Meinung

Rechtsterrorismus: Die Lage ist zu ernst für einen Innenminister Seehofer

Horst Seehofers erste Reaktion auf den rechtsterroristischen Anschlag in Halle ist, die Gamer-Szene stärker überwachen zu wollen. Das zeigt: Er ist als Innenminister chronisch überfordert und sollte jemandem Platz machen, der den Herausforderungen von rechtsextremen Gewalttaten gewachsen ist.
von Jonas Jordan · 14. Oktober 2019
Horst Seehofer sollte als Innenminister zurücktreten.
Horst Seehofer sollte als Innenminister zurücktreten.

Horst Seehofer sollte als Bundesinnenminister zurücktreten. Zweimal hatte er es in der Vergangenheit schon angekündigt, zweimal machte er einen Rückzieher. Das erste Mal, im Juli 2018, wollte er seine Rücktrittsgedanken letztlich nur als Drohgebärde im Flüchtlingsstreit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel verstanden wissen. Im November 2018 entschied er sich dann doch nur dazu, sein Amt als CSU-Vorsitzender aufzugeben. Knapp ein Jahr später ist sein Rücktritt als Innenminister überfällig.

Eine Beleidigung für 40 Millionen Menschen

Denn die aktuelle sicherheitpolitische Debatte nach dem rassistisch und antisemitisch motivierten Anschlag in Halle zeigt, dass Seehofer in seinem Amt schlichtweg überfordert ist. Im vergangenen Jahr konnte ein rechtsterroristischer Anschlag in Chemnitz noch verhindert werden. Im Jahr 2019 häufen sich die Fälle rechtsextremistisch motivierter Gewalt. Im Juni wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke per Kopfschuss getötet. Wenige Wochen später wurde im osthessischen Wächtersbach ein Eritreer angeschossen.

Schließlich wurden am Donnerstag in Halle in Sachsen-Anhalt zwei Menschen bei einem rassistisch und antisemitisch motivierten Anschlag getötet. Horst Seehofers Reaktion darauf ist ebenso planlos wie verheerend. Reflexhaft forderte der Bundesinnenminister, „die Gamer-Szene stärker in den Blick zu nehmen“. Seehofers Äußerung ist zum einen eine Beleidigung für 30 bis 40 Millionen Menschen in Deutschland, die regelmäßig Videospiele zocken.

Seehofers Aussagen gehen am Thema vorbei

Zum anderen geht sie auch vollkommen am Thema vorbei. Zwar bedienen sich Rechtsextreme immer stärker Online-Plattformen, um sich selbst und ihre Taten zu inszenieren, weswegen die Extremismusforscherin Julia Ebner beispielsweise von „gamifiziertem Terror“ spricht. Doch sich in der politischen Debatte allein darauf zu konzentrieren, verkennt, dass Plattformen wie der Streamingdienst Twitch nur ein Instrument, jedoch nicht die Ursache rechtsterroristischen Handelns sind. Das Problem ist nicht die Gaming-Szene. Das Problem sind Rechtsextreme, wie SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Montag zu Recht betonte.

Wenn Bundesinnenminister Horst Seehofer, der schon in der Vergangenheit nicht durch besonders entschlossenes Handeln im Kampf gegen Rechtsextremismus aufgefallen ist, nicht bereit ist, das zu begreifen, sollte er lieber seinen Hut nehmen. Denn die Lage ist zu ernst für einen Bundesinnenminister im Vorruhestand. Im Kampf gegen Rechts braucht es entschlossenes Handeln.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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