Hilfsprojekt „Die Arche“: Corona bringt Kinder in Riesennot
Zwölf Stunden und mehr am Tag arbeiten die Mitarbeiter*innen beim bundesweiten „Kinderprojekt Die Arche“ zur Zeit, erklärt Pressesprecher Wolfgang Büscher aus Berlin. In den betreuten Familien fehle es an Lebensmitteln, Hygenieartikeln, vor allem aber an Beschäftigungsmöglichkeiten für Kinder.
„Kinder haben nichts mehr zu essen“
Denn seit dem 16. März sind alle Arche-Standorte in Deutschland geschlossen. Damit fällt nicht nur kostenloses Mittag- und Abendessen ersatzlos weg, sondern auch die Betreuung für die Drei- bis Neunzehnjährigen. Betroffen sind sozial benachteiligte Familien und alleinerziehende Mütter, die dingend auf Unterstützung angewiesen sind.
„Kinder haben nichts mehr zu essen“, warnt Büscher. Aber auch Beschäftigung sei für sie sehr wichtig, gerade weil Schulen, Kitas und viele soziale Einrichtungen geschlossen sind. Schon jetzt telefoniere er mit genervten Eltern, die den ganzen Tag mit ihren Kindern zu Hause sind, wo es ihnen an allem fehle, berichtet er. Via Telefon und digitalen Chats versuche man mit Betreuung den Druck aus den Familien zu nehmen, damit es in den oft engen Wohnungen nicht vermehrt zu Ausbrüchen häuslicher Gewalt komme. Denn die Not sei deutlich spürbar, berichtet er. Die Anrufe der Kinder kämen schon morgens um acht. „Und wir müssen auch mit einer Zunahme von Gewalt und sexuellem Missbrauch rechnen.“
„Gute-Nacht-Geschichten“ per WhatsApp
Arche-Mitarbeiter*innen und Ehrenamtliche tun, was sie können. Organisieren Fahrdienste und verteilen Lebensmittel und Gesellschaftsspiele nach Hause, die Arbeit mit den Kindern werde über Online-Chats organisiert. Für die ganz Kleinen gibt es „Gute-Nacht-Geschichten“ per WhatsApp. „Bei ihnen ist es besonders schwierig, weil ihnen die Kuscheleinheiten der Pädagogen fehlen.“ Für Ältere läuft der Nachhilfeunterricht via Skype, ebenso wie virtuelle Spiele. „Da sitzen bis zu 70 Kinder im Chatroom.“
Schon jetzt gehen die Hilfe-Anfragen über die gewohnten Arche-Stammkund*innenschaft hinaus. „Immer öfter fragen auch kleine Selbstständige um Unterstützung, weil ihnen mangels Aufträgen die Einnahmen wegbrechen.“ Hinzu komme, dass die Tafeln sich zurückgezogen haben und nur noch ihre Stammkunden bedienen können. Im Klartext: Die Not nimmt zu und die Anzahl der Hilfebedürftigen auch.
Spenden und Hilfe erwünscht
Büscher freut sich über ein hohes Maß an Solidarität. „Da kommt eine ältere Frau von Spandau nach Hellersdorf und bringt vier Konservendosen vorbei“, sagt er. Viele spendeten fünf, zehn oder zwanzig Euro, andere böten aktive Unterstützung an. Ohne diese Hilfe würde es gar nicht gehen, weiß Büscher. Als er neulich mit einer Frau telefonierte, habe im Hintergrund ein Hund gejault. Auch der habe seit zwei Tagen nichts mehr zu essen bekommen. Daraufhin wurde Hundefutter gekauft. Doch auch die Anfragen nehmen drastisch zu. Büscher: „Da kommt eine Riesennot auf uns zu.“
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hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.