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Nach intensiver Debatte: SPD-Parteitag stimmt für Gespräche mit der Union

Die Debatte war intensiv und laut: Fast fünf Stunden haben die Delegierten des SPD-Bundesparteitags über die Aufnahme von Gesprächen mit CDU und CSU über eine mögliche Regierungsbeteiligung diskutiert. Am Ende stimmten sie dafür, doch die Debatte wird weitergehen.
von Vera Rosigkeit · 7. Dezember 2017
Große Mehrheit nach intensiver Debatte: Der SPD-Bundesparteitag hat sich für ergebnisoffene Gespräche mit CDU und CSU über eine mögliche Regierung ausgesprochen.
Große Mehrheit nach intensiver Debatte: Der SPD-Bundesparteitag hat sich für ergebnisoffene Gespräche mit CDU und CSU über eine mögliche Regierung ausgesprochen.

Ergebnisoffene Gespräche oder absolutes Nein zur Neuauflage einer Großen Koalition mit CDU/CSU, rund 600 Delegierte haben am Donnerstag auf dem SPD-Bundesparteitag in Berlin diskutiert und am Ende abgestimmt. Eine große Mehrheit sprach sich dafür aus, dem Leitantrag des SPD-Parteivorstandes zu folgen und in Gesprächen mit der Union auszuloten, ob und in welcher Form die SPD eine neue Bundesregierung mittragen kann.

Juso-Chef Kühnert: Gemeinsamkeiten mit Union sind aufgebraucht

Da die SPD-Spitze unmittelbar nach ihrem dramatischen Wahlergebnis im September entschieden hatte, in die Opposition zu gehen und die Erneuerung der Partei in Angriff zu nehmen, war die Ausgangslage denkbar schwierig.

Es sind vor allem die Jusos, die an dieser Entscheidung festhalten: „NoGroko“, lautet ihr Votum während einer leidenschaftlich geführten, fast fünf Stunden andauernden Aussprache. Juso-Chef Kevin Kühnert bringt es stellvertretend für die junge Generation in der SPD auf den Punkt: Die Gemeinsamkeiten mit der Union seien aufgebraucht, die große Koalition mit einem Minus von 14 Prozent abgewählt worden. Kühnert warnt: „Wir wollen nicht, dass die SPD immer wieder gegen die gleiche Wand rennt“, sagt er. Und mit Blick auf die dringend notwendige Erneuerung der SPD erklärt er: „Wir sind die junge Generation und wollen eine Partei mit Zukunft.“

Andrea Nahles: „Wir müssen hart reden.“

Dagegen stehen andere Stimmen. Fraktionschefin Andrea Nahles wirbt für Gespräche mit CDU und CSU: „Wir verschenken nichts. Wir müssen hart reden.“ Den Jusos verspricht sie, die SPD „nicht auf dem Altar des Regierens zu opfern“ und das Parlament wieder zum Austragungsort der Demokratie zu machen.

Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Themen herausfordern und dann entscheiden, dafür spricht sich der Sprecher der Parlamentarischen Linken Matthias Miersch aus. Der Befürchtung, eine große Koalition könne den Erneuerungsprozess der SPD verhindern, teilt er nicht.

Vor- und Nachteile einer Minderheitsregierung

Auch andere Möglichkeiten diskutieren die Parteitagsdelegierten: die Tolerierung einer Minderheitsregierung etwa. Die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission Gesine Schwan warnt: Das sei nur ein scheinbares Raushalten ohne die Möglichkeit, selber zu gestalten, sagt sie. Malu Dreyer, Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, sieht diese begrenzten Möglichkeiten der Gestaltung, hält die Tolerierung trotzdem für einen guten Weg. Es liege an der SPD klare Verabredungen zu einzelnen Politikfeldern zu treffen, erklärt sie.

NRW-Landeschef Michael Groschek wirbt dafür, nach möglichen Gesprächen mit der Union einen Sonderparteitag über einen möglichen Einstieg in Koalitionsverhandlungen entscheiden zu lassen. So ließe sich Vertrauen herstellen, ist er überzeugt. Sein Vorschlag wird schließlich in den Leitantrag aufgenommen. Das bedeutet im Klartext: Nach intensiven Debatten über eine mögliche Regierungsbildung stehen der SPD weitere intensive Debatten bevor, denn entschieden ist an diesem Donnerstag noch nichts.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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