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Impfpflicht im Bundestag: Worum es in der Orientierungsdebatte geht

Der Bundestag setzt sich am Mittwoch erstmals in einer Orientierungsdebatte mit der Impfpflicht auseinander. Erste Gruppenanträge sind in Arbeit, vieles ist noch unklar. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
von Benedikt Dittrich · 25. Januar 2022
Am Mittwoch wird eine erste Orientierungsdebatte zur Impfpflicht im Bundestag stattfinden.
Am Mittwoch wird eine erste Orientierungsdebatte zur Impfpflicht im Bundestag stattfinden.

„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages befassen sich am Mittwoch, 26. Januar 2022, in einer Vereinbarten Debatte mit der möglichen Einführung einer SARS-CoV-2-Impfpflicht. Für die Beratung ist eine Dauer von drei Stunden vorgesehen.“ So wird auf der Seite des Bundestags die Orientierungsdebatte zur Corona-Impfpflicht eingeleitet. Drei Stunden für einen Tagesordnungspunkt, das ist auch für Bundestagssitzungen ungewöhnlich lang – zumal mit der Orientierungsdebatte noch kein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet wird. Es geht vielmehr um den Auftakt einer Debatte, an deren Ende über einen Gesetzesentwurf zur Impfpflicht abgestimmt werden könnte. Doch der Reihe nach.

Worüber wird am Mittwoch diskutiert?

Es ist die erste Debatte im Bundestag zu einer möglichen, allgemeinen Impfpflicht in Deutschland. Der Begriff „Orientierung“ ist Programm: Ein Gesetzgebungsprozess mit erster, zweiter und dritter Lesung wird damit noch nicht angestoßen. Es wird auch noch nichts abgestimmt. Im Hintergrund wird aber schon an sogenannten Gruppenanträgen gearbeitet.

Was steckt hinter den Gruppenanträgen?

Als Gruppenantrag werden in diesem Zusammenhang Vorschläge für oder gegen eine Impfpflicht bezeichnet. „Gruppe“ deswegen, weil sich Abgeordnete über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg zusammengefunden haben, um die ihnen wichtigen Inhalte zu vertreten. Wie viele Anträge es am Ende geben wird, ist noch genauso unklar wie die konkreten Inhalte. Am Ende kann so ein Antrag einen Gesetzesentwurf enthalten, das ist aber kein Muss. Denkbar ist auch ein Arbeitsauftrag für die Bundesregierung, ein solches Gesetz auszuarbeiten – oder die komplette Ablehnung einer Impfpflicht.

Wie viele Gruppenanträge sind schon in Arbeit?

Öffentlich diskutiert wird zurzeit über drei verschiedene Anträge – ob noch mehr hinzukommen, ist unklar.

Der erste Antrag, der öffentlich wurde, dürfte gleichzeitig der kürzeste sein: Eine Gruppe um den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki lehnt eine Impfpflicht rundweg ab.

Die zweite Gruppe, die sich Ende vergangener Woche äußerte, spricht sich für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren aus. Daran beteiligt sind unter anderem die SPD-Abgeordneten Dirk Wiese, Dagmar Schmidt und Heike Baehrens sowie Grünen-Politiker wie Janosch Dahmen oder die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

„Um zu gewährleisten, dass wir nächsten Herbst und Winter endlich wieder eine Normalisierung schaffen, brauchen wir eine deutlich breitere Grundimmunität in der Bevölkerung“, begründet Schmidt den Gruppenantrag, an dem die Sozialdemokratin mitarbeitet. Nach aktuellem Stand wäre aus ihrer Sicht eine Grundimmunisierung nach einer Serie von drei Impfungen erreicht – und eine Impfpflicht damit erfüllt. „Wenn Menschen dann angepasste Impfstoffe zur Auffrischung in Zukunft in Anspruch nehmen wollen, so soll das natürlich weiterhin niedrigschwellig und kostenlos möglich sein“, so Schmidt auf Nachfrage des „vorwärts“. Mit einer Impfpflicht habe das dann aber nichts mehr zu tun. Auch soll die Impfpflicht zeitlich begrenzt sein, „das halten wir schon aus rechtlichen Gründen für geboten“.

Eine dritte Variante wäre eine Impfpflicht mit einer höheren Altersgrenze – beispielsweise ab 50 oder 60 Jahren. Eine solche Impfpflicht gibt es beispielsweise in Ländern wie Griechenland oder Italien. Nach eigenen Angaben arbeitet der FDP-Abgeordnete Andrew Ullman an so einem Vorschlag, verknüpft mit einer allgemeinen Informationspflicht zur Impfung.

Und wie verhält sich die Bundesregierung?

Bundeskanzler Olaf Scholz spricht sich für eine Impfpflicht aus, die Bundesregierung wird aber wohl keinen eigenen Antrag einbringen.

Und was macht die CDU?

Ein Gruppenantrag, an dem CDU-Abgeordnete mitwirken, ist bisher nicht bekannt.

Wie geht es weiter nach der Orientierungsdebatte?

Die Debatte steht wie gesagt noch am Anfang. Nach dem Auftakt am Mittwoch könnten noch weitere Gruppenanträge hinzukommen, diskutiert wird auch darüber, welche Voraussetzung für eine Impfpflicht geschaffen werden müssten, wie sie kontrolliert wird und welche Konsequenzen bei Verstößen folgen. Wann und wie schlussendlich darüber im Bundestag abgestimmt wird, steht noch nicht fest. Es könnte im März soweit sein.

Zwei Dinge sind aber klar: Die Abstimmung über eine Impfpflicht wurde zur Gewissensentscheidung erklärt. Die Abgeordneten können also unabhängig von Fraktion oder Koalition für oder gegen eine Impfpflicht stimmen – wie auch immer ein Gesetzesentwurf am Ende aussehen wird. Damit eine Impfpflicht in Kraft treten kann, müsste dann auch noch der Bundesrat zustimmen.

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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