Abgeordnetenbestechlichkeit ins Strafgesetzbuch zu bringen. Die Union hat es immer verhindert. Und jetzt hat sie unsere Forderung nach der Erhöhung der Mindeststrafe auf ein Jahr sogar übernommen. Das hätte sie ohne den aktuell bestehenden öffentlichen Druck nie getan.
Es zeigt sich wieder einmal eines: Bewegung kommt in die Verhaltensregeln für Abgeordnete immer nur dann, wenn Schweinereien passieren. Und wenn viele Schweinereien passieren, dann gibt’s auch viel Bewegung.

Wo muss sich die Union inhaltlich aus Ihrer Sicht noch weiter bewegen?

Bei den Transparenzregeln. Wir haben nichts dagegen, wenn Abgeordnete Nebenjobs haben. Aber die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch darauf, zu wissen, wie viel Geld die Abgeordneten damit verdienen – und zwar auf Euro und Cent genau. Und es muss auch klar werden, wie viel Zeit die Abgeordneten für ihre Nebentätigkeiten aufwenden. Arbeiten sie hauptsächlich für das Bundestagsmandat oder für den Nebenjob?
Und die Union möchte, dass Unternehmensbeteiligungen erst ab 25 Prozent Beteiligungshöhe angezeigt werden müssen. Da gehen wir nicht mit. Unsere Vorstellung liegt eher bei Fünf Prozent.

Aus der SPD heißt es, CDU und CSU hätten traditionell eine problematische Nähe zum Geld und zur Wirtschaft. Teilen Sie diese Einschätzung?

Nein. Ich finde es eigentlich eher gut, wenn eine Partei eine Nähe zur Wirtschaft hat. Problematisch ist es aber, wenn sie darüber ihre Nähe zur Normalbevölkerung verliert und wenn ihr der Kompass für das reale Leben abhanden kommt. Ein stellvertretender Fraktionsvorsitzender einer christlichen Partei hat die schlimmste Krise unseres Landes seit dem Zweiten Weltkrieg ausgenutzt und sich auf Kosten der Bevölkerung um 660.000 Euro bereichert. So etwas wäre für mich bislang unvorstellbar gewesen. Unfassbar!

Die SPD fordert die Einsetzung eines unabhängigen Transparenz-Beauftragten, der die Masken-Affäre der Union aufklären soll. Welche Realisierungschancen hat das?

Das wird man sehen. Notwendig wäre ein solcher Beauftragter auf jeden Fall. Die ersten Verhandlungen mit der Union darüber lassen aber nichts Gutes erahnen. Ihr Aufklärungswille hält sich in ziemlichen Grenzen.

Wie geht es in den Verhandlungen zwischen SPD und Union jetzt weiter?

Wir haben einen Zehn-Punkte-Plan und die Union hat einen Zehn-Punkte-Plan. Es gibt Deckungsgleichheiten aber es gibt auch deutliche Differenzen. Darüber verhandeln wir. Derzeit sind wir noch ziemlich weit auseinander. Das ist aber nichts Unnormales in Verhandlungssituationen und heißt keineswegs, dass wir nicht noch zueinander kommen können. Der Druck bei der Union ist schon ziemlich hoch.

Wann ist mit einer konkreten Umsetzung der Reformpläne zu rechnen?

Es ist nicht die Frage, wann damit zu rechnen ist, sondern ob damit zu rechnen ist. Wenn wir es hinbekommen wollen, so muss es ja auf jeden Fall noch vor der Sommerpause geschehen.

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