Kindergrundsicherung und Kinderrechte

Koalitionsvertrag: Mit neuer Grundsicherung Kinder aus der Armut holen

Vera Rosigkeit24. November 2021
Vom Kindergeld zur Kindergrundsicherung: So sollen Kinder und Jugendliche vor Armut geschützt werden
Kinder aus der Armut holen, Angebote der Bildung und Mobilität weiter stärken: Mit der Kindergrundsicherung will die Koalition bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen. Und: Kinderrechte sollen endlich ins Grundgesetz.

Im Juli vergangenen Jahres sorgte eine Studie der Bertelsmann-Stiftung für Aufsehen. Aus dem veröffentlichten „Factsheet Kinderarmut in Deutschland“ ging hervor, dass in Deutschland 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut bedroht sind, mehr als jedes fünfte Kind. Von diesen etwas mehr als 20 Prozent der Kinder, die armutsgefährdet aufwachsen, beziehen rund 14 Prozent Grundsicherung (SGB II/Hartz IV). Knapp die Hälfte von ihnen (45,2 Prozent) wächst in alleinerziehenden Familien auf. Die Bertelsmann-Studie sprach von einer „unbearbeiteten Großbaustelle“, die sich durch Corona noch verschlechtert hat.

Grundsicherung für Kinder gefordert

Was die Studie auch deutlich machte: Dass das Aufwachsen in Armut begrenzt, beschämt und das Leben von Kindern und Jugendlichen auch mit Blick auf die Zukunft bestimmt. Begrenzt, weil die betroffenen Kinder seltener einen ruhigen Ort zum Lernen haben und mit 24 Prozent über keinen Computer mit Internetzugang verfügen. Sie können seltener Kleidung kaufen, kaum etwas mit Freund*innen unternehmen, das Geld kostet (z.B. ins Kino gehen oder Eis essen) und erhalten seltener von ihren Eltern Taschengeld.

Sozialverbände, Gewerkschaften und SPD-Politiker*innen nahmen die veröffentlichte Bertelsmann-Studie zum Anlass, klare Forderungen zur Bekämpfung von Kinderarmut zu stellen. So forderte die SPD in ihrem Wahlprogramm eine Grundsicherung für Kinder, die nicht nur finanzielle Leistungen, sondern auch Investitionen in gute und kostenfreie Bildung und Mobilität investiert und Kinder aus dem Hartz-IV-Bezug herausholt.

Leistung soll Existenzminimum sichern

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu nun: „Wir wollen mit der Kindergrundsicherung bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und konzentrieren uns auf die, die am meisten Unterstützung brauchen.“ Kinder sollen aus der Armut geholt, Kitas, Schulen und sonstige Angebote der Bildung und Teilhabe sowie Mobilität sollen weiter gestärkt werden, heißt es weiter. Geplant ist, bisherige finanzielle Unterstützungen, vom Kindergeld über Leistungen aus dem SGB bis hin zum Kinderzuschlag in einer einfachen, ausgezahlten Förderleistung zu bündeln. Die soll ohne bürokratische Hürden direkt bei den Kindern ankommen und ihr „neu zu definierendes soziokulturelles Existenzminimum sichern“.

Dabei soll die Leistung zwei Komponenten enthalten: Einen einkommensunabhängigen Garantiebetrag, der für alle gleich hoch ist, und einen vom Elterneinkommen abhängigen, gestaffelten Zusatzbetrag. Volljährige Anspruchsberechtigte sollen die Leistung direkt erhalten. Für die Übergangszeit bis zur Einführung der Kindergrundsicherung sollen von Armut betroffene Kinder mit einem Sofortzuschlag abgesichert werden. Zudem soll ein ebenfalls neu einzurichtendes, digitales Kinderchancenportal, in dem Leistungen für Bildung und Teilhabe zu finden sind, Kindern einen einfachen Zugang ermöglichen.

Kinderrechte ins Grundgesetz

Außerdem im Koalitionsvertrag festgeschrieben wird eine Forderung der SPD, mit der in der vergangenen Legilaturperiode Christine Lambrecht als SPD-Bundesjustiz- und Bundesfamilienministerin am Koalitionspartner CDU/CSU scheiterte: Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Dazu heißt es: „Wir wollen die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz verankern und orientieren uns dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention. Dafür werden wir einen Gesetzesentwurf vorlegen und zugleich das Monitoring zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention ausbauen.“

weiterführender Artikel

Kommentare

Hoffen wir alle, dass

wenigstens ein Teil des Geldes auch bei den Kindern ankommt bzw. diesen zugute kommt. Leider profitieren in der Regel die Eltern von den den Kindern zugedachten Mitteln, und stecken diese in den persönlichen Konsum- Unterhaltungselektronik, obwohl- auch die Kinder sehen fern, Alkohol und tabak- auch hier langen Kinder zuweilen zu. Dann müssen wir eigentlich auch die Bevölkerungsentwicklung im Auge behalten. Derzeit leben wohl knapp 9 Mrd Menschen auf der Erde, und in nicht 10 Jahren werden es 10 Mrd sein. Das Wachstum sollte begrenzt werden, auch indem Anreize für das Wachstum begrenzt werden. Sachleistungen für Kinder, das wäre wohl das beste, um dem gerecht zu werden

"Argumente"

Das sind ja wieder die "Argumente" aus der Schröderzeit, die auch zu Bild und CDSU passen. Generalverdacht gegen die Eltern armer Kinder - Mit sowas im Kopf kann man keine sozialdemokratische Politik zugunsten der Kinder machen.

leider

faktenbasiert. Verstehe ich Sie richtig, dass faktenbasiertes einer sozialdemokratischen Politik per se entgegensteht?