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Klimaschutzabkommen: Wie Klimaschützer Geschichte schreiben

In Paris wurde am vergangenen Wochenende ein historisches Abkommen beschlossen, das eine neue Ära der internationalen Zusammenarbeit einleitet. Im Kampf gegen den Klimawandel haben sich die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen auf eine vollständige Absenkung von Treibhausgasemissionen verständigt.
von Klaudia Starke · 14. Dezember 2015

Die ganz großen Gefühle werden auf internationalem Parkett selten angesprochen. Echte historische Momente sind rar: die Mondlandung, der Fall der Mauer – und jetzt nach über zwei Jahrzehnten des Verhandelns das erste weltweit gemeinsam beschlossene Kimaschutzabkommen. Als COP-Präsident Laurent Fabius am vergangenen Samstag um 11:53 mit seiner Rede anhob, wusste er noch nicht, ob der vorgelegte Textentwurf gebilligt werden würde. „Sie haben das Schicksal der Welt in der Hand“, appellierte er an die Deligierten der 195 UN-Staaten. Frankreichs Präsident Hollande unterstützte ihn: „Sie haben heute die Möglichkeit, die Welt zu verändern.“

Ausgeklügelte Verhandlungsführung

Um 19.30 Uhr fiel schließlich der Hammer. Die Staatengemeinschaft einigte sich auf das erste globale Klimaschutzabkommen. Minister, Verhandler und NGO-Vertreter lagen sich in den Armen. „Man muss mit großen Worten vorsichtig sein und ich neige auch nicht zur Übertreibung, aber heute können wir sagen, wir haben alle zusammen Geschichte geschrieben“, erklärte Umweltministerin Barbara Hendricks im Anschluss. Medien weltweit teilen ihre Einschätzung.

Möglich wurde dieser mehr als zwanzig Jahre lang vergeblich angestrebte Erfolg durch die meisterhafte Diplomatie der französischen Präsidentschaft. Dank einer ausgeklügelten Verhandlungsführung fühlten sich alle teilnehmenden Staaten ernst genommen und zeigten Kompromissbereitschaft. „Der Geist von Paris hat das Gespenst von Kopenhagen vertrieben“, so Hans-Joachim Schellnhuber, Leiter des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Das Wort der Stunde hieß "sorgfältig geschmiedete Balance“. „Vielleicht nicht das beste denkbare Abkommen, aber das bestmögliche“, wie ein Konferenzteilnehmer bemerkte.

Starkes Signal an die Wirtschaft

Nicolas Stern, der mit der Veröffentlichung des einflussreichen Stern-Reports im Herbst 2006 den Klimawandel auch in Wirtschaftskreisen gesprächsfähig gemacht hatte, bringt die Einzigartigkeit des Abkommen auf den Punkt: „Es geht hier um eine klare Anerkennung, dass nachhaltige Entwicklung, die Überwindung der Armut und das Einsparen von Treibhausgasen zusammenkommen.“ In den Worten von Jennifer Morgan, Direktorin des Klimaprogramms beim einflussreichen World Resources Institute (WRI) klingt das so: „Dieser Vertrag stellt eine neue Art der internationalen Kooperation dar – eine, bei der Industrie- und Entwicklungsländer im gemeinsamen Rahmen zusammenarbeiten.

Umweltverbände hatten während der Verhandlungen mehrere Kriterien für ein erfolgreiches Abkommen benannt. Neben der Finanzierung von Klimaschutz für Entwicklungsländer müsse ein starkes Signal an die Wirtschaft gesandt werden. Dies wird jetzt durch drei Faktoren gewährleistet: Erstens, die völkerrechtlich verankerte 2-Grad-Obergrenze versehen mit einem Hinweis, den Temperaturanstieg möglichst sogar auf 1,5 Grad zu begrenzen. Zweitens eine konkrete Handlungsanweisung, bis zur zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Belastung der Atmosphäre auf Null zu senken. Und drittens ein fünfjähriger Überprüfungsmechanismus für die freiwilligen nationalen Beiträge, sogenannte INCDs, die immer ehrgeiziger fomuliert werden müssen.

„Das bedeutet den Abschied von fossilen Energien, also Dekarbonisierung“, erläutert Umweltministerin Hendricks. „Das Abkommen wird die Welt der Energie- und Klimapolitik verändern“, kommentiert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umwelt und Entwicklungsorganisation Germanwatch.

Der Anfang ist gemacht, aber....

Davor steht allerdings ein großes „Aber“. „Das Pariser Abkommen ist ein Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel – für Millionen Menschen in den ärmsten Ländern gibt es deswegen aber noch keine Entwarnung. Die Welt steuert weiter auf eine Erwärmung um rund drei Grad zu“, sagt Jan Kowalzig, Klimareferent bei Oxfam Deutschland. Tatsächlich ist das Abkommen nur der Anfang, ein kleinster gemeinsamer Nenner. Jeder der Vertragsstaaten ist aufgefordert, sich nach der Decke zu strecken und die selbstgewählten Ambitionen so anspruchsvoll wie möglich zu gestalten.

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Autor*in
Klaudia Starke

ist freie Journalistin.

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