Pressekonferenz am Montag

Impfpflicht: SPD-Generalsekretär Kühnert verteidigt Scholz' Kurs

Jonas Jordan10. Januar 2022
Auf seiner ersten Pressekonferenz als SPD-Generalsekretär verteidigt Kevin Kühnert den Weg, die Entscheidung über eine Impfpflicht im Bundestag als Gewissensfrage zu deklarieren. Zugleich positioniert er sich deutlich gegen Corona-Gegner*innen.

„Der Raum, die anwesenden Personen und der dünne Kaffee waren mir bereits bekannt“, antwortete Kevin Kühnert mit einem Augenzwinkern auf die Frage, wie er seine erste Präsidiumssitzung als SPD-Generalsekretär erlebt habe. Ansonsten war Kühnert bei seiner ersten Pressekonferenz in neuer Funktion allerdings nicht zum Lachen zumute. Die-Corona-Pandemie stand mal wieder im Mittelpunkt der vorangegangenen Präsidiumssitzung. „Es ist genauso gekommen, wie im Dezember zu befürchten war. Die Zahlen türmen sich auf“, sagte er mit Blick auf die Ausbreitung der Omikron-Variante. 

Umso wichtiger sei es, sich nicht nur an die geltenden gesetzlichen Regelungen zu halten, sondern auch darüber hinaus gehenden Empfehlungen wie der Arbeit im Home Office zu folgen, betonte Kühnert. In Bezug auf eine aktuell viel diskutierte Impfpflicht gegen Covid-19 sei es aus seiner Sicht weiterhin der richtige Weg, die Abstimmung darüber im Bundestag freizugeben, wie es Bundeskanzler Olaf Scholz bereits vor einiger Zeit angekündigt hatte. Dies sei eine souveräne und reife Entscheidung. Entsprechend gebe es auch keine Aufforderung des SPD-Präsidiums an die Bundesregierung, einen eigenen Antrag zur Impfpflicht vorzulegen.

Schnelle, aber sorgfältige Entscheidung über Impfpflicht

„Manche werden sich noch daran gewöhnen müssen, dass ein Bundeskanzler sich eine eigene Meinung erlaubt und diese auch vertritt“, erklärte Kühnert mit Blick auf Scholz' Aussage, als Abgeordneter für eine Impfpflicht stimmen zu wollen. Der Generalsekretär zeigte sich in dieser Frage hingegen noch unentschieden: „Ich selbst habe mich bislang nicht entschieden, wie ich abstimmen werde.“ In der Vergangenheit hatte sich Kühnert bereits kritisch in Bezug auf ein zentrales Impfregister geäußert. Stichprobenartige Kontrollen seien vermutlich das bessere Mittel, sagte er am Montag.

Zugleich stellte er klar, dass die mögliche Einführung einer Impfpflicht nicht bei der Bewältigung der sich aktuell ausbreitenden Omikron-Variante helfen werde: „Diese Welle müssen wir ohne eine solche Maßnahme bewältigen.“ Was den Zeitpunkt der Beratung im Bundestag angeht, zeigte sich Kühnert auch für eine mögliche Sondersitzung im kommenden Monat offen: „Mein Kalender sieht nicht allzu viele Karnevalstermine im Februar vor.“ Wichtig sei in jedem Fall eine schnelle, aber sorgfältige Befassung. Der finale Zeitplan müsse zwischen den Fraktionen im Bundestag abgestimmt werden.

Kühnert: „Abstimmung mit dem Oberarm entschieden“

Deutlich positionierte sich der SPD-Generalsekretär auch gegen die sogenannten Corona-Spaziergänge, die vielerorts zurzeit stattfinden und zunehmend von Rechtsradikalen unterwandert würden. „Im Bier sind auch nur fünf Prozent Alkohol. Trotzdem ist es ein alkoholhaltiges Getränk. So ist es auch bei solchen Demonstrationen, egal ob dort 20 oder 50 Rechtsradikale mitlaufen“, sagte Kühnert und rief dazu auf, sich davon zu distanzieren. Er stellte sich klar gegen die Behauptung dieser Demonstrant*innen, sie würden für eine schweigende Mehrheit im Land sprechen: „Da muss man sagen: Nein. Denn diese Frage wurde per Abstimmung mit dem Oberarm entschieden.“

Auch wenn mancherorts hunderte oder tausende Menschen durch die Straßen zögen, sei doch die größte Demonstration, die zum Thema Corona seit mehr als einem Jahr stattfinde, „die Demonstration von vielen Millionen Geimpften, die Tag für Tag durch unser Land zieht“, sagte Kühnert. Zugleich wolle die Parteispitze Unterstützungsangebote für Kommunalpoltiiker*innen erneuern. Denn diese seien aktuell massivem Druck ausgesetzt. „Es darf nicht sein, dass demokratisches Engagement in unserer Gesellschaft kaputt gemacht wird von Leuten, die kein Maß und keine Mitte in ihrer Kritik an geltenden Maßnahmen mehr kennen. Deswegen werden wir uns das nicht gefallen lassen.“

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Kommentare

Impfpflicht

Aufgrund der geringen Wirksamkeit der hierzulande zugelassenen Vaccine halte ich eine Impfpflicht für nicht ausreichend begründbar. Die Einführung einer Impfpflicht wird die Gesellschaft noch mehr spalten und rechten Rattenfängern Vorschub leisten. Das kann unsere Demokratie nicht brauchen.

Weder Gewissensentscheidung noch sinnvoll

Mit Blick auf die begrenzte Dauer der Wirkung der Impfstoffe scheint eine Impfpflicht wenig sinnvoll zu sein. Das Coronavirus lässt sich ganz grundsätzlich nicht ausrotten, schon weil es von Tieren auf Menschen springen kann. Dadurch sind zB Mutationen immer möglich.

Eine Gewissensentscheidung sehe ich hier nicht, weil es lediglich um eine nüchterne Bewertung von Fakten geht. Etwas anderes wäre es bpsw. beim Thema Abtreibung, wo auch religiöse Aspekte (und damit rein persönliche Überlegungen) für Abgeordnete eine Rolle spielen können.

Wir sehen, dass neben den Querdenkern noch eine zweite extreme Gruppe der Corona-"Fanatiker" existiert, die völlig besessen von der Angst vorm Virus ist. Diese Gruppe stellt genauso eine Gefahr für unsere Demokratie und die innere Liberalität des Staates dar wie die Querdenker. Die Mehrheitsgesellschaft wird von diesen beiden lauten Minderheiten in die Zange genommen und bedrängt.

Wir erleben dadurch zunehmend Weimar-artige Verhältnisse, auch wenn der Kanzler dies nicht sieht (oder sehen mag). Aber die existierende Spaltung unserer Gesellschaft würde durch eine Impfflicht nur weiter angeheizt, mehr nicht.

Bei den hier zugelassen

Bei den hier zugelassen Impfstoffen handelt es sich allesamt immer noch um bedingt zugelassen Impfstoffe, die sich in der 3. clinischen Phase befinden (die 3. Phase geht noch bis ca. Ende 2023). Schon allein aufgrund der Tatsache sollte den Menschen die Entscheidung überlassen werden, ob sie sich impfen lassen oder nicht.

Die SPD hat sich vollkommen verrant in die Impfpflicht

Sie kann dabei nichts gewinnen. Gregor Gysi hat am 06.01. bei Lanz das notwendige gesagt: Ca. 30 % der Bevölkerung sind noch nicht geimpft, womöglich sind noch 5 bis 10 % durch Impfpflicht zum Impfen zu bewegen. Der Rest ist und bleibt zu groß. um ihn nassforsch wie Kevin Kühnert zu einer Minderheit zu erklären. An Kevin wäre die Frage zu stellen, ob er denn allen ernstes glaubt, dass sich alle geimpften Personen aus Überzeugung haben impfen lassen? In meinem Bekanntenkreis lässt sich die Hälfte nur impfen, um den Freiheitsbeschränkungen zu entgehen. Werden die der SPD danken?

Was also verspricht sich die SPD von der Impfpflicht? Das Ergebnis wird eine noch weiter gespaltene Gesellschaft sein. Wir gewinnen dafür mit der Impfpflicht ein verfassungsrechtlich riskantes und sozialpolitisch fragwürdiges neues Rechtsinstitut, das zu weiteren Anwendungsfällen verführt. Wir handeln uns Einfallstore ein für die zunehmende Kommerzialisierung von personenbezogenen Gesundheitsdaten.

Gewinnen könnte die SPD nur, wenn sie sich für eine nachhaltige Stärkung des Pflegeberufs einsetzt, die Impfkampagne auf freiwilliger Basis fortsetzt und den Pandemie-Maßnahmenkasten weiter diversifiziert

Kühnert verteidigt Scholz' Kurs

Die Frage der Impfpflicht zu einer Gewissensfrage zu machen, ist für mich ziemlich abwegig, weil das Impfen gegen ein pandemisches Virus eine Sachfrage ist. Zur Gewissensfrage gemacht wurde sie doch nur aus Rücksichtnahme auf eine der Koalitionsparteien.

Kühnert kann sich noch nicht zu einer eigenen Meinung in Sachen Impfpflicht durchringen, ist aber gegen Corona-Spaziergänge, obwohl die Mitspazierer sich nicht einmal auf ihr Gewissen, sondern nur auf fake news und das Grundgesetz berufen.

Zugegeben: Wenn man das Impfen nicht nur als eine persönliche Angelegenheit sieht, sondern auch den Schutz anderer mitdenkt, könnte das Gewissen schon gefragt sein. Wann regt sich eigentlich das Gewissen von Kevin Kühnert?

ich halte es für verwerflich,

das Gewissen des Abgeordneten nur im Ausnahmefall als Regulativ zu bemühen. Abgeordnete sind jedenfalls nach der Verfassung ausschließlich ihrem gewissen verpflichtet, und sonst niemandem. Dass dies in Einzelfällen anders ist, und der Fraktionszwang hier dem Gewissen Schranken setzt, rechtfertigt in den Augen einiger- denen ich mich keinesfalls anschliesse- den Vorhalt eines gewissenlosen agierens der gewählten Volksvertreter