So plant die SPD die Zukunft der Innenstädte
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Der SPD-Parteivorstand hat ein Positionspapier zur Zukunft der Innenstädte beschlossen. Die Zentren müssten sich wandeln und dazu brauche es eine Leitidee, heißt es darin. Die SPD will den Kommunen bei der integrierten Neuplanung helfen.
Zentren prägen den Charakter der Kommunen
Der Hintergrund ist, dass viele Ortskerne sich verändern. Inhabergeführte Geschäfte schließen, weil sie Kund*innen an den Online-Versandhandel verloren haben oder mit großen Filialketten nicht mithalten können. Kulturbetriebe oder soziale Angebote verschwinden aus den Zentren, weil die Mieten zu hoch sind. Die Corona-Krise verstärkt die Entwicklung.
Die Innenstädte seien aber wichtig für die Entwicklung der Gesamtstadt, betont das SPD-Papier. Sie seien „Wirtschaftsorte, Freizeit-, Kultur-, Erlebnis- und Begegnungsräume, Visitenkarten und oft auch Tourismusmagneten“. Sie prägten das baukulturelle Erbe und Image der Kommunen, seien damit identitätsstiftend. Die Innenstädte müssten daher lebendige Orte sein – zum Leben und Wohnen, für Handel und Arbeit.
„Sofortprogramm Stärkung der Innenstädte“ gefordert
Die SPD schlägt daher eine Reihe von Maßnahmen vor. Dazu gehört ein „Sofortprogramm Stärkung der Innenstädte“, wie es in ähnlicher Form auch der Deutsche Städtetag fordert. Das Programm würde Kommunen ermöglichen, leerstehende Immobilien anzukaufen und umzunutzen, um das Viertel zu beleben. Aus Büroflächen könnten so preisgünstige Wohnungen werden oder auch Kultur- und Wirtschaftsstandorte. Parallel dazu sollen Zusammenschlüsse von Eigentümer*innen und Gewerbetreibenden unterstützt werden, die Konzepte für die jeweilige Innenstadt entwickeln und auch das City-Marketing vorantreiben.
Zweitens sollen die Städtebauförderprogramme von Bund und Ländern weitergeführt werden, um die Innenstädte zu entwickeln. Insbesondere das Förderprogramm „Lebendige Zentren“ soll auch in Zukunft mit ausreichend Geld ausgestattet werden. Damit Kommunen leichter an die Mittel kommen, soll der Verwaltungsaufwand verringert werden. Finanzschwache Kommunen sollen die Förderung mit einem geringeren Eigenanteil nutzen können – oder vorübergehend auch ganz ohne finanzielle Selbstbeteiligung.
Drittens fordert die SPD weitere Änderungen im Bauplanungs- und Bodenrecht, die noch über die jüngste Baurechtsnovelle hinausgehen. Dazu gehört ein Recht der Kommunen, Flächen und leerstehende Immobilien in zentralen Lagen selbst erwerben oder belegen zu können. Weiter heißt es im SPD-Papier: „Um den Städten und Gemeinden eine aktive und nachhaltige Bodenbevorratung zu ermöglichen und Handlungsspielräume für Stadtentwicklung zu erweitern, sollten vermehrt Bodenfonds auf regionaler oder kommunaler Ebene eingerichtet werden.“ Bund und Länder sollen diese Fonds unterstützen, etwa indem sie entbehrliche Grundstücke „zu adäquaten Preisen” abgeben.
Zehn weitere Maßnahmen
Darüber hinaus schlägt die SPD zehn weitere Maßnahmen vor. Unter anderem soll der Lärmschutz angepasst werden, um klare Regelungen für ein Neben- und Miteinander verschiedener Nutzungsarten zu schaffen. Auf Dächern könnten vermehrt Solaranlagen oder kleine urbane Gärten geschaffen werden, regt die SPD an. Der Wettbewerb zwischen den Geschäften vor Ort und Online-Handel soll fairer werden – daher will die SPD Online-Riesen gerecht besteuern und anständige Arbeitsbedingungen durchsetzen. Gefordert werden auch weitere Überbrückungshilfen und Förderprogramme für den stationären Einzelhandel.
Ein weiterer Punkt ist die Digitalisierung. Innenstädte sollen mit digitalen Plattformen gestärkt werden – dazu gehören auch regionale Online-Marktplätze. Die SPD will sogenannte Reallabore etablieren, um innovative Veränderungsprozesse zu erproben – etwa die Vernetzung des Einzelhandels in „virtuellen Warenhäusern“. Neben finanzieller Förderung seien dafür auch mehr rechtliche Spielräume notwendig, meinen die Sozialdemokrat*innen.
Neues Gewerbemietrecht und „soziale Ladenraumförderung”
„Hinzukommen muss eine Initiative zur Stärkung weniger zahlungskräftiger, inhabergeführter Einzelhandelsgeschäfte im Gewerbemietrecht“, ist im Positionspapier zu lesen. Damit will die SPD verhindern, dass Kleingewerbetreibende oder soziale und kulturelle Projekte aus der Innenstadt vertrieben werden. „Wir wollen prüfen, inwieweit Regelungen des sozialen Mietrechts wie Kündigungsschutz, Mietspiegel und Mietpreisbegrenzungen auf den Gewerbebereich übertragbar sind.“
Die SPD fordert sogar eine „soziale Ladenraumförderung“, die sich am Konzept der Sozialwohnungen orientiert. Die Idee: Mit einer finanziellen Förderung könnten sich Kommunen Belegungsrechte für Ladenräume sichern. So könnten sie mitbestimmen, wer die Räume zu welchen Mietpreisen nutzen darf.
Mobilitätswende und Altschulden-Lösung
Über fehlende Räumlichkeiten klagen häufig auch Kulturbetriebe wie Kinos, Stadtteilzentren oder Musikclubs. Bedrohte Kulturräume müssten gesichert werden. „Der Bund ist mit in der Verantwortung“, betont die SPD. Eine wichtige Rolle für die Zukunft der Innenstädte spielt nach Ansicht der Sozialdemokrat*innen auch die Mobilitätswende: „Wir brauchen eine umwelt- und nutzerfreundliche Mobilität, nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes.“ Der ÖPNV, Fuß- und Radverkehr müsse weiter gestärkt werden und es brauche City-Logistikkonzepte, um die Ortskerne emmissionsarm zu beliefern.
Der abschließende Punkt in der SPD-Liste: Die Kommunen bräuchten eine hinreichende Finanzausstattung. Hier verweist die SPD auf das ungelöste Problem der kommunalen Altschulden. Diese sollen jeweils zur Hälfte vom Bund und den jeweiligen Ländern übernommen werden, fordert die Partei weiterhin. Schließlich sei der Investitionsbedarf gerade da besonders hoch, wo Kommunen aufgrund des Strukturwandels der vergangenen Jahrzehnte hohe Sozialausgaben und unterdurchschnittliche Einnahmen haben.
Der Beschluss wurde am vergangenen Samstag vom Parteivorstand gefasst, einen Tag vor dem Bundesparteitag. Am Dienstag soll er im Rahmen einer kommunalpolitischen Konferenz der SPD-Bundestagsfraktion der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Der Bericht erschien zuerst auf demo-online.de
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.