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Olaf Scholz: EU-Milliarden für Klimaschutz und Digitalisierung

Das Bundeskabinett hat den deutschen Plan im Rahmen des Europäischen Wiederaufbaufonds beschlossen. Er sieht 28 Milliarden Euro Investitionen vor. Die Idee geht zurück auf einen Vorschlag von Finanzminister Olaf Scholz und seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire.
von Lars Haferkamp · 27. April 2021
Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz: „Deutschland wird nur erfolgreich sein, wenn auch Europa erfolgreich ist.“
Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz: „Deutschland wird nur erfolgreich sein, wenn auch Europa erfolgreich ist.“

Die Bundesregierung hat am Dienstag den deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) beschlossen. Er ist Teil des Europäischen Wiederaufbaufonds, der die EU nach der Corona-Pandemie neu stärken soll. Die EU-Mitgliedstaaten – also auch Deutschland – erhalten dazu umfangreiche Finanzmittel aus Brüssel. Die Bundesregierung rechnet mit 25,6 Milliarden Euro von der EU.

90 Prozent der im deutschen Aufbauplan vorgesehenen Ausgaben fördern den Klimaschutz und die Digitalisierung. Insgesamt sind Ausgaben von rund 28 Milliarden Euro geplant. 11,5 Milliarden Euro werden in die Klimapolitik und die Energiewende investiert, mehr als 14 Milliarden Euro in die Digitalisierung.

Olaf Scholz und Bruno Le Maire Seit' an Seit'

Bundesfinanzminister Olaf Scholz und sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire stellten die Aufbau- und Investitionspläne Deutschlands und Frankreichs bei einer Pressekonferenz am Dienstag gemeinsam vor. Scholz erinnerte daran, dass Bruno Le Maire und er Ende April 2020 gemeinsam den deutsch-französischen Vorschlag für einen europäischen Wiederaufbauplan entwickelt hatten. „Damit schließt sich der Kreis“, so Scholz in der Pressekonferenz. „Ich bin sehr froh, dass Europa unserem Vorschlag gefolgt ist und wir heute unsere jeweiligen Aufbaupläne gemeinsam präsentieren können.“ Mit dem Aufbaufonds habe man „ein neues Kapitel in Europas Geschichte aufgeschlagen“. Der Fonds sei „im ureigenen Interesse Deutschlands“. Denn daran ließ Olaf Scholz keinen Zweifel: „Deutschland wird nur erfolgreich sein, wenn auch Europa erfolgreich ist.“

Für den Finanzminister war es „ein guter Tag für Europa“, denn „Deutschland und Frankreich legen ihre Corona-Aufbaupläne vor“. Der EU-Aufbaufonds mache es möglich, dass auch alle anderen EU-Staaten Maßnahmen treffen könnten, um gestärkt aus der Corona-Krise zu kommen. „Wir können jetzt vereint handeln für ein starkes, solidarisches und zukunftsfähiges Europa“, betonte Olaf Scholz. „Mit dem deutschen Aufbauplan setzen wir ein klares Signal für Klimaschutz und Digitalisierung, für Wachstum und Beschäftigung.“

Walter-Borjans: Aufbauplan ist Werk der SPD

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans nannte im Gespräch mit dem „vorwärts“ die Umsetzung des Europäischen Aufbauplans in Deutschland „ein starkes Bekenntnis zu Klimaschutz und Digitalisierung“. Das seien die großen Herausforderungen, die zu bewältigen seien, wenn das Land auch in Zukunft „ganz vorn dabei bleiben“ solle. „Ich bin froh, dass vor einem Jahr Partei und Fraktion zusammen mit Olaf Scholz Druck auf den Koalitionspartner gemacht haben, um diesen massiven Unterstützungsfonds europaweit auf den Weg zu bringen“, betonte Walter-Borjans.

Deutschland profitiere dabei doppelt: „von dem direkt bei uns eingesetzten Geld und von der Hilfe für die besonders betroffenen Südeuropäer, die als Absatzmärkte und Zulieferer für unsere Produkte Millionen von Arbeitsplätzen hierzulande sichern helfen“. Für den SPD-Vorsitzenden sind der Aufbaufonds und sein Zustandekommen „ein weiteres Beispiel für die Politik der SPD, Sicherheit im Wandel und Sicherheit durch Wandel zu geben“.

SPD-Chef weist Kritik der Grünen zurück

Kritik der Grünen an der Umsetzung des Europäischen Aufbauplans in Deutschland wies Walter-Borjans als „Pawlowschen Oppositionsreflex“ zurück. „Der Vorwurf, Deutschland ersetze billige deutsche Kredite durch teurere europäische, ist das glatte Gegenteil von europäischer Solidarität.“ Abgesehen davon, dass der Zinsunterschied selbst nach Aussage der Grünen verschwindend gering sei, stellte der SPD-Chef die Frage nach den Konsequenz. „Dass Deutschland und dann ja wohl auch alle anderen wirtschaftsstarken EU-Mitglieder sich aus dem gemeinsamen Programm zurückziehen und die Südeuropäer als Mitgliedstaaten zweiter Klasse allein lassen?“ Die Grünen sollten klar sagen, ob sie das wirklich wollten, so Norbert Walter-Borjans. „Ich vermute eher, dass sie sich bei der Suche nach dem Haar in der Suppe gewaltig vergriffen haben.“

672,5 Milliarden Euro für Wiederaufbau

Zentrales Instrument des Europäischen Wiederaufbauprogrammes ist der so genannte Aufbau- und Resilienzplan mit einem Umfang von 672,5 Milliarden Euro. Er soll die europäische Wirtschaft aus der Corona-Rezession führen und zugleich starke Impulse für wichtige Zukunftsinvestitionen und Reformen setzen. Die Mitgliedstaaten der EU reichen dafür nationale Pläne ein und verpflichten sich zugleich zur Umsetzung der Investitionen und Reformen. Für jedes Vorhaben müssen die EU-Staaten gegenüber Brüssel konkrete und nachprüfbare Ziele festlegen.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet sehr positive Auswirkungen des Plans auf Wirtschaftsleistung und Beschäftigung in der Bundesrepublik. Das DIW rechnet mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes durch den deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) um etwa 2 Prozent und der Beschäftigung um etwa 0,5 Prozent.

Investitionen in Klimaschutz, Energiewende und Digitalisierung

Einen großen Schwerpunkt des DARP mit einem Anteil von etwa 40 Prozent am finanziellen Gesamtvolumen bildet der Bereich Klimapolitik und Energiewende. Die Maßnahmen im Bereich Klimaschutz und Energiewende umfassen massive Investitionen in den Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoff-Wirtschaft sowie die Förderung von klimafreundlicher Mobilität und energetischer Gebäudesanierung.

Ein weiterer Fokus des DARP liegt auf der Digitalisierung von Wirtschaft und Infrastruktur sowie der Digitalisierung im Bildungssystem. Insgesamt tragen über 50 Prozent der Ausgaben im DARP zum digitalen Wandel bei – damit wird die europäische Mindestquote von 20 Prozent weit übertroffen.

Achim Post: „Es geht voran in Europa“

Achim Post, der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, hat anlässlich der Beratung des deutschen Aufbau- und Investitionspläne ein positives Zwischenfazit gezogen: „Es geht voran in Europa.“ Mit den Beschlüssen zur nationalen Umsetzung nehme das europäische Wiederaufbauprogramm eine wichtige weitere Hürde. „Dass Olaf Scholz mit dem französischen Finanzminister Le Maire die Aufbau- und Investitionspläne Deutschlands und Frankreichs gemeinsam vorstellt, ist ein starkes Zeichen der Partnerschaft und gemeinsamen Führungsverantwortung in Europa“, betonte Post.

Pläne für globale Mindestbesteuerung

Die entscheidende europäische Weichenstellung für die kommenden Jahre werde nun sein: „Bleibt es bei diesem Kurs für ein Europa der starken und nachhaltigen Zukunftsinvestitionen oder gewinnen jene konservativen und wirtschaftsliberalen Kräfte wieder die Oberhand, die zurück zu einem Europa des einseitigen Sparens wollen.“ Für Achim Post ist dabei aus sozialdemokratischer Sicht klar: „Wir brauchen auch in Zukunft ein Europa mit starken nachhaltigen Zukunftsinvestitionen und einem starken sozialen Zusammenhalt.“

Auf der Pressekonferenz von Bundesfinanzminister Scholz und seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire zum EU-Aufbaufonds bekräftigten die beiden Minister die deutsch-französische Initiative für eine globale effektive Mindestbesteuerung. Dieser gemeinsame Vorschlag hat zuletzt durch die Unterstützung der US-Regierung kräftigen Rückenwind erfahren. Scholz und Le Maire streben an, bis Mitte dieses Jahres eine internationale Einigung in dieser Frage zu erreichen. Die Finanzminister*innen der G20-Staaten haben bei ihren letzten digitalen Treffen am 7. April dieses Ziel bekräftigt.

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