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Lücke in Chefetagen: Warum ohne Quote Frauen fehlen

In einer Resolution fordert die IG Metall mehr Frauen in Führungspositionen. Auch SPD-Justizministerin Christine Lambrecht sieht dringenden Handlungsbedarf. Sie nennt Verhalten von Unternehmen dreist und will eine Mindestbesetzung für Vorstandsposten.
von Vera Rosigkeit · 13. Februar 2020
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Noch immer fehlen Frauen in Führungsetagen privatwirtschaftlicher Unternehmen. Und noch immer heißt es oft als Begründung, dass keine qualifizierten Frauen zu finden seien.  

Wo die Quote wirkt

Justizministerin Christine Lambrecht ärgert sich am Mittwoch über eine besonders dreiste Begründung für diesen Missstand. Auf einer Tagung der IG Metall zur Quote für Aufsichtsräte und Führungspositionen zitiert sie einen Spruch, der ihr letztens zugetragen wurde: „Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, da würden Führungspositionen unabhängig vom Geschlecht vergeben“, lautete die Erklärung für die Abwesenheit von Fauen im Vorstand, die suggeriert, das Frauen nicht ausreichend qualifiziert seien. Dass sich 2020 Männer erlaubten, so etwas zu sagen, findet Lambrecht einfach nur „unverschämt“.  

Denn dass es ausreichend qualifizierte Frauen gibt, zeigt deren steigende Anzahl in Aufsichtsräten von Unternehmen, die in 2019 bei 31,5 Prozent lag. Vorausgegangen war allerdings die Einführung einer Geschlechterquote im Jahr 2016. Die Quotenregelung von 30 Prozent gilt jedoch nur für Aufsichtsratsposten in börsennotierten und voll mitbestimmungspflichtigen Unternehmen.

Wo Freiwilligkeit scheitert

„Es ist ein wichtiges Instrument, das funktioniert“, sagt die Vize-Chefin der IG Metall Christiane Benner. Sie fordert am Mittwoch, diese Regelung auf Aufsichtsräte und auch auf Vorstände aller Unternehmen auszuweiten. Denn dort, wo keine festen Quoten gelten, bewege sich der Frauenanteil im Schneckentempo, so Benner. So war 2019 nicht mal einer von zehn Vorstandsposten, insgesamt 9,3 Prozent, der 160 deutschen Börsenunternehmen mit einer Frau besetzt.

Keine Quoten gelten in Unternehmen, die entweder börsennotiert, aber nicht mitbestimmt oder mitbestimmt, aber nicht börsennotiert sind. Für sie wurde vom Gesetzgeber lediglich eine sogenannte Zielgrößenverpflichtung festgelegt. Danach müssen sie für ihre Aufsichtsräte, Vorstände und obersten Management-Ebenen Ziele bestimmen und diese Entscheidung seit 2017 auch begründen.

Zielvorgabe „Null“ ist Katastrophe

Als Instrument zur Frauenförderung habe sich das nicht bewährt, erklärt Benner. Über ein Drittel dieser Unternehmen habe sich für 2019 „Null“ als Ziel gesetzt. Das sei keine Zahl, sondern „ein schlechter Zustand, den wir beheben müssen“, betont sie. In einer gemeinsamen Resolution fordert die IG Metall deshalb auch die „Zielquote Null“ auszuschließen und durch eine gesetzliche Mindestvorgabe zu ersetzen.

Dass diese Zielvorgabe für Vorstände keine Erfolgsgeschichte sei, bestätigt auch die Justizministerin. Gemeinsam mit Benner und der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Volkswagen Baunatal Ulrike Jakob diskutiert sie über betriebliche Anforderungen. Das Unternehmen überhaupt so dreist seien, die Zielvorgabe Null vorzugeben, damit habe sie nicht gerechnet, erklärt Lambrecht. Gleichzeiti sei diese Antwort entlarvend ehrlich.

Wenn rund 70 Prozent der Unternehmen verkünden, dass sie in den kommenden fünf Jahren in ihren Vorständen nichts ändern wollen, sei es dringend an der Zeit, etwas zu ändern. „Die Zielvorgabe Null ist eine Katastrophe“, fügt sie hinzu. Gemeinsam mit SPD-Bundesfamilienministerin Fanziska Giffey habe sie reagiert und einen entsprechenden Gesetzentwurf erarbeitet. „Es muss verbindliche Vorgaben geben“, so Lambrecht. Von einer Quotenregelung habe sie abgesehen, um Unternehmen auch Spielräume zu lassen, erklärt sie weiter. Ihr Vorschlag sei, dass ein Vorstand, der aus mehr als drei Personen bestehe, mindestens eine Frau haben müsse, betont sie.

Benner und Jakob sagen ihre Unterstützung zu. „Ob Quote oder anders, es gehe um Verbindlichkeit“, sagt Jakob und fügt hinzu: „Erst wenn es Regeln gibt, passiert auch etwas“. In der Resolution der IG Metall wird zudem eine langfristige Frauenförderung auf allen Ebenen eines Unternehmens gefordert. Instrumente hierfür seien Monitoring, Frauennetzwerke aber auch familienfreundliche Arbeitsbedingungen.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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