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Katarina Barley: Wie sie für Europa emotional begeistern will

Katarina Barley ist SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl im kommenden Jahr. Warum es so wichtig ist, dabei einen Rechtsruck im Europaparlament zu verhindern und welche Themen ihr außerdem wichtig sind, hat sie am Dienstag skizziert.
von Jonas Jordan · 10. Oktober 2023
Katarina Barley, Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl im kommenden Jahr, spricht auf der Tiergartenkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Katarina Barley, Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl im kommenden Jahr, spricht auf der Tiergartenkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Alle Journalist*innen kennen die fünf W-Fragen, die jeder Artikel beantworten sollte. Also gut: Was? Europawahl im kommenden Jahr. Wann? Am 9. Juni. Wo? In allen 27 EU-Mitgliedsstaaten. Wer? Auch diese Frage ist seit Ende September geklärt: Katarina Barley, derzeit Vizepräsidentin des Europaparlaments, wird die SPD als Spitzenkandidatin in die Wahl führen. Bleibt nur noch die Frage nach dem Wie: Mit welchen Themen wollen Barley und die SPD den Wahlkampf führen? Eine erste Antwort darauf liefert die Sozialdemokratin am Donnerstag während der Tiergartenkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Die Rechte des Parlaments stärken

Befragt, was angesichts eines drohenden Rechtsrucks nach der Europawahl zu tun sei, sagt Barley: „Der Rechtsruck ist schon da. In Kommission und Rat haben wir ihn schon. Mit jeder Regierung, die wir verloren haben, ist es ein Sitz im Rat.“ Sie verweist auf die Wahlerfolge rechter Parteien in Finnland, Schweden und Italien. Dadurch würden sich nicht nur die Mehrheitsverhältnisse im Rat, dem Gremium, in dem die Regierungsvertreter*innen der 27 EU-Mitgliedsstaaten zusammenkommen verändern. Es führe auch dazu, dass eben jene Regierungen voraussichtlich weniger progressiv eingestellte Kommissar*innen in die künftige Kommission entsendeten.

Umso wichtiger sei es, eben jenen Rechtsruck im Parlament zu verhindern und zugleich dessen Rolle zu stärken, betont Barley. „Es ist nur noch das europäische Parlament, das ein Korrektiv sein kann gegen Rechtspopulismus für ein Europa, das stark ist in der Welt und die Menschen in den Mittelpunkt stellt“, sagt sie. Barley fordert daher institutionelle Reformen, die Mehrheitsentscheidungen im Rat, aber auch ein Initiativrecht für das Parlament beinhalten sollen. „Wir brauchen eine wehrhafte Union, damit uns Regierungen wie die von Viktor Orbán nicht auf der Nase tanzen“, macht Barley deutlich.

Deutliche Kritik an von der Leyen

In diesem Zusammenhang übt sie auch dezidiert Kritik an der aktuellen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU), die ihrer Meinung nach zu wenig gegen Regierungen in Ungarn oder Polen unternehme, wenn diese mit ihrer Politik gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstießen. „Diese Kommissionspräsidentin hat null Ehrgeiz an diesem Punkt. Die himmelschreiende Korruption in Ungarn wird nicht geahndet. Da könnte ich die Wände rauf- und runterlaufen.“ Die aktuelle Kommission agiere zu spät, zu zögerlich und zu zaghaft in der Sache. „Ich kenne Ursula von der Leyen sehr gut und weiß, dass sie eine überzeugte Europäerin ist. Deswegen verstehe ich es einfach nicht. Da wünsche ich mir bei der nächsten Europawahl ein ganz klares Zeichen, in welche Richtung es gehen soll“, sagt Barley.

Zudem fordert sie, mehr für den Schutz freier Medien in Europa zu tun. „Es ist so unglaublich wichtig, damit wir eine freie, öffentliche Debatte führen können“, macht Barley deutlich. Auch der europäische Austausch, die Begegnungen von Menschen aus unterschiedlichen Mitgliedsstaaten sollten aus ihrer Sicht stärker gefördert werden. „Jeder Mensch sollte einmal im Leben in irgendeiner Form einen längeren Austausch mit dem Ausland haben“, fordert sie.

Barley: „Es steckt ganz viel Herz in Europa“

Notwendig sei darüber hinaus, der Hetze und negativen Stimmungsmache rechter Parteien ein eigenes, positives Bild entgegenzusetzen. „Es steckt ganz viel Herz in Europa. Das müssen wir wirklich rüberbringen. Es muss uns gelingen, ein anderes Bild zu zeichnen. Dafür müssen wir selbst begeistert sein und diese Begeisterung selbst weitertragen“, sagt sie und fügt mit Blick auf die Europawahl im Juni 2024 an: „Ich freue mich darauf, mit euch dafür zu kämpfen im nächsten Jahr.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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