Parteivorsitz: Mitglieder wünschen sich Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans
Die kommissarische Parteivorsitzende Malu Dreyer machte es am Samstag noch einmal kurz spannend, als sie das Ergebnis der Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz verkündete – denn sie verkündete erst das Ergebnis für die Zweitplatzierten: Klara Geywitz und Olaf Scholz erhielten bei der finalen Abstimmungsrunde 46,33 Prozent. Ein Ergebnis, für das die beiden Kandidierenden Applaus im Willy-Brandt-Haus erhielten, bevor schließlich das Ergebnis für Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans verkündet wurde. 53,06 Prozent der Genossinnen und Genossen, die eine gültige Stimme abgegeben hatten, wünschen sich dieses Duo an der Spitze der SPD.
Ein Ergebnis, dass im Applaus und Jubel der umstehenden Helfer, Wegbegleiter und ehrenamtlichen Auszähler unterging. Die Wahlbeteiligung war gegenüber der ersten Runde, als das Duo Nowabo/Esken noch auf dem zweiten Platz, dicht hinter Scholz und Geywitz gelandet war, noch leicht gestiegen: 54 Prozent der rund 430.000 Parteimitglieder hatten per Brief oder auf dem digitalen Weg sich für eines der beiden Duos entschieden. Genau 216.721 abgegebene Stimmen waren gültig, 3480 davon waren Enthaltungen. Auf Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans entfielen 114.995 Stimmen, auf Klara Geywitz und Olaf Scholz 98.246.
Damit trennen Erst- und Zweitplatzierte nur etwas mehr als 16.000 Stimmen – ein knappes Ergebnis. Von Siegern und Gewinnern mochte auf dem Podium aber keiner sprechen – die ersten Worte der Duos galten dem Zusammenhalt in der Partei. Klara Geywitz, die als erste das Wort ergriff, bekräftigte noch einmal eine Aussage der vergangenen Wochen: „Wir wollen die SPD wieder stark machen." Dafür sicherte sie Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ihre Unterstützung zu, ergänzt von Olaf Scholz: „Die SPD hat eine Entscheidung getroffen, hinter der sich jetzt alle versammeln müssen."
Das griff auch Saskia Esken in ihrer kurzen Ansprache auf: „Wir sind alle Sozialdemokraten", betonte sie. Sie erinnerte außerdem daran, dass während der Auseinandersetzung mit den anderen Duos, während der Debatten, der Umgangston immer fair und freundschaftlich gewesen sei. „Wir müssen zusammenbleiben", appellierte Nowabo an die innerparteiliche Solidarität. Dass die Mitglieder ihnen beiden nun die meisten Stimmen gegeben hatten, beschrieb Esken als „ziemlich großartig."
„Das war erst der Anfang"
Norbert Walter-Borjans richtete nach einem kurzen Rückblick auf die Tour mit den 23 Regionalkonferenzen den Blick nach vorne: „Diese Ochsentour war erst der Anfang. Davon wird noch mehr kommen." Der Kontakt zu den Mitgliedern, die Debatten, das solle künftig auch so bleiben. „Das wollen wir stärken“, rief er in den lang anhaltenden Applaus hinein. Die scheidende kommissarische Parteivorsitzende hatte dann die letzten Worte an diesem Abend: „Wir brauchen euch alle Vier", sagte sie in Richtung der beiden Duos auf der Bühne.
Damit geht eine Phase in der SPD zu Ende, die die Partei über Monate in Atem gehalten hatte – von der Basis bis zur Spitze. Nach dem Rücktritt von Andrea Nahles Anfang Juni hatte sich der Parteivorstand auf ein kommissarisches Spitzen-Trio aus Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel geeinigt, die für den Übergang die Sozialdemokraten anführten. Unter dem Trio wurde die von Nowabo betitelte „Ochsentour“ aus der Taufe gehoben: Die Mitglieder sollten die neue Parteispitze per Befragung bestimmen können, außerdem konnte jeder und jedes Parteimitglied sich zur Wahl stellen, sofern er oder sie genügend Unterstützer hatte. Auf 23 Regionalkonferenzen stellten sich dann 17 Kandidierende den Parteimitgliedern vor, die Bewerber reisten innerhalb weniger Wochen kreuz und quer durch die Bundesrepublik, waren bei jedem Landesverband zu Gast.
Organisiert wurde die Tour vom Willy-Brandt-Haus unter der Führung des Generalsekretärs Lars Klingbeil. Nach der ersten Befragungsrunde blieben Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sowie Klara Geywitz und Olaf Scholz für die finale Entscheidung übrig, die nun am Samstag, dem 30. November, gefallen ist.
So geht's weiter
Malu Dreyer schlug nach der Verkündung des Ergebnis Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans für die Wahl der neuen Parteivorsitzenden vor – so sieht es auch das im Sommer beschlossene Prozedere vor: Das in der Mitgliederbefragung bestimmte Duo wird vom Parteivorstand für die Wahl auf dem Bundesparteitag vorgeschlagen. Der beginnt schon kommende Woche, ab dem 6. Dezember. Dort werden Nowabo und Esken also offiziell ins Amt gewählt.
Den Kandidierenden bleiben also nur noch ein paar Tage Zeit, um sich auf ihre Wahl und die dann anstehende Parteitagsrede vorzubereiten. Erstmals dürfte die Sozialdemokratische Partei Deutschlands also ab dem 6. Dezember 2019 von einem Duo aus Mann und Frau angeführt werden, das per Mitgliederbefragung ausgewählt wurde – eine Premiere.
Eine Premiere, die auch Verantwortung für alle SPD-Mitglieder mit sich bringt, kommentiert vorwärts-Chefredakteurin Karin Nink.