Wie sich SPD-Ortsveine bundesweit vernetzen
Am 12. Januar, Punkt 18 Uhr wurde auf mehreren Tausend Facebook-Seiten von SPD-Gliederungen und -Mitgliedern derselbe Text veröffentlicht, dazu ein identisches Foto. Der Grund war kein technischer Fehler oder gar ein Hacker-Angriff: Die SPD-Gruppen beteiligten sich an einer Online-Demo gegen rechtes Gedankengut. „Wir sind viele gegen rechts“ lautete das Motto. Der dazugehörige Hashtag schaffte es zeitweise in die deutschen Twitter-Trends.
„In Zeiten, in denen rechtes Gedankengut im Rahmen der Corona-Proteste wieder salonfähig wird, wollten wir ein Zeichen setzen“, erklären die Initiatoren der Aktion vom Ortsvereinsnetzwerk „Wir sind viele“. Das hat sich vor einem knappen Jahr gegründet. Mehr als 50 SPD-Gruppen aus dem gesamten Bundesgebiet gehören mittlerweile dazu. Die Idee zu der Online-Demo kam bei einem digitalen Treffen im Dezember.
Das Ziel: 100 Ortsvereine bis Ende des Jahres
„Als ich gemerkt habe, wie viele Ortsvereine mitmachen, war das schon ein Gänsehautmoment“, sagt Fabienne Quednau. Sie ist Beisitzerin im SPD-OV Kerpen-Sindorf und eine der treibenden Kräfte hinter dem Ortsvereinsnetzwerk. Die Online-Demo sei der bisher größte Erfolg seit der Gründung im April 2021. „Unser Ziel war damals, einen Ortsverein aus jedem Bundesland dabeizu-haben“, berichtet Quednau. Das wurde schnell übertroffen. Schon drei Wochen nach der Gründung waren 25 Ortsvereine dabei. Nach der Online-Demo sind es inzwischen 50. „Unser neues Ziel sind 100 bis Ende des Jahres“, sagt Fabienne Quednau. Allerdings stoße die vollständig ehrenamtliche Organisation inzwischen an ihre Grenzen. „Die Seite zu moderieren, ist manchmal ein Vollzeit-Job.“ Vieles, was das Netzwerk macht, läuft über Facebook und WhatsApp. Persönlich getroffen haben sich bisher die -wenigsten.
Ende Januar können sie sich immerhin mal in die Augen schauen. Aktive aus 24 Ortsvereinen haben sich an diesem Abend per Video-Konferenz zusammengeschaltet, um neue Aktionen zu planen. Mit dabei sind erstmals auch Vertreterinnen und Vertreter von SPD-Auslandsfreundeskreisen, etwa aus England, Belgien oder Norwegen. -Martin Nissen, der Co-Vorsitzende der SPD International, des Zusammenschlusses aller Auslandsfreundeskreise und -ortsvereine, ist aus Mexiko-Stadt zugeschaltet. Bei ihm ist später Vormittag. Für Nissen und die anderen gehören Treffen per Videokonferenz schon immer zur Parteiarbeit dazu: Einmal im Monat treffen sie sich auf diese Weise.
Erstes persönliches Treffen geplant
„Wie machen das die anderen? Was kann ich daraus für die eigene Arbeit mitnehmen?“ Das seien die Fragen gewesen, die im vergangenen Jahr zur Gründung des Ortsvereinsnetzwerks „Wir sind viele“ geführt hätten, erklärt Branko Appelmann, der Vorsitzende des Ortsvereins Kerpen-Sindorf. „Wir wollen mehr sein als ein digitaler Stammtisch.“ Das hat sich schon im Bundestagswahlkampf gezeigt. Da produzierte das Netzwerk ein Video, das die vielfältige Arbeit der SPD vor Ort zeigt, vom Müllsammeln in Halle, über das Putzen von Stolpersteinen in Berlin-Schöneberg bis zum Jugendfußball-Turnier in Teltow. Sogar der damalige Kanzlerkandidat Olaf Scholz schickte einen Gruß.
Für dieses Jahr haben sich „Wir sind viele“ auch einiges vorgenommen. Im März ist ein Format auf Facebook angelaufen, bei dem Spitzenpolitikerinnen und -politiker sich mit der Parteibasis austauschen. Der „vorwärts“ ist Kooperationspartner. Auch eine Themenwoche, mit der sie fürs Impfen werben wollen, soll bald stattfinden. „Es wäre super, wenn Karl -Lauterbach auch mitmachen würde“, sagt Fabienne Quednau. Und kurz nach dem einjährigen Jubiläum im April soll es eine Premiere geben: Im Mai oder Juni wollen sich die Aktiven des Ortsvereinsnetzwerks zum ersten Mal persönlich treffen, wahrscheinlich in Berlin.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.