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Gesetzentwürfe zur Reform der Suizidhilfe scheitern im Bundestag

Am Donnerstag wollten die Abgeordneten des Bundestages die Suizidhilfe gesetzlich neu regeln: Zwei Gesetzentwürfe lagen vor, doch keiner erhielt eine Mehrheit.
von Vera Rosigkeit · 6. Juli 2023
Im Bundestag kam es heute zu keiner Entscheidung, woie eine künftige Suizidhilfe gesetzlich geregelt ist
Im Bundestag kam es heute zu keiner Entscheidung, woie eine künftige Suizidhilfe gesetzlich geregelt ist

Unabhängig von ihrer Parteienzugehörigkeit hatten Abgeordnete des Bundestages zwei unterschiedliche Gesetzentwürfe zur Suizidhilfe vorgelegt. Damit reagierten sie auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das das „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ feststellte und ein seit 2015 bestehendes Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für nichtig erklärte. Seitdem fehlt eine klare Regelung. Diese sollte mit den beiden Entwürfen geschaffen werden. Doch am Donnerstag konnte im Bundestag keiner der beiden Entwürfe eine Mehrheit erzielen.

Antrag „Suizidprävention stärken“

Einen gemeinsamen Antrag beider Gruppen mit dem Titel „Suizidprävention stärken“ nahm das Parlament hingegen an. Es soll bereits bestehende Angebote zur Intervention bei suizidalen Krisen besser unterstützen. Denn alleine im Jahr 2021 nahmen sich in Deutschland 9215 Menschen das Leben. Die Abgeordneten fordern deshalb eine effektive Präventionsarbeit, die die Vielschichtigkeit der Suizidmotive und ihrer Lebensumstände wie das Heranwachsen, Alter, Perspektivlosigkeit oder mangelnde Palliativversorgung Rechnung tragen. Der Antrag erhielt 693 Ja-Stimmen.

Der Gesetzentwurf „zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung“ der Abgeordneten Lars Castellucci und Heike Baehrens (SPD), Ansgar Heveling (CDU), Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen),Petra Pau (Linke) und Benjamin Strasser (FDP) strebte eine neue Regelung im Strafgesetzbuch an, die geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung grundsätzlich unter Strafe stellt – allerdings mit Ausnahmen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden. In der namentlichen Abstimmung im Parlament stimmten 363 Abgeordnete gegen den Entwurf, 304 Parlamentarier*innen stimmten dafür.

Sicherer Zugang zu Arznei- und Betäubungsmitteln

Der zusammengelegte Entwurf „zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Regelung der Hilfe zur Selbsttötung“ der Gruppen unter anderem um die Abgeordneten Katrin Helling-Plahr (FDP), Renate Künast, Lukas Bender und Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen), Helge Lindh und Nina Scheer (SPD) sowie Petra Sitte (Linke) setzte sowohl auf das Recht auf Hilfe zur Selbsttötung als auch auf das Recht zur Hilfeleistung. Er wollte suizidwilligen Personen einen sicheren Zugang zu Arznei- und Betäubungsmitteln zum Zwecke der Selbsttötung ermöglichen. Im Parlament stimmten 375 Abgeordnete gegen die Vorlage, 287 Parlamentarier*innen dafür.

Damit bleibt die Rechtsgrundlage weiterhin unklar. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist eine aktive Suizidassistenz in Deutschland verboten, eine passive aber erlaubt. Die rechtliche Grauzone bleibt somit erhalten.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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