Kanzlerbefragung im Bundestag

Impfpflicht: Das möchte Olaf Scholz

Lars Haferkamp12. Januar 2022
Bundeskanzler Olaf Scholz spricht Klartext: Bei der Regierungsbefragung am 12. Januar 2022 im Bundestag spricht er sich für eine Impfpflicht in Deutschland für alle Volljährigen aus.
Bundeskanzler Olaf Scholz spricht Klartext: Bei der Regierungsbefragung am 12. Januar 2022 im Bundestag spricht er sich für eine Impfpflicht in Deutschland für alle Volljährigen aus.
Am Mittwoch hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz den Fragen der Abgeordneten im Bundestag gestellt. Dabei beschrieb er auch, wie eine Impfpflicht in Deutschland aussehen könnte.

Es war die erste Befragung von Olaf Scholz als Kanzler im Bundestag. Über eine Stunde steht er am Mittwoch den Abgeordneten aller Fraktionen Rede und Antwort – und das ganz in freier Rede. Doch ehe es dazu kommt, muss Bundestagspräsidentin Bärbel Bas die Ordnung im Plenarsaal wiederherstellen. Die gesamte AfD-Fraktion hält nämlich Protestplakate gegen die Corona-Impfung in die Luft – wohlwissend, dass solche Aktionen im Bundestag nicht gestattet sind. Bas fordert die AfD auf, die Plakate „sofort“ herunterzunehmen, „sonst muss ich Sie des Saales verweisen“. Als die AfD zögert, stellt sie klar: „Ja, das meine ich ernst.“ Das hat Wirkung: Die Rechtsaußen ziehen ihre Plakate wieder ein.

Olaf Scholz weist die AfD zurecht

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie und zu diesem Zweck die Einführung einer Impfpflicht bestimmen dann auch die Befragung des Kanzlers. Dabei werden die Meinungsunterschiede zwischen Olaf Scholz und seiner Ampelkoalition zur CDU/CSU, besonders aber zur AfD überaus deutlich. Als der AfD-Abgeordnete Martin Sichert in seiner Frage an den Kanzler von Todesfällen nach Corona-Impfungen in Deutschland spricht, weist Scholz ihn zurecht: „Sie verwirren die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes! Und das Einzige, was daran gut ist, ist dass Sie damit keinen Erfolg haben. Denn unser Land ist nicht gespalten, sondern hält zusammen.“ Die Koalitionsfraktionen applaudieren.

Auf den Einwand der AfD, Scholz orientiere sich in seiner Antwort nicht an den Fakten, antwortet der: „Einen offenen und ehrlichen Umgang mit den Fakten wünsche ich vor allem Ihnen!“ Applaus von der Koalition. Jeder wisse, dass es auch Nebenwirkungen geben könne. „Darüber ist immer informiert worden“, so Scholz. Die sehr vorsichtige Ständige Impfkommission habe das Vorgehen der Regierung stets unterstützt. Der Kanzler ermahnt die AfD: „Halten Sie sich an die Fakten! Verwirren Sie nicht die Bürger! Schützen Sie die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger!“

Der Kanzler will unbürokratische Impfpflicht

Der CDU/CSU-Abgeordnete Günter Krings möchte wissen, wie eine künftige Impfpflicht konkret aussehen soll. Scholz weist daraufhin, dass es dazu Anträge aus den Reihen des Bundestages geben werde. Die Bundesregierung werde die Abgeordneten dabei gut beraten und fachlich unterstützen. Die Impfpflicht sei „eine so wichtige Frage“, dass die Entscheidung „ohne Fraktionszwang“ im Bundestag getroffen werden solle. Dennoch sei er damit „nicht meinungslos“ geworden, so Scholz. Und wird konkret: Es wäre richtig, die Impfpflicht für „alle Volljährigen, alle über 18-Jährigen“ einzuführen. Und es wäre ebenso richtig, „eine möglichst unbürokratische Lösung zu finden“.

Mit der Impfpflicht, so der Kanzler, werde man „eine Kurskorrektur vornehmen“ im Hinblick auf die Haltung der ehemaligen Bundesregierung und des früheren Bundetages. Man habe lernen müssen, dass es nicht gelungen sei, „eine ausreichend hohe Impfquote allein durch Überzeugung“ zu erreichen. Die Kurskorrektur habe er „bereits im November von vornherein skizziert“. Nun solle dieser Weg gegangen werden. Die offene Abstimmung im Bundestag sei „der Sache angemessen“.

Scholz: Stolz auf 30 Millionen Impfungen

Die bisherige Corona-Politik der neuen Bundesregierung bewertet der Kanzler als erfolgreich. Bis Weihnachten habe man 30 Millionen Impfungen geschafft. Das Boostern sei gelungen „in einem Umfang und in einem Ausmaß, wie es in anderen Ländern der Europäischen Union nicht gleichermaßen geschieht.“ Er sei „sehr stolz auf das, was uns bis Weihnachten gelungen ist“. Das Ziel sei nun, wieder auf das Niveau vor Weihnachten zu kommen, wenn in allen Bundesländern die Ferien zu Ende seien. „Über eine Million Impfungen pro Tag“ wolle man schaffen. Dass sei auch nötig, weil die Omikron-Welle auch in Deutschland zunehmen werde, wie es bereits in vielen anderen Ländern zu beobachten sei.

Das sei auch ein Grund, „warum ich mich dafür einsetze, unterstützt von vielen anderen im politischen Raum, aber auch unterstützt von den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, dass wir in Deutschland eine Impfpflicht einführen“. Der Kanzler zeigte sich „sehr dankbar“, dass die Debatte darüber im Bundestag nun beginne. „Und ich hoffe, dass es eine zügige gute Beratung geben wird.“ Scholz lässt keinen Zweifel, dass er die Impfpflicht für nötig hält und kündigt an: „Ich werde mich aktiv dafür einsetzen.“

Kritik an Unions-Ländern ohne 2G-Plus

Als der Unions-Abgeordnete Sepp Müller den Kanzler nach „weiteren Maßnahmen“ zur Pandemie-Bekämpfung fragt, nutzt dieser dies für einen Konter gegen CDU und CSU. Neben dem zentralen Element des Boosterns, so Scholz, „versuche ich gerade mitzuhelfen“, dass die Einigung des Kanzlers mit den Ministerpräsident*innen über die Corona-Bekämpfung „auch überall umgesetzt werden“. Das Thema 2G-Plus „ist eine der Regelungen, die wir dort vereinbart haben für die Restaurants“, erinnert Scholz die Union. „Ich sehe noch Zweifel in einigen Bundesländern.“ Damit meint er das CSU-geführte Bayern und das CDU-geführte Sachsen-Anhalt, die die Regelung bisher nicht umgesetzt haben. Der Kanzler appelliert an die Union im Bundestag: „Es wäre schön, wenn wir gemeinsam dafür werben könnten, dass auch in diesen Bundesländern, wo das noch nicht so gesehen wird, alle mitmachen bei 2G-Plus.“

weiterführender Artikel

Kommentare

Überzeugend geht anders!

Die Frage der AfD, Olaf Scholz möge zu den Todesfällen nach Impfungen Stellung nehmen, hat der Kanzler umschifft. Das mag in der Fragestunde durchgehen, aber überzeugen wird dies niemanden. Da hilft es auch nicht, auf die transparente Veröffentlichung des PEI hinzuweisen, wenn das unangenehme Thema dann einfach umschifft wird. Es wertet die AfD nur auf, wenn sie mit den Fakten alleine bleibt.

Und was die Spaltung des Landes angeht möge sich unser Bundeskanzler die Frage stellen, wen er damit beeindrucken will, wenn er die Spaltung negiert. Es kaum mehr zu leugnen, dass weit mehr als nur ein paar wenige Prozent der Bürger eine Impfung mit diesen Impfstoffen ablehnt. Diese Gruppe wahlweise als nicht existent oder als rechte Verschwörungstheoretiker zu brandmarken nimmt in Kauf, dass der Glaube an die Institutionen bei einer viel zu großen Gruppe dramatisch erschüttert wird. Überwiegend bürgerliche Menschen.

Wenn Scholz ernst meint, dass es sich um eine Gewissensentscheidung´handelt, sollte er den Mut haben, auch die unangenehmen Facetten des Themas zu benennen und idealerweise zu entkräften. Kann er das? Oder bleibt es bei rhetorischen Tricks?

Bundestagsdebatte

Es ist gut, dass sowohl Bundestagspräsidentin Bärbel Bas wie auch Kanzler Olaf Scholz klare Worte gegen die Falschdenker von der AfD gewählt haben.

Es ist immer wieder feststellbar, dass diese bei ihren Aktionen, leider z.T. mit Erfolg, versuchen, die Menschen mit Falschinformationen, z.B. über Impfschäden, verwirren und auf falsche Fährten führen.

Hier ist es wichtig, zu verdeutlichen, dass natürlich Geimpfte nicht unsterblich sind, sondern dass es wie seit jeher natürliche Todesursachen wie Unfälle, Herzinfarkte oder Vorerkrankungen gibt und daher Erkrankungen oder Todesfälle dieser Personengruppe nicht durch die Impfung verursacht werden.

Allen Impfverweigerern sollte bei Einführung einer Impfpflicht eine Erklärung abverlangt werden, dass sie im Falle einer Corona-Infektion auf eine Behandlung verzichten.

and blind acceptance

Beleidigungen werden gelöscht. Bitte halten Sie sich an unsere Netiquette.

Soll das sozialdemokratische Solidarität sein?

"Allen Impfverweigerern sollte bei Einführung einer Impfpflicht eine Erklärung abverlangt werden, dass sie im Falle einer Corona-Infektion auf eine Behandlung verzichten."
Stellt sich meine Partei jetzt so eine solidarische Gesundheitsversorgung vor? Ich halte das für einen gefährlichen Reflex. Auch Geimpfte können erkranken und wie man inzwischen fast überall sieht genau so wie Ungeimpfte. Siehe z.B. den deutschen Impfmeister Bremen oder Israel.
Wenn diese Büchse der Pandora einmal geöffnet wurde, wird sie nie wieder geschlossen. Mächtige Kapitalinteressen sind darauf gerichtet, die Kosten der Gesundheitsfinanzierung auf die Arbeitnehmer zu verlagern und damit machen wir es ihnen sehr einfach. Mit derselben Logik können wir dies auch von Rauchern, Motorradfahrern und anderen Gruppen fordern, wo soll man hier eine Grenze ziehen?
Und zu behaupten, es geht jetzt nur um Corona, danach geht es wieder ab ins Körbchen, ist unrealistisch.
Die Wahrheit ist doch, dass sich mit der Impfpflicht kein sozialdemokratischer Blumentopf gewinnen lässt. Es ist ein Irrweg. Die Pandemie kann leider auch nicht durch Massenimpfungen beendet werden. Schmerzhaft, aber offensichtlich.

Olaf Scholz will,

und sein Gesundheitsminister weigert sich dem Folge zu leisten? Nichts anderes ist es doch, wenn Lauterbach sagt, sein Ministerium werde kein Gesetzentwurf vorlegen.

das ist glatte Arbeitsverweigerung, und würde im Arbeitsrecht die fristlose Kündigung rechtfertigen.
Scholz sollte nun mal Nägel mit Köpfen machen, die Sache entgleitet ihm zunehmend, und das ohne Not, denn die Mehrheit in Parlament und Gesellschaft ist doch vorhanden. Oder ist schon dieses Brett nicht mehr dünn genug?