Migrationspolitik: Wie Nancy Faeser die Kritik der Union kontert
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
In gut zwei Wochen wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Und weil die Umfragewerte der CSU derzeit sinken, hat die Partei mal wieder die Migrationspolitik für sich als Thema entdeckt. Ministerpräsident und Parteichef Markus Söder hat sogar einen Vorschlag seines ungeliebten Vorgängers Horst Seehofer wieder aus der Mottenkiste gekramt: Er fordert nun wieder eine Obergrenze für Geflüchtete von 200.000 Menschen pro Jahr. Schon bei Seehofer, der im Übrigen von 2018 bis 2021 Bundesinnenminister war, war unklar, wie der Vorschlag umgesetzt werden sollte.
Zur Debatte im Bundestag am Freitagvormittag schickte Söder seinen CSU-Landesgruppensprecher Alexander Dobrindt, der seine Kritik an Bundesinnenministerin Nancy Faeser und ihrer Migrationspolitik geradezu feixend vortrug. Diese konterte: „Ihre Rede hat nur angeheizt in der Debatte. Ich halte das angesichts der Lage für unangemessen.“ Unions-Innenminister hätten in 16 Jahren Regierungsverantwortung im Bund keine substantiellen Lösungen vorgelegt. „Deswegen sollten Sie ein bisschen bescheidener sein“, forderte Faeser die CDU/CSU-Fraktion auf.
Kritik an Union: „Gehen Sie nicht weiter auf dem Irrweg!“
Zugleich machte die SPD-Politikerin deutlich: „Wir haben als Demokratinnen und Demokraten eine Verantwortung für die Demokratie. Gehen Sie nicht weiter auf dem Irrweg, Wahlkampf auf dem Rücken von Menschen zu machen, die von Krieg und Terror bedroht sind.“ Söders Forderung nach einer Obergrenze sei ebenso wie Merz' Äußerung von Sozialtourismus durch Ukrainer*innen Populismus pur und stärke nur die Rechtsextremen. „Machen Sie also nicht noch einmal den Fehler, einfache Lösungen zu präsentieren, obwohl es die nicht gibt“, forderte Faeser.
Derzeit seien mehr als eine Million Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland. Seit Jahresbeginn bis Ende August seien bereits mehr als 200.000 Asylanträge in Deutschland gestellt worden. Die Bundespolizei habe mehr als 1.300 Schleuserfälle festgestellt. „Diese Zahlen zeigen: Ja, wir sind auf allen Ebenen gefordert, irreguläre Migration einzuschränken“, sagte Faeser. Deshalb arbeite die Bundesregierung mit den Ländern und Kommunen an „echten, substanziellen Lösungen“.
Enge Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien
An den Grenzen zu Polen und Tschechien habe sie die Bundespolizei mit mehreren Hundertschaften verstärkt, die dort Kontrollen mittels Schleierfahndung durchführen. „Sie wirken und sind sehr viel effektiver, weil sie dazu führen, dass wir an sehr vielen Stellen an der Grenze Kontrollen durchführen können“, machte Faeser deutlich. Die Bundesinnenministerin wies außerdem darauf hin, dass die bilaterale Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien verstärkt worden sei. Es gebe gemeinsame Dienststellen und gemischte Teams mit Beamt*innen aus Deutschland und den Nachbarländern, die im Einsatz seien.
Deutlich positionierte sich Faeser auch zu Schleuserkriminalität: „Wir reden hier von Verbrechern, die für Profit Menschenleben aufs Spiel setzen. Diese Verbrechen müssen wir verhindern.“ Deswegen gebe es eine operative Zentrale zur Analyse der Schleuserkriminalität bei der Bundespolizei. Eine neue Task Force mit Polen und Tschechien sei in Planung. Zudem will die Bundesregierung die rechtlichen Möglichkeiten ausweiten, um Schleuser*innen ihren Aufenthaltstitel zu entziehen und sie auszuweisen. Faeser zeigte sich überzeugt: „Unsere Maßnahmen wirken. Wir steuern und ordnen Migration. Wir haben Reformen auf den Weg gebracht, die wirken – im Gegensatz zu Ihnen.“ Deutlich wurde sie in Richtung Union: „Das ist ja lächerlich, was Sie hier machen. Sie haben es nicht hinbekommen. Bleiben wir also bei den Fakten!“
Fachkräfte gewinnen, Humanität leben, irreguläre Migration beenden
Die Bundesinnenministerin kündigte außerdem an, die Verhandlungen beim Trilog zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) voranzutreiben. Bereits seit Beginn des Jahres habe die Bundesregierung ein Gesetz zur Beschleunigung von Asylverfahren in Kraft gesetzt. „Wir ermöglichen damit bessere und schnellere Entscheidungen und entlasten Verwaltungsgerichte und das BAMF“, sagte Faeser. Zur Verbesserung der Rückführung abgelehnter Asylbewerber*innen arbeite die Ampel an zwei Gesetzesinitiativen, die seit Freitag in der Ressortabstimmung seien. „Wir handeln also schon, wo sie nur fordern“, sagte die Ministerin, die auf einen klaren Kurs der Regierung in der Migrationspolitik verwies. Dazu gehöre, Fachkräfte zu gewinnen, Humanität zu leben und irreguläre Migration zu beenden.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo