Familien bis Rentner*innen: Wo wieviel vom Entlastungspaket ankommt
IMAGO/Political-Moments
Eine Energiepauschale für Erwerbstätige in Höhe von 300 Euro, 100 Euro Einmalzahlung für Empfänger*innen von Transferleistungen und 100 Euro Familienzuschuss pro Kind: Das zweite Entlastungspaket der Bundesregierung versprich für viele einen unerwarteten Geldsegen. Gemeinsam mit einem ersten Entlastungspaket kommt so eine Summe von etwa 30 Milliarden Euro zusammen, um die Kosten der Inflation abzufedern. Die ist so hoch wie seit 40 Jahren nicht: Nicht nur an den Tankstellen schießen die Preise nach oben, auch bei Lebensmitteln machen sich die gestiegenen Preise deutlich bemerkbar.
Entlastung von bis zu 90 Prozent
Lob für die Maßnahmen gibt es nun vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. „Die beiden von der Bundesregierung angekündigten Entlastungspakete kompensieren bei typischen Erwerbstätigen-Haushalten zu einem beträchtlichen Teil die Mehrausgaben durch höhere Energiekosten“, schreiben die Wirtschaftswissenschaftler*innen Sebastian Dullien, Katja Rietzler und Silke Tober. Sie haben untersucht, wer von den Paketen vor allem profitiert.
Demnach gleichen die Maßnahmen der Bundesregierung bei Familie mit zwei Kindern und zwei erwerbstätigen Erwachsenen, deren Nettoeinkommen zwischen 2000 und 2600 Euro beträgt, die Mehrbelastung zu rund 90 Prozent aus. Bei einer Familie mit einem Nettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro sind es 77 Prozent. Ist nur ein Elternteil erwerbstätig und hat ein Einkommen zwischen 2600 und 3600 Euro, beträgt die Entlastung dagegen nur 59 Prozent.
Entlastungen sind insofern sozial ausgewogen
Anders bei Alleinerziehenden: Haben sie zwei Kinder und ein Einkommen zwischen 2000 und 2600 Euro netto, beträgt die Entlastung durch die Maßnahmen der Bundesregierung 70 Prozent. Bei Singles mit niedrigem Einkommen bis zu 900 Euro werden die Mehrbelastungen zu 76 Prozent aufgefangen, bei erwerbstätigen Alleinstehenden mit hohem Einkommen von mehr als 5000 Euro zu 44 Prozent. „Die Entlastungen sind insofern sozial ausgewogen, als dass insbesondere bei Haushalten mit geringen und mittleren Einkommen und speziell bei Familien ein besonders hoher Anteil der Mehrausgaben für Energie ausgeglichen wird“, schlussfolgern daher die Forscher*innen.
Der größte Teil der Entlastungen ergibt sich aus ihrer Sicht aus Änderungen des Einkommenssteuerrechts aus dem ersten Entlastungspaket sowie aus Energiepauschale und Familienzuschuss aus dem zweiten Entlastungspaket. „Haushalte mit geringen Einkommen profitieren dabei vor allem von den Pauschalzahlungen aus dem zweiten Paket, Haushalte mit hohen Einkommen vor allem von den Erhöhungen von Freibeträgen und Pauschalen im Steuerrecht“, so Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK.
Eine Gruppe bleibt unberücksichtigt
Kritik üben die Forscher*innen daran, dass eine bestimmte Gruppe bei den geplanten Entlastungen ausgeklammert werde: Haushalte von Rentner*innen würden von den Paketen „nur in geringem Maße“ entlastet. Zwar stiegen die Renten in diesem Jahr deutlich an, doch gleiche dies nicht die gestiegenen Preise aus. „Hier sollte die Regierung noch einmal überlegen, ob nicht etwa bei Rentnerinnen und Rentnern noch einmal nachgelegt werden muss“, rät Dullien.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.