Rundfunkbeitrag: Die CDU darf sich nicht zum Erfüllungsgehilfen der AfD machen
Florian Gaertner/photothek.net
Eigentlich steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk gut da. In der Coronakrise steigt die Nachfrage nach verlässlichen Informationen. ARD, ZDF, Deutschlandfunk und Co. wird in diesen Zeiten durchweg großes Vertrauen entgegengebracht. Das war nicht immer so. Spätestens seit der „Flüchtlingskrise“ 2015 haftete das von rechten Kreisen ersonnene Etikett der „Lügenpresse“ mehr und mehr vor allem am gebührenfinanzierten Rundfunk.
Ein Streit um 86 Cent
Zeit also, etwas aufzuatmen? Mitnichten. Längst ist eine neue Debatte um die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten entbrannt. Es geht ums Geld. Erstmals seit elf Jahren soll der Rundfunkbeitrag – von vielen immer noch hartnäckig GEZ-Gebühr genannt – zum 1. Januar kommenden Jahres steigen. Statt wie bisher 17,50 Euro sollen alle Haushalte dann 18,36 Euro pro Monat bezahlen, ein Plus von 86 Cent.
Empfohlen hat das die KEF, die „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“. Die Ministerpräsident*innen sind der Empfehlung im März bereits gefolgt, mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt. Dessen CDU-Ministerpräsident Rainer Haseloff enthielt sich bei der Abstimmung.
Doch nun formiert sich der Widerstand. In der vergangenen Woche forderte eine Gruppe von CDU- und CSU-Bundestagsabgeordneten die Ministerpräsident*innen auf, den Beschluss zurückzunehmen. Eine Anhebung des Rundfunkbeitrags sei in der Coronakrise das falsche Signal, so die Begründung. Und auch in Sachsen geht die CDU-Landtagsfraktion auf Distanz zur Zustimmung ihres Ministerpräsidenten Michael Kretschmer.
Die Öffentlich-Rechtlichen stören die AfD
Es mag ein Zufall sein, aber sowohl in Sachsen, wo im vergangenen Jahr gewählt wurde, als auch in Sachsen-Anhalt, wo im kommenden Jahr gewählt wird, sitzt der CDU die AfD im Nacken. Dass die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk am liebsten heute als morgen abschaffen würde, ist kein Geheimnis. Besonders der Leiter des Politmagazins „Monitor“, Georg Restle, oder „Faktenfinder“ Patrick Gensing sind der AfD ein Dorn im Auge, da sie immer wieder mit ihren Recherchen die Propaganda der Partei enttarnen.
Dass öffentlich-rechtliche Medien das Feindbild der Rechten sind, ist bei weitem kein deutsches Phänomen. Vor gut zwei Jahren scheiterte in der Schweiz ein Volksbegehren für die Abschaffung des Rundfunkbeitrags, die wohl das Ende der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) bedeutet hätte, zwar deutlich, doch im Wahlkampf blies allen voran die rechtspopulistische SVP zum Sturm auf die Öffentlich-Rechtlichen. Auch die FPÖ in Österreich und die „Dänische Volkspartei“ wollen in ihren Ländern die Rundfunkgebühren abschaffen.
Polen ist bereits einen Schritt weiter. Dort machte sich die rechtsgerichtete PiS-Regierung die öffentlich-rechtlichen Medien schon 2016 mit einem neuen Rundfunkgesetz gefügig. Seither benennt und beruft der/die Finanzminister*in die Führung der öffentlichen Rundfunkanstalten. Intendant*innen kann er/sie jederzeit und ohne Angabe von Gründen entlassen. Auch der Nationale Rundfunkrat wurde deutlich geschwächt. Das Ziel der PiS ist klar: „nationale Medien“, die Aufträge der Regierung entgegennehmen.
Die Demokratie braucht gut ausgestattete Medien
Auch wenn die Methoden unterschiedlich sind, ist das Ziel stets dasselbe: Unabhängige und kritische Medien sollen so sehr geschwächt werden, dass sie keine Gefahr mehr für die Rechten und ihre Propaganda darstellen. Nicht umsonst haben AfD, FPÖ und Co. In den vergangenen Jahren viel Geld in den Aufbau eigener „Medien“ gesteckt, über die sie die Bürger*innen direkt erreichen wollen – ohne lästige Nachfragen und ohne Kontrolle.
Doch genau das ist die Aufgabe der Medien, allen voran der öffentlich-rechtlichen: Als „vierte Gewalt“ haben sie eine Kontrollfunktion. Um diese ausüben zu können, müssen sie vernünftig ausgestattet sein. Und dafür brauchen sie Geld. Wer ihnen das verweigert – wie gesagt, wie sprechen von 86 Cent im Monat – legt die Axt an die Wurzeln der Demokratie und macht sich zum Erfüllungsgehilfen der Rechten. Die CDU sollte genau überlegen, ob sie das möchte.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.