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SPD-Chefin Nahles: Mehr Sozialstaat statt Steuergeschenke für Reiche

Die SPD will mehr Sozialstaat. Arbeitgeber und Union kritisieren, das kostet zu viel Geld. Stimmt nicht, entgegnet Andrea Nahles. „Was wir vorschlagen, wird am Ende mehr Arbeit schaffen“, sagt die Parteichefin.
von Vera Rosigkeit · 11. Februar 2019

Für SPD-Chefin Andrea Nahles steht am Montag nicht die Frage zur Debatte, was sich Deutschland leisten kann, sondern was sich Deutschland leisten will. Nach zweitägiger Jahresauftaktklausur des Parteivorstands, auf der ein Konzept für den Sozialstaat der Zukunft beschlossen wurde, geht sie auf Kritiker des Konzepts ein, die immer wieder die Frage nach der Finanzierbarkeit in den Mittelpunkt rücken.

SPD für mehr Sozialstaat

Dabei sei doch längst klar, dass die Vertreter aus „CDU/CSU und FDP das Geld lieber für Reiche ausgeben wollen“, sagt sie am Montag in Berlin. 10 Milliarden Euro würden dem Staat jährlich fehlen, wenn der Soli abgeschafft werde, so Nahles. Genau davon aber profitieren nur die Besserverdienenden.

Mit ihrer Sozialstaatsreform 2025 will die SPD in eine andere Richtung gehen. Es sei Auftrag und Ziel der Sozialdemokratie, den sozialen Zusammenhalt zu stärken, definiert Nahles. Zusammenhalt aber falle nicht vom Himmel, sondern sei „das Ergebnis von Politik“.

Moderne Arbeitnehmerpolitik

Nahles spricht in diesem Zusammenhang von einer klaren Positionierung gegenüber dem Koalitionspartner und einer klaren Aufstellung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Ihr Konzept stehe einerseits für bessere Löhne und mehr Tarifbindung, andererseits für eine moderne Arbeitnehmerpolitik. Als Beispiel nennt Nahles das Recht auf Nichterreichbarkeit sowie Homeoffice und ein Zeitkonto. Dazu zähle aber auch mehr soziale Sicherheit bei Arbeitslosigkeit.

Einerseits soll der Bezug von Arbeitslosengeld I verlängert werden ­– wer länger Beiträge gezahlt hat, soll auch länger im System bleiben können ­–, erklärt Nahles. Andererseits soll es bereits nach drei Monaten einen Anspruch auf Qualifizierung geben. „Das ist etwas ganz Neues“, so Nahles.

Umsetzung in GroKo möglich

Zudem möchte die SPD Hartz IV durch ein Bürgergeld ersetzen. Dass ein Urteil über Sanktionen bei Hartz IV beim Bundesverfassungsgericht ausstehe, sei alleine schon Grund genug darüber nachzudenken, „wie wir das in Zukunft gestalten“, betont Nahles. Teile von dem, was die SPD in ihrem Sozialstaatspapier aufgegriffen habe, kämen so ohnehin in den nächsten Monaten auf die politische Tagesordnung. „Es wäre nicht das erste Mal, dass wir in der Koalition etwas beschließen, das wir nicht im Detail schon im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben“, erklärt sie und hält damit eine Umsetzung der SPD-Pläne in der großen Koalition für möglich. Dabei gehe sie zwar nicht davon aus, dass das ganze Paket umgesetzt werde, „aber ich hoffe doch, dass Teilaspekte umgesetzt werden können“.

Entscheidend sei, dass die SPD Klarheit und einen Konsens habe. Wenn die anderen sich daran reiben, erklärte sie mit Blick auf die Union, nenne sich das Politik. „Davon brauchen wir mehr.“

Mehr Arbeit schaffen

Und auch die Finanzierungsproblematik sieht Nahles nicht. „Alles was wir vorschlagen, wird am Ende mehr Arbeit schaffen“, sagt sie. Das sei eine wichtige Zielmarke für die SPD. Mit mehr Qualifizierungsmaßnahmen für Menschen im Beruf oder für Menschen, die arbeitslos geworden sind, wolle man verhindern, dass sie überhaupt arbeitslos werden bzw. lange im Leistungsbezug blieben.

Gleiches gelte auch für den Vorschlag für eine Grundrente von Arbeitsminister Hubertus Heil, mit der die Lebensleistung von Menschen gewürdigt werden soll. Danach soll, wer 35 Jahre oder mehr gearbeitet hat, im Alter besser abgesichert sein als jemand, der nicht erwerbstätig war. Die Grundrente werde etwas kosten, räumt die Parteichefin ein. Es koste aber auch zunehmend, „wenn wir immer mehr Menschen in die Altersarmut rutschen lassen, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Wer glaubt, dass das ein Nullsummenspiel ist, hat sich auch getäuscht.“

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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