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Krieg gegen Israel: Wie es mit den Palästina-Hilfen weitergeht

Nach dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel ist eine Debatte über die deutsche Unterstützung für die Palästinensischen Gebiete entbrannt. Die Bundesregierung will diese überprüfen. Für Verwirrung sorgt ein Tweet aus der EU-Kommission.
von Kai Doering · 11. Oktober 2023
Humanitäre Hilfslieferung in Gaza 2010: Bis zum Abschluss der Prüfung werden keine neuen Verpflichtungen eingegangen.
Humanitäre Hilfslieferung in Gaza 2010: Bis zum Abschluss der Prüfung werden keine neuen Verpflichtungen eingegangen.

Die Reaktion der Bundesentwicklungsministerin kam schnell und unmissverständlich. „Wir werden unser gesamtes Engagement in den Palästinensischen Gebieten auf den Prüfstand stellen“, teilte Svenja Schulze (SPD) am Sonntagnachmittag mit. Am Tag zuvor hatten terroristische Kämpfer der Hamas Israel an mehreren Stellen aus dem Gaza-Streifen heraus angegriffen. Beobachter*innen berichten von Gräueltaten unter der Zivilbevölkerung. Nach israelischen Militärangaben wurden bis Mittwochmorgen in Israel 1.200 Menschen getötet und 2.700 verletzt.

„Natürlich machen wir keine Terrorfinanzierung.“

„Wir haben auch bisher schon darauf geachtet, dass unsere Unterstützung für die Menschen in den Palästinensischen Gebieten dem Frieden dient und nicht den Terroristen“, teilte Svenja Schulze mit. Die Angriffe der Hamas seien aber eine „fürchterliche Zäsur“. Die Bundesregierung werde deshalb mit Israel besprechen, „wie wir dem Frieden in der Region und Sicherheit für Israel mit unseren Entwicklungsprojekten am besten dienen können“.

Ähnlich äußerte sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Dienstagabend im „heute journal“ des ZDF. Auf „besonderen Wunsch“ Israels werde die finanzielle Hilfe der Bundesregierung überprüft. Gleichzeitig stellte Baerbock klar: „Natürlich machen wir keine Terrorfinanzierung.“ Das Auswärtige Amt hat nach eigenen Angaben in diesem Jahr bisher humanitäre Hilfe in den Palästinensischen Gebieten – neben dem Gaza-Streifen im Westjordanland – in Höhe von rund 72 Millionen Euro geleistet. Eine direkte Unterstützung an die Palästinensische Autonomiebehörde gebe es dabei nicht. Die deutschen Entwicklungszusagen über das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung umfassen für dieses und das kommenden Jahr rund 250 Millionen Euro.

„Überprüfung bedeutet keine Einstellung der Zusammenarbeit.“

„Bis zum Abschluss der Prüfung werden keine neuen Verpflichtungen eingegangen“, betont der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid. Er stellt aber klar: „Überprüfung bedeutet jedoch keine grundsätzliche Einstellung der Zusammenarbeit.“ Von dem Moratorium sollen zudem lebensnotwendige Güter wie Lebensmittel und Medikamente sein. „Humanitäre Hilfe muss gerade in der jetzigen Situation weiterhin geleistet werden können“, ist Nils Schmid überzeugt. „Sie wird in den nächsten Wochen und Monaten dringlicher denn je sein.“

Auch SPD-Entwicklungspolitikerin Nadja Sthamer betont die Wichtigkeit der Fördermittel für die Palästinensischen Gebiete, zeigt sich aber offen für eine „intensive Überprüfung“. Die bisher gezahlten Fördermittel hätten das Ziel, Infrastruktur und Zivilgesellschaft zu fördern. „Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit sind für die Menschen vor Ort da, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern und nicht um Hass und Gewalt zu finanzieren“, so Sthamer.

Verwirrung um Tweet aus der EU-Kommission

Für Verwirrung sorgte unterdessen ein Tweet des EU-Erweiterungskommissars Oliver Varhelyi auf „X“, ehemals Twitter. „Alle Zahlungen werden sofort ausgesetzt. Alle Projekte werden überprüft.“ Alle neuen Ausgaben, auch noch für das laufende Jahr, würden „bis auf Weiteres“ zurückgestellt, schrieb der Ungar am Dienstag – noch bevor sich die EU-Außenminister*innen dazu beraten hatten. Am Abend kam dann das Dementi der Kommission. Es sei zwar vereinbart worden, bis zum Abschluss einer Überprüfung der Hilfen keine Gelder auszuzahlen. Derzeit stünden jedoch auch keine Zahlungen an.

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