Frauenquote in Unternehmen: Gutachten stützt Forderung der SPD
Die SPD ist dafür, die Union blockiert sie: eine gesetzliche Mindestquote für Frauen in den Vorständen großer Unternehmen. Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) bekommt nun im Streit in der großen Koalition um die Einführung einer Frauenquote für Vorstände wichtige Rückendeckung. Ein Evaluationsgutachten zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen in Führungspositionen zeigt nämlich klar: Freiwillige Lösungen sind nicht zielführend, eine gesetzliche Quote über Aufsichtsräte hinaus ist auch für Unternehmensvorstände zu empfehlen. So heißt es in dem Gutachten, aus dem die „Rheinische Post“ am Donnerstag vorab berichtet.
Gesetz könnte 2021 in Kraft treten
Die Studie hatte Franziska Giffey in Auftrag gegeben. Sie sollte das seit 2015 bestehende Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst evaluieren. Damit wird die Bundesregierung nun voraussichtlich in Kürze Unternehmen Mindestvorgaben machen. So war es in der Koalition vereinbart worden. Das Ziel von Giffey, das Gesetz noch in diesem Jahr ins Kabinett zu bringen, damit es im kommenden Jahr in Kraft treten kann, rückt damit näher.
Die rund 400-seitige Studie kommt zu dem Schluss, dass die bereits eingeführte 30-Prozent-Frauenquote für Aufsichtsräte zu eindeutigen Fortschritten geführt habe. Dort heißt es: „Im Rahmen der Evaluation zeigt sich, dass Unternehmen, die der festen Quote von 30 Prozent im Aufsichtsrat unterliegen, im Schnitt einen deutlicheren Fortschritt hinsichtlich des Frauenanteils in Führungspositionen aufweisen als Unternehmen, die nur zur Festlegung von Zielgrößen für den Frauenanteil verpflichtet sind. Neben höheren Frauenanteilen im Aufsichtsrat verzeichnen ,Quotenunternehmen‘ im Zeitverlauf auch einen schnelleren Anstieg von Frauenanteilen in Führungspositionen insgesamt.“
Studie: Vorgaben statt Freiwilligkeit
Somit würde sich laut Gutachten die Ausweitung des Geltungsbereichs der festen Quote auf weitere Unternehmen positiv auf den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen auswirken: „Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass die Geltung der Zielgrößen nur in geringem Maße zur Erhöhung des Frauenanteils im Vorstand geführt hat. Eine Regelung, die mehr Verbindlichkeit für die Erhöhung des Frauenanteils im Vorstand schafft, würde die Wirkungskraft des Gesetzes erhöhen – insbesondere auch deshalb, weil sich viele weitere für die Umsetzung des Gesetzes relevante Entscheidungen, zum Beispiel über Besetzungen von Führungspositionen oder auch Maßnahmen zur Förderung von Frauen, auf Ebene des Vorstands bündeln.“
Das Gutachten ist deshalb so wichtig, weil die Gegner der Quote in der Bundesregierung erklärt hatten, sie wollten das Ergebnis des Evaluierungsgutachtens abwarten. Giffey hatte Ende Februar gemeinsam mit Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) einen Gesetzentwurf vorgelegt. Danach soll der Vorstand eines börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Unternehmens mit wenigstens einer Frau besetzt sein, wenn er mehr als drei Mitglieder hat. Das beträfe rund 100 Unternehmen. Inkrafttreten soll dies im Mai 2021.
Franziska Giffey: Frauen stehen für wirtschaftlichen Erfolg
„Mit Freiwilligkeit kommen wir einfach nicht weiter, ohne politischen Druck bewegt sich gar nichts“, betont Bundesfrauenministerin Franziska Giffey. „Umso wichtiger ist, dass wir endlich die Reform des Gesetzes für mehr Frauen in Führungspositionen angehen.“ Gerade in der Zeit der Corona-Pandemie werde überdeutlich, dass Frauen in vorderster Reihe stünden, um die aktuelle Krise zu bewältigen, allen voran in den sozialen Berufen. „Aber in den Führungspositionen sind sie systematisch unterrepräsentiert“, kritisiert Giffey. Dabei wisse man aus vielen Studien: „Die besten Entscheidungen treffen Führungsteams, in denen Männer und Frauen vertreten sind.“ Das gelte besonders dann, wenn Unternehmen in Krisensituationen steckten. „Frauen in Führungspositionen sind also keine Belastung der Wirtschaft in schwierigen Zeiten, sondern fördern den wirtschaftlichen Erfolg und stehen für eine moderne Unternehmenskultur“, so Franziska Giffey.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht steht in der Quotenfrage ganz an der Seite der Frauenministerin. „Die in der vergangenen Legislaturperiode eingeführte Aufsichtsratsquote hat Wirkung gezeigt“, betont Lambrecht. Im Vergleich zu Unternehmen, die noch nicht einer fixen Quote unterliegen, habe sich der Frauenanteil hier deutlich gesteigert. „Diesen Erfolg wollen wir fortschreiben“, so die Justizministerin. „Wir wollen die Aufsichtsratsquote flächendeckend auf alle paritätisch mitbestimmten Unternehmen in Deutschland ausweiten.“ Christine Lambrecht macht klar: „In unserem Land gibt es ausreichend exzellent ausgebildete Frauen, die Leitungsverantwortung übernehmen wollen und vor allem auch können.“
SPD-Bundestagsfraktion stärkt SPD-Ministerinnen
Unterstützung bekommen die beiden Ministerinnen dabei aus der SPD-Bundestagsfraktion. Die vor fünf Jahren vom Bundestag beschlossene Frauenquote für Wirtschaft und Verwaltung habe zwar einiges bewegt, argumentiert Josephine Ortleb, die zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion. Aber: „An diese Erfolge müssen wir nun anknüpfen.“ Bereits die „Dritte und Vierte Jährliche Information der Bundesregierung über die Entwicklung des Frauenanteils an Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung“ habe gezeigt, dass nur in Unternehmen, für die eine feste Quote gelte, ein Kulturwandel hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit stattfinde.
„Diesen Kulturwandel brauchen wir dringend auch in den Vorständen von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen“, betont Ortleb. Sowohl die Setzung der Zielgröße Null, als auch Aussagen aus dem Wirtschaftsministerium, eine feste Quote für Vorstände seien der Wirtschaft derzeit nicht zumutbar, „sind ein Hohn gegenüber den sehr gut ausgebildeten Frauen“, kritisiert Josephine Ortleb. An CDU und CSU richtet sie eine klare Ansage: „Als zuständige Berichterstatterin der SPD-Fraktion fordere ich den Koalitionspartner auf, nun endlich den Weg für den seit Monaten vorliegenden Gesetzentwurf der Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht freizumachen.“