So will die Bundesregierung mit einem Digitalcheck Gesetze verbessern
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Die Bundesregierung macht Tempo bei der Digitalisierung ihrer Gesetzgebung: Um die Verbindlichkeit dafür weiter zu erhöhen, ist für Ende August auf einer Kabinettsklausur in Meseberg ein entsprechender Beschluss dazu geplant. Darin will die Bundesregierung alle Ressorts verpflichten, „digitaltaugliche Gesetze zu verabschieden“, so der Staatssekretär im Bundesinnenministerium Markus Richter. Er verspricht sich von der „Selbstverpflichtung aller Häuser“ einen „Schub“ bei der Digitalisierung der Gesetzgebung des Bundes. So könne künftig jedes Ressort dem Gesetz eines anderen Ressorts die Zustimmung im Kabinett verweigern, wenn der Digitalcheck nicht gemacht worden sei.
Der Digitalcheck wird bereits seit Januar für neue Gesetzesvorhaben des Bundes angewendet. Mit ihm wird geprüft ob und inwieweit neue Regelungen im Gesetz digital umsetzbar sind. Das Ziel dieser Prüfung auf Digitaltauglichkeit: Bürger*innen, Verwaltungen und Unternehmen sollen staatliche Leistungen künftig problemlos online nutzen können.
Fortschritte sind bereits sichtbar
Die Anwendungsquote dieses Digitalchecks hat sich seit Januar deutlich erhöht. Wurde sie Anfang des Jahres erst bei 13 Prozent der Gesetzesvorhaben genutzt, liegt die Nutzung aktuell bereits bei 87 Prozent. Diese positive Entwicklung stimmt Innenstaatssekretär Richter „total hoffnungsfroh“.
Konkret sieht der Digitalcheck eine zweistufige Prüfung vor: In der ersten Stufe wird geklärt, ob es im geplanten Gesetz einen Digitalbezug gibt. Wird dies bejaht, folgt die zweite Stufe: Hier wird geklärt, ob die wesentlichen Prinzipien der digitalen Gesetzgebung eingehalten werden. Sie betreffen etwa die digitale Kommunikation, die Wiederverwendung von Daten und Standards – wenn sie einmal in der Verwaltung vorliegen, sollen sie nicht erneut abgefragt werden –, den Datenschutz und die Informationssicherheit. Eine wichtige Folge der Digitalisierung: Das Schriftformerfordernis, das bisher für Gesetze des Bundes galt, wird nicht mehr vorgesehen. Es wird weitgehend abgeschafft beziehungsweise auf ein Minimum reduziert.
Das Ziel: null Klicks für die Bürger*innen
Innenstaatssekretär Markus Richter beschreibt als Ziel der Bundesregierung, dass staatliche Leistungen für Menschen und Unternehmen leicht nutzbar sein sollen. So soll „die Anzahl der Klicks reduziert werden, idealerweise auf Null“. Die Verwaltung solle von sich aus aktiv werden, etwa beim Elterngeld, schließlich wisse der Staat ja bereits, welches Kind wann und wo geboren sei.
Künftig werde es zu einem „sehr sehr frühen Zeitpunkt“ Gespräche geben zwischen den Autor*innen eines Gesetzes und denen, die es anwenden sollen, wie etwa beim Verwaltungsverfahrensgesetz. Das sei „ein Stück weit neu“, so Richter. „Das erfordert mehr Zeit für die Gesetzgebung“, räumt er ein. Aber das sei gut investierte Zeit.
Von anderen Ländern lernen
Man habe sich hier international gute Modelle zeigen lassen. Richter lobt hier besonders Dänemark, als „ein tolles Beispiel“. Im Gespräch mit den Experten vor Ort „konnten wir viel lernen“. Gleichwohl könne man das Ganze nicht als Blaupause übernehmen, da es in Deutschland den Föderalismus gebe, in Dänemark in dieser Form nicht.
A propos Föderalismus: Innenstaatssekretär Markus Richter sieht bei den deutschen Bundesländern bereits jetzt „mehr Sensibilisierung“ für das Thema digitale Gesetzgebung. Man sehe an der Zahl der Workshops ein „hohes Interesse bei den Ländern“, den Digitalcheck auch für ihre eigene Gesetzgebung einzuführen.
Digitalcheck wird sehr folgenreich sein
Wie wichtig der Ampel-Koalition das Thema ist, betont auch Jens Zimmermann, der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, gegenüber dem „vorwärts“. Im Koalitionsvertrag sei klar „vereinbart, dass alle Gesetze einem Digitalisierungscheck unterzogen werden sollen“. Auch wenn das zunächst unscheinbar klinge und in der Öffentlichkeit noch nicht viel Aufmerksamkeit erfahren habe, ist Zimmermann überzeugt: „Es wird aber sehr folgenreich sein.“
So sei die Durchführung des Digitalchecks „grundsätzlich Voraussetzung dafür, dass ein Regelungsvorhaben in das Kabinett eingebracht“ werden könne. Bis Juni 2025 werde das Bundesinnenministerium den Digitalcheck als ein etabliertes Verfahren ressortübergreifend und interdisziplinär sicherstellen, um digitaltaugliche Regelungen zu erarbeiten – „und zwar von Anfang an und unter Einbeziehung aller Akteure“. Dann sei es Aufgabe des Normenkontrollrates, zu prüfen, ob der Digitalcheck ordnungsgemäß ausgeführt wurde.
Jens Zimmermann: mehr Verbindlichkeit
„Ich plädiere – gerade auch mit Blick auf die Einbeziehung aller Akteure wie etwa Länder, Kommunen, Parlamente – zudem dafür, dass der Digitalcheck eine rechtliche Grundlage bekommt und zumindest in der gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung festgeschrieben wird“, so Zimmermann. Er verweist auf weitere Vorhaben des Koalitionsvertrages, wie „der vollständig digitalen und medienbruchfreien e-Gesetzgebung“.
Der Digitalexperte der SPD-Bundestagsfraktion ist zuversichtlich: „Trotz angespannter Haushaltslage wird das Bundesinnenministerium die hierfür notwendigen Mittel zur Umsetzung dieser wichtigen digitalpolitischen Vorhaben der Fortschrittskoalition bereitstellen. All dies wird eine zeitgemäße Digitalisierung des Bundesrechts – und zwar für alle Entwürfe zu Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften - sicherstellen.“