Kultusminister*innenkonferenz: Abi-Prüfungen finden statt
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„Wir haben noch einmal bekräftigt, dass das Abitur durchgeführt werden soll“, sagt die Vorsitzende der Kultusminister*innenkonferenz, Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), nach deren jüngster Sitzung. Sie sei sehr unglücklich über die in dieser Woche aufgekommene Verunsicherung der Abiturent*innen. Ähnlich sieht das die saarländische SPD-Kultusministerin Christine Streichert-Clivot. Für sie würde der Verzicht auf die Abitur- oder andere Abschlussprüfungen einen tiefen Einschnitt bedeuten, der die Zukunftsperspektiven der Schüler*innen deutlich verschlechtern würde.
„Im Saarland sind die Abiturprüfungen bereits am 8. April gestartet, mit den fachpraktischen Prüfungen sowie den Sprechprüfungen. Die schriftlichen Prüfungen beginnen dann am 23. April. Wir haben früh die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sich alle Schülerinnen und Schüler, die in diesem Jahr ihr Abitur oder andere Schulabschlüsse ablegen, gut und sicher auf ihre Prüfungen vorbereiten können. Auch in diesem Jahr bekommen alle, die ihren Schulabschluss machen wollen, die Chance dazu. Bei der Durchführung der Prüfungen steht selbstverständlich die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler und der Aufsichtspersonen im Vordergrund“, erläutert die Ministerin.
Das gilt auch für Bremen, wo ein zusätzlicher Abiturtermin im Juni für weitere Sicherheit sorgt. „Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in diesem Jahr ihre Abschlüsse ablegen, haben unter der Pandemie bereits erhebliche Herausforderungen zu meistern gehabt. Es ist unsere Verantwortung, ihnen nun den Erwerb eines Schulabschlusses zu ermöglichen“, so Bremens Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD).
+++ Aktualisierung vom 7. April +++
Auch Stefanie Hubig (SPD), seit 2016 Ministerin für Bildung in Rheinland-Pfalz, lehnt die kürzlich erhobene Forderung der GEW ab. „Wir haben immer gesagt, dass wir kein Abitur zweiter Klasse wollen und deshalb allen Prüflingen eine ordentliche Prüfung ermöglichen. Das haben sie sich verdient, nachdem sie mehrere Jahre auf ihren Abschluss hingearbeitet haben“, so die Ministerin, die darauf hinweist, dass in Rheinland-Pfalz bereits zweimal erfolgreiche Abiturprüfungen unter Corona-Bedingungen stattgefunden haben. Das südwestdeutsche Bundesland hielt seine schriftlichen Abiturprüfungen für rund 12.000 Schüler*innen bereits im Januar ab. „Die Prüfungen, die jetzt Ende April noch anstehen, werden wir unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln mit zusätzlichem Testangebot sicher durchführen“, kündigt Hubig an.
+++ Ursprünglicher Artikel vom 6. April +++
Für viel Wirbel hat zu Wochenbeginn ein Vorschlag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) gesorgt. „Sollte das Infektionsgeschehen so dramatisch ansteigen, wie die dritte Welle in anderen europäischen Nachbarstaaten befürchten lässt, müssen die Länder flexibel reagieren und von Prüfungen absehen“, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Stattdessen sollten bisher erbrachte Leistungen ersatzweise anerkannt werden. Ein Vorschlag, der in der Politik wenig Zustimmung findet. Als eine der ersten äußerte sich die brandenburgische SPD-Bildungsministerin und Vorsitzende der Kultusministerkonferenz Britta Ernst ablehnend.
SPD-Kultusminister*innen plädieren für fairen Abschluss
Mehrere ihrer sozialdemokratischen Ressortkolleg*innen aus anderen Bundesländern äußerten sich auf Nachfrage des „vorwärts“ ähnlich ablehnend. Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagt zum Vorschlag der GEW-Vorsitzenden: „Unsere Berliner Abiturientinnen und Abiturienten haben jetzt noch eine Woche zusätzliche Lernzeit zu Hause, danach greifen bei den Abiturprüfungen weitere Anpassungen und Erleichterungen, die wir alle bereits beschlossen haben.“ Diese beinhalteten unter anderem mehr Zeit für die Prüfungen, mehr Lernzeit und zusätzliches Wiederholungs- und Rücktrittsrecht. Daher ist Scheeres der Meinung: „Es wäre nicht richtig, diese Abiturprüfungen abzusagen. Junge Menschen wollen ein Abitur, das in ganz Deutschland und im Ausland anerkannt wird.“
Der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) hält grundsätzlich jede Überlegung und jeden Vorschlag, „wie wir vor allem Schülerinnen und Schüler in den Abschlussjahrgängen unter Pandemiebedingungen zu einem guten und fairen Abschluss führen können“ für gut. Allerdings schränkt er ein: „Immer wieder mit derselben Idee zu kommen, sorgt allerdings für Unruhe und Verunsicherung. Die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten sollten gerade jetzt unterstützt und gestärkt werden. Sie können und werden die Abiturprüfungen meistern.“
Länderübergreifend sei man sich innerhalb der Kultusministerkonferenz einig, dass junge Menschen ein Recht auf einen fairen und anerkannten Abschluss mit entsprechenden Prüfungen besäßen. Abschlussjahrgänge mit Corona-Makel müssten vermieden werden. „Das haben wir erfolgreich bereits im vergangenen Jahr umgesetzt und darauf haben wir auch jetzt die Abiprüfungen 2021 entsprechend vorbereitet“, bekräftigt Tonne. Unter anderem sollen Rahmenhygienepläne, Abstandsregeln und Testungen für sichere Bedingungen sorgen. Deswegen meint der Minister: „Zum derzeitigen Zeitpunkt gibt es keinen Anlass, die Abiturprüfungen auszusetzen.“
Absage an Ausfall oder Notabitur
Auch Bettina Martin, SPD-Bildungsministerin in Mecklenburg-Vorpommern, erteilt dem Vorschlag eine deutliche Absage: „Ein solches 'Notabitur' wäre zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler. Wir sollten jetzt dafür sorgen, dass die Abiturienten sich bestmöglich auf ihre Prüfungen vorbereiten können und sie nicht mit solch einer am Ostermontag losgetretenen Diskussion unnötig verunsichern. Unsere Abiturientinnen und Abiturienten stecken mitten in den Prüfungsvorbereitungen. Sie hatten ihren letzten Schultag bereits vor den Osterferien. Nun folgen nur noch individuelle Konsultationen mit den Lehrkräften zur gezielten Vorbereitung, dann werden ab dem 23. April die Prüfungen unter strengen Hygienevorschriften und dem Einsatz von Selbsttests beginnen. Das wird höchst verantwortungsvoll und engagiert in den Schulen vorbereitet.“
Der Start der Prüfungen sei bereits um zehn Tage verschoben worden, um den Schüler*innen mehr Vorbereitungszeit zur Verfügung zu stellen. „Vor allem aber hatten die Abschlussklassen in Mecklenburg-Vorpommern anders als die anderen Jahrgänge durchgehend Unterricht in Präsenz“, sagt Martin und zeigt sich auch aufgrund der Erfahrungen im vergangenen Schuljahr zuversichtlich, was den reibungslosen Ablauf der Abiturprüfungen angeht: „Bereits im vergangenen Jahr konnten die Abiturprüfungen unter strengen Hygienevorschriften erfolgreich durchgeführt werden, und die Jugendlichen konnten anschließend trotz Corona mit einem hochwertigen und deutschlandweit anerkannten Abitur in ihre Zukunft starten.“
Ebenfalls hat Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) den Vorschlag der GEW abgelehnt. Rabe kritisiert: „Dieser Vorschlag ist nicht zu Ende gedacht: Ohne ordentliche Abiturprüfungen müssen die Schülerinnen und Schüler bei Bewerbungen und Karriere jahrelang Nachteile befürchten, auch die rechtlichen Folgen sind schwer zu übersehen. Es ist verantwortungslos, wenige Wochen vor den entscheidenden Abitur-Klausuren ohne jede Not Hunderttausende junger Menschen in neue Ungewissheit und die Schulen in neue chaotische Diskussionen zu stürzen."
Auch in der Hansestadt gebe es umfassende Schutzmaßnahmen für die Abiturprüfungen, wie Senator Rabe ankündigt. Dazu gehört, dass alle Schüler*innen vor jeder Prüfung einen Corona-Schnelltest machen. „Es gibt keinen vernünftigen Grund, jetzt die Prüfungen abzusagen“, ist der SPD-Politiker daher überzeugt.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo