So will die SPD den Sozialstaat fit für die Zukunft machen
Mit großer Einigkeit hat die SPD-Führung am Sonntag das Konzept für einen „Neuen Sozialstaat für eine neue Zeit“ beschlossen. Es gab weder eine Gegenstimme noch eine Enthaltung im Parteivorstand, der Sonntag und Montag im Rahmen seiner Jahresauftaktklausur in Berlin tagt. „Sie sehen eine gut gelaunte und positiv gestimmte Parteivorsitzende hier stehen“, machte SPD-Vorsitzende Andrea Nahles denn auch gegenüber Journalisten klar.
Weniger Sanktionen und ein Recht auf Weiterbildung
Das neue Konzept sieht vor, dass das von Gerhard Schröder eingeführte Hartz-IV-System durch ein „Bürgergeld“ ersetzt werden soll. Betroffene sollen künftig zwei Jahre davon verschont werden, dass ihr Vermögen herangezogen und ihre Wohnungsgröße überprüft wird. Insgesamt soll es weniger Druck und Sanktionen geben. Denn auch wenn die Mitwirkungspflichten für Arbeitslose bestehen bleiben, sollen doch „überflüssige Sanktionen abgeschafft“ und ein „Recht auf Weitebildung“ eingeführt werden.
Wer lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll bis zu drei Jahren Arbeitslosengeld beziehen. Bisher wurde das Arbeitslosengeld ein bzw. zwei Jahre gezahlt, je nach Alter der Empfänger. Das bedeutet, dass ältere Arbeitslose bis zu neun Monate länger Arbeitslosengeld I bekommen können und ihre „Lebensleistung“ stärker gewürdigt wird. Der Mindestlohn soll nach dem Willen der SPD mit seiner Überprüfung 2020 auf 12 Euro angehoben werden.
Der Staat als Partner
„Das ist wirklich ein ganz neuer Anfang, eine neue Haltung“, betonte Nahles. Der Staat solle von den Bürgerinnen und Bürger als Partner und nicht als Kontrolleur wahrgenommen werden. „Wir können mit Fug und Recht sagen: Wir lassen Hartz IV hinter uns und ersetzen es nicht nur dem Namen nach“, so Nahles. „Das Recht auf Arbeit“ solle gestärkt werden.
Konkret sieht das neue Sozialstaatskonzept vor, dass Arbeitslose schon nach drei Monaten ein Recht auf Weiterbildung bekommen, bei jüngeren Arbeitslosen sollen bei Verstößen gegen sogenannte Mitwirkungspflichten gegenüber des Arbeitsamtes Leistungen nicht soweit gekürzt werden, dass sie Gefahr laufen, ihre Wohnung zu verlieren. Außerdem soll im Zeitalter der Digitalisierung ein Recht auf Homeoffice und mobiles Arbeiten durchgesetzt werden.
Eine neue sozialdemokratische Politik
Mit einer neuen Kindergrundsicherung soll Kinderarmut in Deutschland verringert und gerade Alleinerziehende sollen besser unterstützt werden. Die verschiedenen Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzugschlag sowie das Bildungs- und Teilhabepaket sollen nicht mehr miteinander verrechnet, sondern mit der Kindergrundsicherung als eine Leistung aus einer Hand angeboten werden. „Kinder gehören einfach nicht in die Sozialhilfe“, machte Nahles klar.
Die SPD-Vorsitzende betonte, das Konzept sei das Ergebnis eines beispiellosen Erneuerungsprozesses. „Wir haben den Menschen zugehört und Tausende Diskussionen geführt. Dieser Prozess ist nun abgeschlossen.“ Die SPD habe „eine neue sozialdemokratische Politik“ geformt.
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.