Klimaschutzpaket: So viel SPD steckt im Eckpunktepapier der großen Koalition
Nach einem Verhandlungsmarathon im Koalitionsausschuss haben sich SPD, CDU und CSU auf ein umfassendes Klimaschutzpaket geeinigt. Während vor den Türen „Fridays for Future“ zusammen mit zahlreichen anderen Bündnissen demonstrierten, gab es im Klimakabinett zur Mittagszeit einen Konsens. Das Paket beinhaltet mehrere verschiedene Maßnahmen und außerdem Vereinbarungen darüber, wie künftig die Einhaltung der Klimaschutzziele überwacht wird. Bei Bedarf soll nachgesteuert werden.
CO2-Preis über Zertifikate
Nach über 18 Stunden sieht der Konsens so aus: Im Gebäude- und Verkehrsbereich soll der Austoß von Kohlenstoffdioxid ab 2021 Geld kosten. Unternehmen, die CO2-Emissionen verursachen, sollen Zertifikate kaufen, also Verschmutzungsrechte, damit sie das klimaschädliche Gas ausstoßen dürfen. Praktiziert wird diese Art von Emissionshandel in ähnlicher Weise schon in der Industrie und auf europäischer Ebene. Für das jetzt beschlossene nationale System soll es allerdings einen Mindestpreis für die Zertifikate geben. Der soll zu Beginn zwar niedrig sein – der Einstiegspreis liegt bei 10 Euro pro Tonne CO2 – im Laufe der Jahre aber steigen. Eine CO2-Steuer, wie sie anfangs von der SPD gefordert worden war, konnten die Sozialdemokraten nicht durchsetzen. Dennoch lobte Vizekanzler Olaf Scholz das Verhandlungsergebnis, strich das Gesamtpaket aus Fördermaßnahmen und CO2-Bepreisung heraus.
Ab 2021, wenn die Zertifikate eingeführt werden, dürften die Kosten für Diesel, Benzin, aber auch die Heizungskosten steigen. Um die Bürger trotzdem zu entlasten, soll sowohl die Pendlerpauschale erhöht werden als auch der Austausch von Öl-Heizungen umfangreich gefördert werden. Ab 2026 soll der Einbau von Öl-Heizungen dann komplett verboten werden. Das entspricht dem von der SPD geforderten Modell: Der Einsatz klimafreundlicher Technologie soll gefördert werden, klimaschädliche Technologie langfristig verboten werden. So hatte es auch bereits die kommissarische Parteivorsitzende Malu Dreyer zum Wochenbeginn erläutert.
Diesen Ansatz hob Dreyer auch bei der Vorstellung des Pakets am Freitag hervor: „Wir wollen niemand außen vor lassen.“ Das gelte auch für die Menschen, die weit pendeln, die beispielsweise nicht einfach auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen könnten, verteidigte sie die Erhöhung der Pauschale. Den Sozialdemokraten sei es bei den Verhandlungen nicht nur wichtig gewesen, die Klimaschutzziele künftig zu erreichen, „sondern auch, dass wir in der Gesellschaft zusammenhalten“. „Fridays for Future haben uns alle aufgerüttelt“, gestand SPD-Vizekanzler Olaf Scholz mit Verweis auf den Klimastreik und die Demonstrationen der vergangenen Wochen und Monate.
„Sorgen dafür, dass alles bezahlbar bleibt“
Insgesamt 54 Milliarden sollen bis 2023 investiert werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen. „Das sind massive Investitionen“, betonte Scholz. Investionen, die unter anderem über den Zertifikatehandel, eine höhere Kfz-Steuer für besonders umweltschädliche Fahrzeuge und eine steigende Lkw-Maut finanziert werden sollen, wie Scholz vorrechnete. „Wir sorgen dafür, dass alles bezahlbar bleibt“, bekräftigte er. Die Kombination aus Förderungen und ordungsrechtlichen Maßnahmen sei ein „Angebot“, ergänzte SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich, auch für die „Arbeit der Zukunft“. Mit diesem Maßnahmenpaket könne Deutschland auch ein Vorbild für andere Länder sein – Klimaschutz sei allerdings eine Aufgabe von Jahrzehnten.
Fliegen wird teurer, Bahn fahren günstiger
Eine weitere Maßnahme, damit die Bürger nicht einseitig belastet werden beim Kampf gegen den Klimawandel: Die EEG-Umlage, die über den Strompreis gezahlt wird, soll in den kommenden Jahren sinken. Ebenfalls beschlossen wurde ein Anreizsystem für den öffentlichen Verkehr: Bahntickets sollen günstiger werden, indem die Mehrwertsteuer gesenkt wird, Flugtickets über eine Luftverkehrssteuer teurer werden. Allesamt Maßnahmen, die allerdings noch in Gesetze gegossen werden müssen, wie SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich betonte: „Jetzt beginnt die Arbeit im Parlament richtig.“ Bereits im November sollen die ersten Gesetzesentwürfe dafür vorgelegt und in den Bundestag eingebracht werden.
Klimakabinett bleibt bestehen
Das im vorigen Jahr gegründete Klimakabinett soll auch weiterhin regelmäßig zusammenkommen, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte. Die Koalitionsspitzen von SPD und Union betonten außerdem, wie wichtig die nun jährlich stattfindende Kontrolle der Klimaschutzmaßnahmen sei. Eine unabhängige Expertenkommission soll künftig bewerten, ob die jetzt beschlossenen Maßnahmen künftig auch die geplante Wirkung entfalten. Werden in den verschiedenen Bereichen gesetzte Mindestziele nicht erreicht, sollen innerhalb von drei Monaten neue Steuerungsmaßnahmen beschlossen werden, heißt es in dem Eckpunktepapier zum Klimaschutzprogramm 2030.
SPD-Umweltministerin Svenja Schulze sieht das Paket als einen Neuanfang in der deutschen Klimapolitik. „Es wird klar geregelt, was passiert, wenn ein Bereich vom vereinbarten Klimakurs abweicht und wer dann wie nachbessern muss“, erklärte sie die Kontrollmechanismen. Es dürfe nie wieder passieren, dass die Klimaschutzziele verfehlt werden. „Die junge Generation kann sich darauf verlassen, dass sich diese und künftige Bundesregierungen an verbindliche Klimaziele halten“, sagte sie in Richtung der Demonstranten von „Fridays for Future“.
Das komplette Eckpunktepapier auf der Seite der Bundesregierung