SPD-Chef Martin Schulz: Mehr Macht für die Basis in der Partei
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„Die SPD muss den Mut haben, ihre eigene Politik der letzten 20 Jahren zu hinterfragen und darf dabei auch nicht davor zurückschrecken, grundsätzliche Fragen zu stellen und Widersprüche unserer Wirtschaftsordnung zu problematisieren.“ Dieser Satz aus dem Entwurf eines Leitantrags zum SPD-Bundesparteitag im Dezember macht deutlich, vor welch großer Aufgabe die SPD nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl steht.
Mehr Macht für die Basis in der Partei
SPD-Chef Martin Schulz spricht von einer programmatischen aber auch organisatorischen Erneuerung. Der von ihm vorgelegte Entwurf greife Ideen der derzeit stattfindenden Dialogkonferenzen ebenso auf wie Ergebnisse vieler Gespräche und Debatten, die in den letzten Wochen geführt wurden, erklärt Schulz am Montag im Anschluss einer Präsidiumssitzung seiner Partei in Berlin. Es sei ausdrücklicher Wunsch der SPD-Basis, die Partizipation und Einflussnahme aller Mitglieder zu stärken, betont er.
Und auch Schulz wünscht sich mehr Macht für die Basis in der Partei. Dies sei ein wesentlicher Inhalt seines Entwurfs und „bedeute eine Stärkung der gesamten SPD“. In diesem Zusammenhang plädiert er dafür, neue Elemente in die Parteiarbeit einzuführen, die es den Mitgliedern ermöglichen, orts- und zeitungebunden an der Arbeit der Partei teilzunehmen. Schulz möchte Onlineplattformen so ausbauen, dass in ihnen auch entschieden werden kann und ein Antragsrecht möglich ist.
SPD ist Europapartei
Inhaltlich stellt Schulz vier Zukunftsthemen vor: Die Zukunft Europas, das Thema Flucht und Migration, die Zukunft der Arbeit und die Frage nach dem Zusammenhalt in der Gesellschaft. Zu diesen Themen habe er Vorschläge und viele Fragen vorgelegt, die in vier Themenforen „breit“ diskutiert werden sollen. Nicht nur Mitglieder sollen eingeladen werden, sondern alle gesellschaftlich relevanten Gruppen und Personen, „die mit uns diskutieren wollen“, so Schulz. Ziel sei, einen breiten Diskussionsprozess in der Gesellschaft anzustoßen.
Die SPD sei die Europapartei in Europa, betont Schulz. Wer Sicherheit im Wandel im 21. Jahrhundert und Regeln für die Globalisierung und Digitalisierung will, könne diese nur durchsetzen, indem er nationalstaatliche Rahmen überwinde. Für Schulz ist das Ziel europäischer Integration nicht die „marktkonforme Demokratie, sondern die Demokratiegemeinschaft, die den Markt in Europa formt“.
Urwahl stößt auf Sympathie
Am 20. November will Schulz den Entwurf im Parteivorstand diskutieren, bis dahin werden alle derzeit noch stattfindenden regionalen Dialogkonferenzen abgeschlossen sein. Dann werde die Parteiführung auch über die personelle Aufstellung der Partei beraten und über die aktuelle Forderung der Jusos nach einem Posten im SPD-Parteivorstand für die scheidende Juso-Chefin Johanna Uekermann entscheiden.
Die Möglichkeit, den SPD-Vorsitzenden künftig per Urwahl zu wählen, soll ebenfalls zur Debatte stehen. Bei Schulz stößt sie auf Sympathie. Allerdings müsse eine solche Wahl mit dem Parteirecht „kompatibel sein“, betont Schulz.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.