SPD-Politikerin Eva Högl: Warum § 219a StGB gestrichen werden sollte
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Die Gießener Ärztin Kristina Hänel ist im November vergangenen Jahres zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt worden, obwohl sie auf ihrer Internetseite lediglich allgemeine Informationen zum Schwangerschaftsabbruch und zur Durchführung in ihrer Praxis angeboten hatte. Die Verurteilung von Kristina Hänel zeigt, dass offensichtlich Rechtsunsicherheit bei der Frage besteht, inwieweit die hier angewandte Regelung in § 219a des Strafgesetzbuches (StGB), die eigentlich nur Werbung für Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt, auch bloße sachliche Informationen durch Ärztinnen und Ärzte über Schwangerschaftsabbrüche erfasst.
Rechtssicherheit für Ärzte schaffen
Deshalb sieht die SPD-Bundestagsfraktion hier gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um zu gewährleisten, dass eine Information über Möglichkeiten des legalen Schwangerschaftsabbruchs für Schwangere transparent und zugänglich ist. Am 22. Februar 2018 wurden im Deutschen Bundestag mehrere Gesetzentwürfe für eine Aufhebung beziehungsweise Änderung von § 219a StGB beraten.
Auch die SPD-Bundestagsfraktion hat im Dezember einen Gesetzentwurf beschlossen, der eine Aufhebung des § 219a StGB vorsieht. Dabei geht es uns sowohl um die Schaffung von Rechtssicherheit für Ärztinnen und Ärzte als auch um die Sicherung der Rechte der betroffenen Frauen. Der Schwangerschaftsabbruch ist eine medizinische Leistung für Frauen in einer Notlage. Ärztinnen und Ärzten ist die Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs erlaubt, wenn die Schwangere durch eine Bescheinigung nachweisen kann, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff in einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle hat beraten lassen und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind. Über einen erlaubten Eingriff müssen Ärztinnen und Ärzte sachlich informieren dürfen, ohne sich der Gefahr der Strafverfolgung auszusetzen.
Sachliche Information muss möglich sein
Gleichzeitig haben betroffene Frauen ein Recht auf freie Arztwahl und auf gute Information. Dies schließt mit ein, dass das Recht auf Information selbstverständlich auch für sachliche Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch im Rahmen des Angebotsspektrums einer Arztpraxis gelten muss. Dabei geht es allerdings ausdrücklich nicht um eine Abschaffung des generellen Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche oder darum, anpreisende oder reißerische Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu ermöglichen. Eine solche Form der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche ist unabhängig von § 219a StGB bereits durch das ärztliche Berufsrecht untersagt. Das soll auch so bleiben.
Die entsprechenden Regelungen im ärztlichen Berufsrecht sind aus der Sicht der SPD-Bundestagsfraktion ausreichend, um eine unangebrachte Form der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche effektiv zu verhindern. Deswegen besteht auch unter diesem Gesichtspunkt keine Notwendigkeit, hier mit dem Strafrecht anzusetzen und Ärztinnen sowie Ärzte zu kriminalisieren.
SPD sucht parteiübergreifenden Kompromiss
Wir als SPD-Bundestagsfraktion haben unseren Gesetzentwurf zunächst nicht in den Deutschen Bundestag eingebracht. Denn wir setzen weiter auf Gespräche mit CDU/CSU, FDP, Grünen und Linken, um eine fraktionsübergreifende Lösung zu erarbeiten, die im Deutschen Bundestag eine Mehrheit findet. Wir müssen sicherstellen, dass Frauen sich objektiv über Schwangerschaftsabbrüche informieren können und Ärztinnen und Ärzte sich dadurch nicht strafbar machen. Denkbar wäre eine Kompromisslösung, nach der § 219a StGB nicht gestrichen wird, wir aber durch eine gesetzliche Klarstellung die Rechtsunsicherheit für Ärztinnen und Ärzte beseitigen und das Recht auf sachliche Information über Schwangerschaftsabbrüche für betroffene Frauen gewährleisten. Ich hoffe, dass wir im Deutschen Bundestag schon bald entsprechende gesetzliche Änderungen verabschieden können – möglicherweise über den Weg von Gruppenanträgen.
Thomas Trutschel/photothek.net
ist stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion