Reform des Kinderzuschlags: SPD will Familien deutlich entlasten
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Mit einem gemeinsamen Gesetz wollen Franziska Giffey und Hubertus Heil Familien mit geringem Einkommen besserstellen. Die Bundesfamilienministerin und der Bundessozialminister planen, mit einer Reform des Kinderzuschlags und einer Verbesserung für Bildung und Teilhabe zum 1. Juli 2019 einkommensschwache Familien besserzustellen und Familien aus der verdeckten Armut zu holen. Dafür nehmen sie richtig Geld in die Hand: eine Milliarde Euro bis Ende 2021 für die Reform des Kinderzuschlags und weitere 220 Millionen für Bildung und Teilhabe. Die enge Kooperation der beiden Ministerien in dieser Frage beruht auf der Überzeugung, dass Familienförderung nicht isoliert betrachtet werden kann, wenn sie zu echten Verbesserungen führen soll.
Reform soll noch in diesem Jahr ins Kabinett
Konkret sieht das Gesetz, das diese Woche in die Ressortabstimmung gekommen ist und noch Ende des Jahres das Kabinett passieren soll, folgende Punkte vor: Der Kinderzuschlag soll so stark angehoben werden, dass er zusammen mit dem Kindergeld und den verbesserten Leistungen für Bildung und Teilhabe das Existenzminium eines Kindes sichert. Dafür soll zunächst der Höchstbetrag des Zuschlags zum Kindergeld vom 1. Juli 2019 an von 170 Euro pro Kind und Monat auf 183 Euro und in einem zweiten Schritt ab 1. Januar 2021 entsprechend dem festgestellten Existenzminimum angehoben werden. Zusätzlich wird das Kindergeld auch von Juli 2019 an um zehn Euro pro Monat und ab 2021 nochmals um 15 Euro erhöht.
Außerdem wollen Heil und Giffey dafür sorgen, dass Eltern in Zukunft auch dann noch einen Kinderzuschlag bekommen, wenn sich ihr Einkommen geringfügig verbessert. Mit der Abschaffung der sogenannten „Abbruchkante“ sollten Eltern künftig, wenn sie mehr verdienen, als sie für sich selbst brauchen, nur noch 45 Cent pro Euro abgezogen bekommen. Der Kinderzuschlag reduziert sich damit langsamer, wenn das Einkommen der Eltern steigt. Mehr Arbeit soll sich für die Betroffenen wieder lohnen. Familien werden dann so lange unterstützt, bis sie genügend eigenständiges Einkommen erwirtschaften.
Alleinerziehende profitieren deutlich
Alleinerziehende sollen mehr Kinderzuschlag bekommen, auch wenn sie Unterhaltszahlungen oder Unterhaltsvorschuss vom Staat bekommen. Auch das war bisher nicht der Fall. Vielmehr beziehen deswegen bisher nur wenige Alleinerziehende einen Kinderzuschlag, auch wenn sie ihn dringend nötig haben. Auch das Geld, das Kinder sich durch kleine Jobs neben der Schule dazuverdienen, soll künftig nur noch zu 45 Prozent angerechnet werden. Bisher wird dies auch komplett angerechnet. Und Familien, die trotz geringen Einkommens keine Grundsicherung beantragen, haben künftig auch ein Anrecht auf den Kinderzuschlag. Das ist bisher nicht der Fall.
Damit Eltern vor den bürokratischen Hürden nicht mehr zurückschrecken, wollen die SPD-Minister diesen Aufwand deutlich reduzieren: Künftig müssen betroffene Familien nicht mehr jede Einkommensveränderung sofort melden und den Kinderzuschlag entsprechend neu beantragen, sondern er soll grundsätzlich für sechs Monate gewährt werden.
Schülertickets wieder kostenfrei
Mit den zusätzlich geplanten Änderungen im Bildungs- und Teilhabepaket wollen die beiden SPD-Minister die Situation für arme Familie weiter verbessern: So erhöht sich vom nächsten Schuljahr an der Zuschuss zum persönlichen Schulbedarf von 100 auf 150 Euro. Auch die Schülertickets im Öffentlichen Nahverkehr sollen wieder gratis sein und können künftig auch für Fahrten außerhalb des Schulweges genutzt werden. Dafür übernimmt der Bund die Kosten. Von einer staatlich geförderten Nachhilfe sollen betroffene Kindern nicht erst profitieren, wenn sie nachweislich versetzungsgefährdet sind, sondern schon früher.
Abgerundet werden die Pläne des Familien- und des Arbeitsministeriums durch das Gute-Kita-Gesetz, das Bundesfamilienministerin Franziska Giffey bereits auf den Weg gebracht hat: Familien, die den Kinderzuschlag oder Wohngeld erhalten, müssen keine Kita-Gebühren mehr zahlen. Das betrifft rund eine Million Kinder in Deutschland.
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.