Wenn die Kraftwerke vom Netz gehen

Kohleausstieg: Die Lausitz zwischen Skepsis und Hoffnung

Benedikt Dittrich22. Januar 2020
Nach der Einigung zum Kohleausstieg hält sich der Jubel in der Lausitz in Grenzen. Trotzdem gibt es auch Anlass zur Hoffnung, meint die Bezirksleiterin der IG BCE. Reaktionen aus einem Revier, in dem die Braunkohle über Jahrzehnte der Jobgarant war – und die nun einen zweiten Strukturwandel erlebt.

„Die Begeisterung hält sich in Grenzen“, sagt Ute Liebsch, Bezirksleiterin der IGBCE in Cottbus, So oder so sei es ein gravierender Einschnitt für die Kolleg*innen in der Braunkohle-Industrie in der Lausitz. Trotzdem ist die Gewerkschafterin auch ein bisschen froh: „Die Ungewissheit hat ein Ende.“ Denn mit dem Ausstiegsplan steht auch der Plan für das ostdeutsche Revier zwischen Brandenburg und Sachsen: Während das Kraftwerk Jänschwalde schrittweise ab 2025 stillgelegt wird, folgt ab 2029 die erste Hälfte des Kraftwerks Boxberg. Die Schwarze Pumpe und die zweite Hälfte in Boxberg sollen erst Ende 2038 vom Netz gehen.

Doch es bleiben Aspekte in diesem Fahrplan, die noch nicht ganz klar sind. Die Idee, in einigen Jahren zu überprüfen, ob der Kohleausstieg nicht doch noch beschleunigt werden könnte, gehört dazu. „Es wäre schöner gewesen, zu sagen: 2038 ist der Kompromiss der Kommission und der Kompromiss hält“, urteilt Liebsch über die Vereinbarung. Hauptkritik der Gewerkschafterin aus der Lausitz: „Das bringt nochmal Unruhe rein.“ Es fehle die Verlässlichkeit.

Braunkohle „der Industriezweig" in der Lausitz

Rund 8600 Arbeitsplätze hängen nach Angaben des Bundesverbandes Braunkohle an der Stromerzeugung und dem Kohleabbau in der Lausitz. In den Tagebauen vor Ort stecken die größten Braunkohle-Vorkommen in Deutschland. Hinzu kommen Arbeitsplätze für Zuliefererunternehmen sowie die Industrie, die von den Kraftwerken vor Ort abhängig ist, weil sie beispielsweise die produzierte Abwärme für die eigene Produktion nutzt. Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier – dort steht das Kraftwerk Schwarze Pumpe – spricht in anderen Medien von „dem Industriezweig“ in der Lausitz – weitere 20.000 Jobs würden von dem fossilen Energieträger abhängen.

Dass die Kohle-Kumpel in der Lausitz nicht begeistert von den Plänen der Bundesregierung sind, durfte schon Svenja Schulze im vergangenen Jahr spüren: Als die SPD-Umweltministerin im Sommer das Kohlekraftwerk Schwarze Pumpe besuchte, drehten ihr die Kraftwerker*innen schweigend den Rücken zu. Den Mitarbeiter*innen fehle ein klarer Ausstiegsplan, feste, verbindliche Aussagen, rief ihr damals stellvertretend Uwe Teubner zu. Er ist Gesamtbetriebsratschef des Lausitzer Energiekonzerns LEAG. Mündliche Zusagen der Politiker*innen würden nicht reichen, solange es keine verbindlichen Gesetze gebe.

Skepsis bei jüngerer Generation höher

Der Fahrplan für diese verbindlichen Gesetze steht nun. Doch die Skepsis der Mitarbeiter*innen bleibt. Denn die Lausitzer*innen haben schon einmal einen harten, wirtschaftlichen Einschnitt erlebt. „Der hat uns über Nacht ziemlich hart getroffen“, erklärt Liebsch den Wandel nach der friedlichen Revolution. Treuhand-Abfindungen, tausende Arbeitsplätze, die plötzlich wegfielen. „Wir machen jetzt ein zweites Mal einen Strukturwandel durch“, erklärt Liebsch die historische Erfahrung, die in der Form nur die Bewohner*innen in den ostdeutschen Revieren gemacht haben. „Wir verlieren jetzt wieder tausende Arbeitsplätze.“

Eine Skepsis gegenüber der Politik. die laut Liebsch nun vor allem bei der jüngeren Generation wieder stärker wird – also bei der Generation, die noch über den vereinbarten Kohleausstieg 2038 hinaus auf gut bezahlte Arbeitsplätze in der Region hofft, meint Liebsch: „Diejenigen, die nah an der Rente sind, die sagen: ‚Das ist ordentlich verhandelt, damit können wir leben.“ Bei den Jüngeren hingegen ist die Situation schwieriger, erklärt sie weiter: „Manche haben gerade eine Familie gegründet oder ein Haus gebaut. Die bauen mit den hohen Tarifgehältern ihre Schulden ab. Die werden nach adäquaten Jobs suchen müssen.“ Aus einem Bergmann mache man eben nicht unbedingt eine Pflegekraft, bringt es Liebsch auf den Punkt – von dem Bezahlungsniveau ganz zu schweigen. „Da ist aber auch die LEAG in der Verantwortung“, nennt Liebsch den Energiekonzern, „auch das Unternehmen ist auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern.“

Verglichen mit dem Strukturwandel nach der Wende ist Liebsch bei der jetzt getroffenen Vereinbarung positiver gestimmt: „Jetzt wird der Lausitz die Zeit gegeben, um die Defizite, die wir in der Struktur haben, ausgleichen zu können“, lobt Liebsch mit Blick auf die Gegenwart. Straßen könnten mit den zugesagten Milliarden saniert, der Schienenverkehr ausgebaut werden. Voraussetzungen, damit künftig andere Industriezweige in der dünn besiedelten Region wachsen können. Die Lausitz bekommt dafür viel Geld, Liebsch ist aber auch wichtig zu betonen, dass die Kohlereviere bei den Verhandlungen gemeinsam aufgetreten sind: „Wir werden auch künftig zusammenhalten, wir schmeißen nicht mit Dreck auf andere.“

„Brauchen das Anpassungsgeld-Gesetz"

Für die betroffenen Mitarbeiter*innen fordert Liebsch weiterhin klare, verbindliche Gesetze: „Was wir brauchen, ist das Anpassungsgeld-Gesetz“, sagt sie mit Blick auf die soziale Absicherung der Mitarbeiter*innen. Mit dem Geld sollen die Bergarbeiter*innen und Kraftwerker*innen finanziell vom Staat unterstützt werden, wenn sie frühzeitig in Rente gehen. Von Seiten der Politik hatte SPD-Finanzminister Olaf Scholz dieses Anpassungsgeld Anfang Januar zugesagt. In den Verhandlungen mit den Energiekonzernen will die Industriegewerkschaft erreichen, dass das Anpassungsgeld außerdem aufgestockt wird, ergänzt Liebsch.

„Wir wollen Energieland Brandenburg bleiben“, sagt die Gewerkschafterin mit Blick in die Zukunft, „wenn hier wieder Industriearbeitsplätze geschaffen werden, kann etwas Gutes entstehen.“ Sie sieht gute Chancen auf neue Arbeitsplätze in der chemischen Industrie, im Bereich der Elektromobiliät. „Das ist eine Industrie, die gut bezahlte Arbeit schaffen kann.“ Ein Lichtblick gibt es für Brandenburg dabei schon: Das US-Unternehmen Tesla will sich zwar nicht direkt in der Lausitz ansiedeln, Liebsch geht aber von einer Sogwirkung des E-Auto-Herstellers aus: „Die brauchen auch eine Zulieferindustrie. Das eine oder andere Produkt könnte dann aus der Lausitz kommen.“

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Kommentare

Liebe Leute in der Lausitz,

Liebe Leute in der Lausitz, hört doch auf diesen netten älteren Herrn, der unbedingt die Welt retten will, und ladet ihn am besten zum royalen Five O'Clock Tea ein: https://web.de/magazine/politik/davos-prinz-charles-wirtschaftsbosse-men...

Anpassungsgeld

Dieses Anpassungsgeld kommt am wenigsten bei den Arbeitnehmern an sondern fließt wetgehend zu den Konzernherrn - eine Herausforderung für echte sozialdemokratische Politik !

Was man gestern noch

Was man gestern noch Neoliberalismus genannt hat, der ja bekanntlich hoch umstritten war und die SPD beinahe zerrissen hätte, nennt man heute Klimaschutz, gegen den nun wirklich niemand etwas haben kann! Aber die so entpolitisierte Umverteilung von unten nach oben geht nun praktischerweise völlig geräuschlos vonstatten ...

So ist es. Der

So ist es. Der Neoliberalismus mit Hilfe der UNO und des IPCC schlüpft in das Gewand des grünen Klimaretters und bezahlen sollen die einfachen Bürger. Zur Umsetzung wird nicht vor Verboten und sonstige Zwangsmittel zurückgeschreckt. Aber als unpolitisiert würde ich das so nicht betrachten. Das geht schon deraus hervor, wo sich die Zopf-Gretel im jungendlichen Alter so präsentieren darf, sei es die EU-Parlament, auf Konferenzen, Obama als Gastgeber ist auch dabei u. Prinz Charles scheint auch "Gefallen" an ihr gefunden zu haben. Sind das nicht ur-faschistische Methoden Kinder für die Umsetzung von politischen und wirtschaftlichen Zielen einzusetzen?

Greta und Luisa sind mal

Greta und Luisa sind mal nicht einer Meinung, wann denn nun genau der Weltuntergang kommt: https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/greta-schuettelt-ueb...

Mich würde aber auch interessieren, ob Svenja Schulze weiß, was eine Dunkelflaute ist und wie Frau Schulze die Versorgungssicherheit gewährleisten will? - https://www.zdf.de/nachrichten/politik/windkraft-ausbau-schulze-attackie...

KonsumwendekInd bitte nicht mit dem Bade ausschütten !

Was Sie hier präsentieren ist doch eher Hate-Speach und hat mit der Realität meines Erachtens wenig zu tun. Das in Zeiten des Neoliberalismus sich natürlich einige noch dam. begnügen wollen nach Greenwashing sich ein grünes Mäntelchen umhängen zu wollen um damit ,vermeintlich unbeobachtet ,zum Zwecke der ausschließlichen und maximalsten Gewinnmaximierung weiter vorerst ihr überaus rücksichtsloses Geschäft, zulasten der Lebensgrundlagen und zulasten der Menschenwürde, betreib. zu können, haben wir alle wohl ni. anders erwartet. Aber dass es Sinn macht, ausgerechnet die Klima-und Umweltbewegungen in Gänze oder ausgerechnet die FFF-Bewegung zu diskreditieren, das erschhließt sich mir nicht. Das Hauptanliegen der FFF-Bewegung und der betrogenen Generation ist ja, dass die am Lobbyband der Industrie- und Handelsinteressen hängende gewählte Politikverteter/innen, die Fakten, Warnungen und Vorschläge der Wissenschaft endlich ernst nehmen und ihre Politik danach ausrichten. Und die Zeichen der etablierten Wissenschaft zeigen seit langer Zeit schon in Richtung Postwachstumsgesellschaft (s. Uni Jena u.a. ) abseits neoliberaler Gewinnmaximierungsideologie !
Klimaschutz geht auch gerecht !

FFF predigt doch im Namen des

FFF predigt doch im Namen des Großkapitals, der neoliberalen Bourgeoisie, die nahende Apokalypse auch mit Hilfe der weiteren Spaltung der Gesellschaft, dass die ältere Generation hauptverantwortlich ist, nicht aber das Großkapital und deren Profiteure sowie des militärischen Komplexes. Ich habe noch nicht vernommen, dass die "Aktivisten" die Hauptverantwortlichen sowie deren Militär ins Visier genomen haben. Können sie m.'E. auch nicht.

Von reiner Ideologie und von den Steuern und Abgaben der noch!!! arbeitenden Bevölkerung wird auch die grüne betrogene Generation nicht leben können, auch nicht im grünen Shithole Deutschland.

Wahrheit spaltet nicht, sondern Hetze, die Diskussion erschwert

FFF hat ein Hauptanliegen: Wissenschaftliche Erkentnisse über die vom Menschen gemachten dramatischen Klimaveränderungen und ihre Folgen in´s Zentrum der gesellschaftl. u. politischen Diskussion zu bringen !!!
Die "ältere Generation" ist in weiten Teilen deshalb mitschuldig weil sie 1.) in einem idiotischen, völlig überzogenen verschwenderischen Maße konsumiert und diesen Lebensstil an ihre Nachkommen weiter vermittelt 2.) weil sie genau diese politischen und wirtschaftlichen Strukturen gewählt und unterstützt hat und dies tlw.noch immer tut, die uns in die Katastrophen (Klimakatsatrophe, Artensterben, Umweltdesaster mit Plastik in der Nahrungskette etc.).
Hier haben wir genug Anlass zuerst einmal hinter unserer eigenen deutschen Haustür zu kehren und zu zeigen wie ein nachhaltiger Lebensstil funktionieren kann, der global gerechter ist und die Anliegen unserer Nachkommen und Mitgeschöpfe nicht außer acht lässt !

Wer und was legitimiert und

Wer und was legitimiert und bezahlt denn FFF und deren "Hauptaktivisten" tätig zu werden? Aus dem Nichts sind die nicht gekommen und ohne finanziellen Backround können die nicht aktiv werden. Jedenfalls scheinen die wissenschaftlichen Erkenntnisse noch nicht so weit durchgedrungen zu sein, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen und keine Sauställe bei den Demonstrationen zu hinterlassen.

Nennt man das heute Hetze, wenn eine ganze Generation für schuldig und verantwortlich erklärt wird. Dagegen wehre ich mich. Ich wage sogar die Behauptung, dass die Millenials aufgrund staatlicher Verblödung nie in der Lage sein werden, sich selbst und das Land zu erhalten, ob mit oder ohne Klimawandel.

Langsam

Auch ich denke, daß FFF die Hauptverantwortlichen - Kapital samt Militarismus - zu wenig benennt. Das sollte aber kein Grund sein "laut gegen die zu werden". Es muss unsere Aufgabe dafür zu sorgen, daß die Wachstumsideologie und die Resourcenraubmaschinerie (Militär), kritisch bei FFF diskutiert und angegangen werden. Natürlich nehmen viele die asoziale militaristische Politik der Oliveenen gar nicht war, die werden mit was identifiziert was sie seit Kosovo und Hartz gar nicht mehr sind, abee die SPD hat den gleichen Mist gemacht und hat dazu noch Ex-Minister, die nichts besseres zu tun haben als Bankvorstand zu werden. Svenja Schulz ist nun mal auch nicht radikaler als die Gretas. Wer arbeitet denn mit dem beSCHEUERtsten Minister zusammen ? Welche soziale und welche Klimawende hat denn die SPD auf der Tagesordnung ? Elend Musk ?

Wer sich für Klimaschutz,

Wer sich für Klimaschutz, Umweltschutz, Tierschutz usw einsetzen will, was bitter nötig ist, muss m.E. sämtliche Ideologien ausblenden, sei es rechts, links, grün etc., sondern mit klarem Menschenverstand überlegen und handeln. Dazu gehört auch, dass alle Wissenschaftler gehört und einbezogen werden, auch wenn mehrere die "Ideologie" des Mainstream nicht uneingeschränkt akzeptieren. Die öffentliche vorbehaltlose Debatte fehlt. Ebenso ist die Verbreitung einer Weltuntergangsstimmung sowie das Schüren von Angst, Schuldzuweisungen inkl. Beutelung der Bevölkerung mit immer mehr Steuern nicht produktiv sondern eher abschreckend. Die Bevölkerung begeistetn geht anders.

Die FFF-Bewegung wurde von langer Hand vorbereitet und ist ein Kapitalismus-Produkt, also von denen, die rücksichtlos Profite generiert haben und das auch in Zukunft tun werden bzw. versuchen, die Renditen noch auszuweiten. Das "noch tiefer in die Tasche des Bürgers zu greifen" muss schließlich mit Klima-Anstrich begründet werden. Es geht ums Geld + nicht um die Umwelt. Politiker setzen auch nur die Lobbyinteressen um.