SPD-Zukunftsprogramm

Olaf Scholz: „Unser Land ist in vielen Bereichen zu langsam und zu träge geworden.“

Kai Doering22. März 2021
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz: Das Zukunftsprogramm ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zeit.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz: Das Zukunftsprogramm ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zeit.
Der SPD-Parteivorstand hat das Zukunftsprogramm für die Bundestagswahl auf den Weg gebracht. „Das Programm formuliert unseren Anspruch, die Zukunft unseres Landes zu gestalten“, sagt Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Die Corona-Erfahrungen spielten dabei eine besondere Rolle.

Was ist der Grundgedanke des SPD-Zukunftsprogramms?

Das Programm formuliert unseren Anspruch, die Zukunft unseres Landes zu gestalten. Es beschreibt unsere Vorstellung von einer sozialdemokratischen Politik, die einen klaren Plan für die 2020er Jahre hat, die von Respekt geprägt ist und für ein starkes und souveränes Europa eintritt. Stichwort Zukunft: Vier Zukunftsmissionen definieren wir, mit denen wir die Weichen stellen werden, damit unser Land weiterhin technologisch führend und wirtschaftlich starkbleibt: ein klimaneutrales Deutschland, das modernste Mobilitätssystem Europas, Digitalisierung und ein starkes Gesundheitssystem. Stichwort Respekt: Unsere Gesellschaft strebt auseinander – die SPD führt sie zusammen. Es geht um sichere Arbeitsverträge, gute Löhne, Sicherheit im Alter, um einen Mindestlohn von 12 Euro. Und es geht um mehr: um Anerkennung und Respekt für unterschiedliche Lebensentwürfe, um ein Bündnis zwischen demBeschäftigten der Müllabfuhr, der Theater-Regisseurin und dem freischaffenden Mitarbeiter einer Werbeagentur. Stichwort Europa: In den 2020er Jahren entscheidet sich, welche Rolle Deutschland und Europa in der Welt künftig spielen werden. Wir treten für ein starkes und souveränes Europa ein, das seine Werte verteidigen und sich in der Welt behaupten wird. 

Das Programm wurde vor allem in der Zeit der Pandemie erarbeitet. Wie stark hat Corona es geprägt?

Na, ganz praktisch haben wir uns kaum persönlich zur Programmarbeit treffen können. Umso häufiger haben wir telefoniert, in Videoschalten virtuell zusammengesessen und uns viele, viele Mails geschrieben. Inhaltlich sind wir klar: Der Sozialstaat bringt uns durch diese Krise, und ich bin strikt dagegen, dass wir ihn nach der Krise schwächen. Genauso wenig dürfen wir bei den Zukunftsinvestitionen kürzen, sonst verspielen wir die Chancen unseres Landes: Wie wichtig die Digitalisierung ist, das hat Corona uns gezeigt; auch, wie viel da noch zu tun ist. Wir werden massiv investieren müssen, auch in den Umbau der Wirtschaft und der Mobilität, hin zu einem klimaneutralen Deutschland. Unser Land ist in vielen Bereichen zu langsam und zu träge geworden, jeder zeigt mit dem Finger auf den anderen. Es genügt eben nicht, über Jahre hinweg Reden zu halten, die nach Ludwig Erhard klingen und zu hoffen, alles andere ergäbe sich von selbst. Zukunftspolitik muss Chefsache werden. 

In früheren Wahlkämpfen wurde immer wieder betont, wie wichtig es sei, dass Programm und Kandidat zueinander passen. Passt dieses Zukunftsprogramm zu Ihnen?

Das Zukunftsprogramm ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zeit. Das war eine gute und enge Zusammenarbeit in der SPD, allen voran mit Saskia Esken, Norbert Walter-Borjans, Lars Klingbeil und Rolf Mützenich. Wir schauen zuversichtlich auf die 2020er Jahre. Wir wollen Fortschritt gestalten und gleichzeitig Sicherheit garantieren im Wandel. 

In dieser Woche legen Sie den Haushaltsentwurf für 2022 vor. Wovon haben Sie sich dabei leiten lassen?

Die Corona-Pandemie bleibt eine massive Herausforderung für unser Land – gesundheitlich, wirtschaftlich und sozial. Von Beginn an habe ich als Bundesfinanzminister dafür gesorgt, dass der Staat sich mit all seiner Kraft gegen diese Krise stemmt, indem er die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger schützt, unser Gesundheitssystem ertüchtigt, Beschäftigung sichert und Unternehmen stabilisiert. Gleichzeitig haben wir die Investitionen in die Zukunft unseres Landes auf Rekordhöhe gesteigert – dabei soll es bleiben. Wir gehen alle gemeinsam durch diese Krise.

weiterführender Artikel

Kommentare

Mndestlohn

Olaf Scholz sagte vor 3 Jahren, daß ein Mindestlohn von 12,63 € notwendig ist um nach 45 Arbeitsjahren eine armutsfeste Rente zu beziehen. Aber Millionen wären froh wenn der Mindestlohn zum 1.1.2022 auf 12 € erhöht würde, mit anschließenden Schritten die armutssicher Rente zu erreichen.
Ich warne aber vor einseitigen "zukunfts"hypes, denn 2000 musste alles DOTCOM sein, dann kam 2010 NANO und nun ist da WASSERSTOFF.
Zu einem sozialdemokratischen Zukunftsprogramm gehört es auch den Finanzkapitalismus "an die Kette zu legen", das ist seit mehr als 20 Jahren überfällig. Und ebenfals dazu gehört es die Friedens-, Abrüstungs und Entspannungspolitik schleunigst wieder aufzunehmen, samt globaler Gerechtigkeit.

unser Land ist???

Was für ein elendes Geschwurbel. Nenn doch Ross und Reiter und sage, was offenkundig ist. Wir sind zu langsam und zu träge, oder , aus meiner warte: Ihr seid zu langsam und träge

Dazu noch falsche Prioritäten

Statt darauf hinzuarbeiten aus dem unerträglichen Dauer-Lockdown herauszuentscheiden (die Realität wird jedweden Wunschtraum weiterhin erfolgreich ignorieren !) kümmert man sich lieber um Anliegen wie das bejubelte "politisch korrekte" Ändern von Texten im Grundgesetz.

"Träge" ist sicherlich eines der Probleme, wobei man nie vergessen darf was die ganzen Reformorgien seit 1983 ("Aufschwung") an effektiven Verschlechterungen beschert haben, aber lieber langsamere, auf wirklich wichtige Belange zielgerichtete und dafür ausgereifte Politik als das kopflose Hysterie-Hin-und-Her das sich durch sämtliche Bereiche von "Umwelt" bis hin zum "Corona"-Irrsinn zieht und flächendeckend unausgereiften bis schädlichen Mist erzeugt.

Unglückliche Formulierung

Die Überschrift wirkt wie ein Vorwurf an das Land. So würde ich den Wahlkampf eher nicht angehen. Fakt ist: die Politik hat Themen wie die Digitalisierung oder den Klimawandel nicht engagiert angepackt. Die Gesellschaft selbst war weiter, siehe etwa "Fridays for future".

Die Politik ist in eine Art Zange geraten. Einerseits wird die Krise aktuell nicht gut gehandhabt, andererseits wird deutlich, wie groß die Defizite in manchen Bereichen sind. Zunächst ist dies ein recht bitteres Ergebnis für Fr Merkel; aber die SPD hatte eben großen Anteil an ihrer Ära.

Es darf nicht der Fehler gemacht werden, das Ergebnis in RHP falsch zu deuten. Dies war vor allem eine Bestätigung der Person von Fr Dreyer, kein echter Erfolg der Partei. Wahlen in den Ländern sind mittlerweile indirekte Volksentscheide über die MPs, keine richtigen Parlamentswahlen mehr.

Auf Bundesebene ist die Ausgangslange ganz anders. Olaf Scholz ist am besten geeignet für das Amt des Kanzlers. Aber die Leute könnten Lust auf einen kompletten Neustart haben. Dafür würden dann die Grünen stehen. Ihr Spitzenduo ist telegen und wirkt frisch. Und die Grünen waren in der Merkel-Zeit durchgehend in der Opposition.

So, so, das Land sei zu träge?

„Unser Land ist in vielen Bereichen zu langsam und zu träge geworden“ ? - Ach was und wie lange waren SPD und Olaf Scholz in der Regierung?

Diese Phrase macht Wählern eher Angst, erinnert gar übel an Scholz` Freund Gerhard Schröder, der 1999 einen angeblichen "Reformstau" frei erfunden hatte, und dann als "Lösung" nicht mehr zu bieten wusste als die rechten Rezepte von Union und FDP drastischer zu dosieren. Dabei wurde Schröder nicht müde, seinen "Mut" zu loben.
Nach dem größten Sozialabbau in der Geschichte der Bundesrepublik folgte 2005 die verdiente Abwahl. Auch viele verbliebene SPD-Mitglieder atmeten eingedenk der gut begründeten Massen-Austritte erleichtert auf.

Das Wahlprogramm heute ist nicht schlecht, aber wie soll ein Olaf Scholz es vertreten ohne offen einzugestehen, an den Fehlern der Jahre 1999 bis 2005 aktiv mitgewirkt zu haben, an der Verschärfung aller sozialen Probleme, die heute bestehen?
Das wäre die einzige Chance, etwas Glaubwürdigkeit zu gewinnen.
Es gibt nicht nur die Jungwähler und die Alten, die sich nicht mehr erinnern können. Die Mehrheit der Wähler hat die Zeit der Konterreformen wach erlebt und auch Olaf Scholz in dieser Zeit.

Glaubwürdigkeit

Ja daran mangelt es der SPD und besonders der Führungsriege.
Da braucht es auch kein mehr als 100seitiges Wahlprogramm (nach der Wahl möglicherweise Makulatur); das kommunistische Manifest, als erstes sozialdemokratisches Parteiprogramm in Europa, ist 23 Seiten lang und hat sogar eine unfassende Analyse der bestehenden Verhältnisse.