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Warum Sigmar Gabriels USA-Reise besser verlief als befürchtet

Außenminister Sigmar Gabriel zeigt sich „sehr zufrieden“ mit seiner Reise nach Washington. Er traf US-Außenminister Tillerson und wurde von Vizepräsident Pence im Weißen Haus empfangen. Doch wie wertvoll sind deren Zusagen, wenn Präsident Trump und seine Berater eine ganz andere Politik verfolgen?
von Lars Haferkamp · 3. Februar 2017
Mit offenen Armen empfangen: Außenminister Sigmar Gabriel (l.) mit US-Außenminister Rex Tillerson in Washington
Mit offenen Armen empfangen: Außenminister Sigmar Gabriel (l.) mit US-Außenminister Rex Tillerson in Washington

Die Sorgen in Berlin waren groß vor der Reise Sigmar Gabriels nach Washington. Der neue US-Präsident Donald Trump hatte durch seine ersten Dekrete und Statements weltweit zahlreiche Irritationen und Proteste ausgelöst. Für die Außen- und Sicherheitspolitiker war wohl seine Äußerung, die Nato sei „obsolet“, am irritierendsten.

Gabriel erhält positive Signale in Washington

Der neue deutsche Außenminister musste sich also auf einiges gefasst machen. Doch so schlimm, wie von manchen Beobachtern befürchtet, war es gar nicht. Ganz im Gegenteil. Ein gutes Signal gleich zu Beginn: Gabriel trifft nicht nur seinen Amtskollegen Rex Tillerson, er wird auch im Weißen Haus empfangen von Vizepräsident Mike Pence. Ende Februar will der Vizepräsident zur Münchner Sicherheitskonferenz kommen. Auch das wird als positives Signal verstanden.

Nach den Gesprächen gibt Gabriel in der deutschen Botschaft in Washington eine Pressekonferenz. Erleichterung ist ihm dabei anzumerken. „Beide Gesprächspartner, Herr Pence und Herr Tillerson, haben klar gemacht, dass sie ein großes Interesse an einer Stärkung Europas haben“, betont Gabriel. „Und dass sie auch die Entscheidung Großbritanniens, die Europäische Union zu verlassen, nicht verwechseln mit dem Beginn eines Auseinanderbrechens der Europäischen Union.“

Transatlantische Beziehungen ausbauen

Das ist ein wichtiges Signal, denn frühere Äußerungen von Trump und seiner Umgebung deuteten in die Richtung, dass Washington Europa weniger als Partner, sondern als Konkurrenten sieht, den es zu schwächen gelte. Donald Trump etwa sprach vom fantastischen Brexit, dem sicherlich noch weitere Austritte folgen würden. In Berlin und Brüssel schrillten die Alarmglocken. Nun sieht Gabriel nach seinen Gesprächen ein „großes Interesse am Ausbau der transatlantischen Beziehungen nicht nur zu Deutschland und Europa, sondern auch zur Nato“.

Für Deutschland besonders bedrohlich klang die Kritik Trumps am deutschen Exportüberschuss gegenüber den USA und seine Drohung mit Strafzöllen etwa für deutsche Autobauer. Auch dieses Thema sprach Gabriel offen an. „Für uns ist völlig klar, die Vereinigten Staaten genauso wie wir in Deutschland große Wertschöpfungsketten, wo sie nicht so einfach einzelne Teile herausbrechen können und mit Zöllen belegen können.“ Zumindest bei Außenminister Tillerson scheint er dabei auf Verständnis gestoßen zu sein. „Das scheint mir vor allem auch Herrn Tillerson absolut klar zu sein“, so Gabriel.

Kein Widerspruch bei Russland-Sanktionen

Konsens sieht Gabriel sogar in der Frage der Russland-Sanktionen. Die bestehenden Sanktionen der EU könnten nur abgebaut werden, wenn es Fortschritte im Minsker Friedensprozess für die Ost-Ukraine gebe. „Dagegen ist von niemandem etwas gesagt worden“, so Gabriel zur Reaktion seiner Gesprächspartner.

Die entscheidende Frage ist jetzt: Welchen Wert haben die Zusagen von Vizepräsident und Außenminister in der konkreten Politik? Noch ist unklar, ob beide den Präsidenten von ihrer Sicht der Dinge auf die transatlantischen Beziehungen überzeugen können. Oder ob Trump seiner bisherigen kritischen Sicht und der seiner engsten Berater treu bleibt. Ein einziger Tweet Trumps könnte die ganze Arbeit der Diplomaten in Washington und Berlin schnell über den Haufen werfen.

Gabriel sieht gute Grundlage

Gabriel zeigt sich nach seiner Reise zuversichtlich. „Ich war sehr zufrieden damit, dass wir hier eine große Bandbreite gemeinsamen Verständnisses hatten“, bilanziert er. „Bei Pence war ich der erste Gast, bei Tillerson der zweite Gast.“ Mit beiden habe er „außerordentlich gute Gespräche“ geführt. „Es war gut, frühzeitig herzukommen“, sagt Gabriel. „Wir haben eine gute Grundlage gelegt für weitere Gespräche.“

So werden die Sorgen in Berlin über den neuen Kurs in Washington nach der Gabriel-Reise zwar nicht verflogen sein. Aber sie dürften – zumindest für den Moment – etwas kleiner geworden sein.

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