53 Tage bis zur Bundestagswahl

Scholz packt das an: SPD startet ihre Wahlkampagne

Jonas Jordan04. August 2021
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil stellt die Wahlkampagne seiner Partei vor.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil stellt die Wahlkampagne seiner Partei vor.
„Scholz packt das an. SPD“ – mit diesem Slogan zieht die Partei in die Endphase des Bundestagswahlkampfes. 53 Tage vor der Wahl am 26. September stellte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil die Kampagne in Berlin vor – an einem ungewöhnlichen Ort.

Matrjoschka sind aus Holz gefertigte und bunt bemalte, ineinander schachtelbare, russische Puppen. Seit diesem Mittwoch haben sie auch für die SPD eine besondere Bedeutung. Der im Berliner Kino „Delphi Lux“ unweit des Bahnhof Zoo erstmals gezeigte Werbespot für die Bundestagswahl stellt die Frage: „Was ist eigentlich drin in der SPD?“ Die Antwort wird mit vier aufeinander folgenden Matrojschkas dargestellt: eine Gehaltserhöhung für zehn Millionen Beschäftigte durch 12 Euro Mindestlohn; bezahlbare Mieten durch den Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr; Klimaschutz, der auf Innovationen setzt, Jobs sichert und neue schafft sowie stabile Renten für ein würdevolles Leben.

Das alles zusammenbringen und vor allem anpacken soll Kanzlerkandidat Olaf Scholz, weshalb  die Partei mit dem Slogan „Scholz packt das an. SPD“ in die heiße Wahlkampfphase zieht. „Wir haben einen starken Kandidaten, ein starkes Programm und einen klaren Plan“, stellt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Mittwochvormittag die auf den Kanzlerkandidaten zugeschnittenen Kampagne vor. Klingbeil zeigt sich dabei siegessicher: „Die SPD ist bereit, die SPD will gewinnen und wir wollen, dass Olaf Scholz Kanzler wird.“

Dass Scholz der beste der drei Kanzlerkandidat*innen sei, zeigten ihm auch die Reaktionen der Menschen, wenn er im Land unterwegs sei, berichtet Klingbeil. In Umfragen liegt der Finanzminister deutlich vor Armin Laschet von der CDU/CSU und Annalena Baerbock von den Grünen. Auch die SPD hat aufgeholt und liegt inzwischen gleichauf mit den Grünen. Es seien deutliche Qualitätsunterschiede bei den drei Kanzlerkandidat*innen zu erkennen, sagt Klingbeil: „Während zwei sich zerlegen, tritt einer hervor. Er liefert als Vizekanzler und Finanzminister. Die Menschen trauen ihm zu, dass er das Land führen kann.“

Klingbeil sieht Nervosität bei der Union

Bei der Union erkennt Klingbeil dagegen Nervosität. Als Beleg führt er an, dass bei gleich zwei geplanten Aufeinandertreffen der Kandidat*innen die Teilnahme Laschets von Seiten der CDU/CSU abgesagt worden sein: „Bei Armin Laschet scheint es so, als wolle das Konrad-Adenauer-Haus ihn verstecken, dass er nicht noch mehr Fehler mache.“

Olaf Scholz dagegen ist schon jetzt im ganzen Land unterwegs. Am Montag besuchte er beispielsweise gemeinsam mit SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig einen Box-Club in Schwerin. Scholz wirkte entspannt, fröhlich und zeigte Lust auf Wahlkampf. Der Kanzlerkandidat der SPD wagte gar eine Analogie zum Boxen: „Es ist ein toller Sport, der viel Training verlangt und die ganze Ausdauer fordert. Darum geht es auch, wenn man Deutschland regieren will.“ Gleichzeitig sorge der Sozialdemokrat als Vizekanzler für spürbare politische Verbesserungen, auf internationaler Ebene durch den Beschluss zur globalen Mindeststeuer, national durch schnelle Hilfen für die vom Unwetter betroffenen Menschen, wie Klingbeil ausführt.

Laschet in seinem Heimatland schlagen

Am dem 14. August wird Scholz im ganzen Land präsent sein, mit Großflächenplakaten, aber auch mit zentralen Veranstaltungen. Der Startschuss erfolgt an jenem Tag in Bochum. Mit dabei sein werden auch die Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sein, wie Klingbeil verrät. Zeitpunkt und Ort sind bewusst gewählt. Zum einen ist ab diesem Datum die Briefwahl möglich. Zum anderen legt die SPD im Wahlkampf einen Schwerpunkt auf Nordrhein-Westfalen: „NRW ist die Herzkammer der Sozialdemokratie. Wir wollen Armin Laschet in seinem Heimatland schlagen“, kündigt Klingbeil an.

Dass Laschet kein geeigneter Kandidat ist, um künftig Deutschland zu regieren, zeigt die SPD am Ende noch einmal mit einem zweiten Matrojschka-Spot: „Wer Armin Laschet und die CDU wählt, wählt eine Politik, die Reiche reicher und Arme ärmer macht; Kandidierende, die die CDU an den rechten Rand rücken; erzkatholische Laschet-Vertraute, für die Sex vor der Ehe ein Tabu ist; Minister, die für maue Leistungen statt für Mobilität für morgen sorgen und ein Programm, das inhaltsleer ist“, heißt es darin. Die Matrjoschka dürfte in diesem Wahlkampf noch eine wichtige Rolle spielen.

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Kommentare

SPD startet Wahlkampagne

„Wer Armin Laschet und die CDU wählt, wählt eine Politik, die Reiche reicher und Arme ärmer macht; Kandidierende, die die CDU an den rechten Rand rücken..." Genau diese Aussage muss von der SPD im Wahlkampf in den Vordergrund gerückt werden. Die anderen Faux Pas von Laschet sind eher Nebensache und sind für einen politischen Kurs nach der Wahl irrelevant.

Denn, wie Olaf Scholz richtig betont, sind die Steuerpläne Laschets geradezu von Zynismus geprägt, da die dadurch entstehenden Haushaltslücken mit Sicherheit durch Kürzungen von Sozialleistungen gedeckt werden sollen, was Laschet vor der Wahl natürlich verschweigt.

Geringe Chancen nutzen

Niemand wird bestreiten können, dass die Umfragen schlecht sind. Findet bis Ende des Monats kein Umschwung statt, muss mit einer Niederlage gerechnet werden. Anders als in früheren Wahlkämpfen sollte man nicht zu sehr auf einen Endspurt-Sieg hoffen, wegen der wohl deutlich vermehrten Briefwahl.

Aber Olaf Scholz hat weiter das Potential, am ehesten als kanzler-tauglich wahrgenommen zu werden. Das könnte die inhaltlich und personell ausgebrannte SPD über die Runden bringen. Landet die Partei vor den Grünen, könnte eine Ampel noch zu realisieren sein.

Mit Blick auf die vermutliche Abwahl der "GroKo" steht die Republik vor einer historischen Zäsur, die man nicht unterschätzen sollte. Die SPD ist aktuell Teil einer Regierung, die "Corona" schlecht gehandhabt hat. Mit vermeintlichen Plänen für einen Lockdown liefert die Regierung gerade auch noch Argumente, um sicher abgewählt zu werden.

Es ist wahrscheinlich, dass die SPD Teil der nächsten Regierungskoalition ist, aber eben eher als Juniorpartner unter Laschet, ergänzt um FDP oder Grüne. Ob das für Land und Partei gut ist, wird die Zeit zeigen. Wir sind wohl vor einem Übergang in neue, "Weimar"-artige Verhältnisse.

Wahlkampf

Richtig ist, daß die SPD ersonell und inhaltlich ausgebrannt ist. Die vielgepriesene Erneuerung fand nicht statt - wo sind die Sozialdemokraten in der SPD ? Olaf Scholz mag als der Kanzlertauglichste unter den Kandidatinnen erscheinen (!!!), aber "unter Blinden ist der Einäugige König". Zur Ampelkoalition: So sehr ich das bürgerrechtliche Engagement von FDPlern wie Wolfgang Kubicki schätze, so sehr bin ich auch sicher, daß mit dieser Partei keine vernünftige Sozialpolitik, noch dazu mit ökologischem Anspruch, machbar ist.

Wahlkampf

Die FDP hatte in den sechziger Jahren mit Flach, Maihofer und Scheel sowie Hamm-Brücher noch gute Ideen, die eine wirklich liberale und nicht die heutige neoliberale Politik beinhalteten, so etwa in den Freiburger Thesen.

In These 4 zur Liberalen Gesellschaftspolitik steht z.B. : "Der Kapitalismus hat, gestützt auf Wettbewerb und Leistung des Einzelnen, zu großen wirtschaftlichen Erfolgen, aber auch zu gesellschaftlicher Ungerechtigkeit geführt. Die liberale Reform des Kapitalismus erstrebt die Aufhebung der Ungleichgewichte des Vorteils und der Ballung wirtschaftlicher Macht, die aus der Akkumulation von Geld und Besitz un der Konzentration des Eigentums an den Produktionsmitteln in wenigen Händen folgen."

In These 4 zum Eigentum heißt es :" Das Recht auf freie Verfügung des Einzelnen über sein Eigentum und auf seinen persönlichen und beruflichen Gebrauch muss daher da seine Grenze finden, wo dies zu unangemessenen und unverhältnismäßigen Einschränkungen anderer oder zu einer Beeinträchtigung des Wohles der Allgemeinheit führt."

Das waren noch Aussagen, von denen Leute wie Lindner nichts mehr wissen, und ob sie noch von unseren SPD-Spitzenpolitikern vertreten werden?

ja, die Partei einmal mehr

läuft sie Gefahr, den möglichen Erfolg eines populären Kandidaten in Frage zu stellen oder ganz zu verhindern. Was sollen Querschüsse wie jetzt der von Walter-Borjans in Bezug auf die Abschiebung von Islamisten und Straftätern nach Afghanistan? Giffey vertritt hier die richtige Position, wird sich aber fragen müssen, ob sie damit glaubwürdig rüber kommt, denn die Parteifunktionäre haben ja ideologisch verbrämte Vorstellungen, die für zu viele Wähler die Wählbarkeit der SPD ausschliessen. Die Umfragewerte der Partei und die des Kandidaten fallen ja nicht vom Himmel. Wer zuviel will, bekommt am Ende gar nicht, so war das bei der Frau des Fischers, und so wird das für die SPD sein.
Also vertretet auch in die Führung mal Positionen, die mehrheitsfähig sind. Eure Ideologie wollen die meisten nicht, sie schreckt die meisten ab.